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Miami Punk – Juan S. Guse

Miami PunkMiami Punk by Juan S. Guse
Meine Wertung: 5 von 5 Sternen

Eine wilde Mischung aus David Foster Wallace‘ „Infinite Jest“, Neal Stephensons „Snow Crash“ und Roberto Bolaños „2666“. In der holografischen Erzählung, die verschiedene experimentelle Textformen nutzt, geht es um Verlust, Jugend, Perspektivlosigkeit, Spiritualismus, Games, Eskapismus und der Suche nach dem Sinn des Lebens. Wer nicht neurotisch nach einer Identifikationsfigur (die es durchaus gibt) oder einem Plot (der eher im Hintergrund wirkt) oder einer stringenten Dramaturgie (sie ist sehr komplex) sucht, der wird an diesem Buch, das für den deutschen Sprachraum durchaus singulär ist, seine Freude haben. Ich hätte lieber 4,5 Sterne gegeben, habe aber aus Sympathie für den Autoren auf 5 aufgerundet.

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New Dark Age: Technology and the End of the Future – James Bridle

New Dark Age: Technology and the End of the FutureNew Dark Age: Technology and the End of the Future by James Bridle
My rating: 5 of 5 stars

New Dark Age is both a deeply frightening and highly enjoyable book. Being an artist allows Bridle to connect dots and link events that average people often tend to overlook. His writing is lucid, vibrant and hypnotizing at times. I love the passage in „Conspiracy“ where he jumps from chemtrails to contrails to the grounding of airplanes during the 9-11 event to the sudden appearence of endless news-ticker that never went away again to the constant state of crisis that eventually gives room to conspiracy theories of all kinds! Highly recommendable read.

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Wie ich mal länger mit einem AfD-Wähler geredet habe …

(Dieser Artikel ist ein Gedächtnisprotokoll. Ich habe mich bemüht die Diskussion in ihren Grundlinien zu reproduzieren und glaube, dass das Wesentliche hier wiedergegeben wird. Ich entschuldige mich bei meinem unbekannten Gesprächspartner, wenn ich etwas grob verzerrt wiedergegeben haben sollte.)

Erster Akt

Am vergangenen Samstag war ich auf einer Party in Berlin-Prenzlauer Berg. Die Gäste waren überwiegend um die Vierzig und aus dem akademischen Milieu. Es gab keinen bestimmten Anlass für die Party, außer ein wenig zu trinken und zu tanzen. Ich saß mit dem Gastgeber an der Theke und er erzählte mir von einem Bergwandertrip in Georgien. Ich kam über gedankliche Umwege auf Turkmenistan und die Hauptstadt Aşgabat zu sprechen, in der der verstorbene Präsident Saparmurat Nijasow einen bizarren Architekturtraum initiierte, inklusive einer in rosa-grünem Tortenguß gekleideten Riesenversion seiner Propagandaschrift »Ruhnama«. Dann kam ich auf Skopje, über das ich gerade einen Artikel von Jurica Pavicic mit dem Titel »Skopje im Delirium« gelesen hatte. Der Artikel beschreibt wie es es die nationalistische Regierung in Mazedonien »in nur wenigen Jahren (…) geschafft (hat), die Innenstadt von Skopje zu verunstalten«. Pavicic spricht von einem architektonischen Geschichtsrevisionismus mit dem Ziel die Geschichte umzuschreiben.

Und dann sagte ich leichtfertig: »Also so ein bißchen das, was die AfD hier auch vorhat.« Ein Bekannter des Gastgebers, der ein Teil des Gespräch mitgehört hatte, fragte mich dünn lächelnd: »Was? Die AfD möchte klassizistische Gebäude in Berlin errichten?«

Ich sagte, natürlich nicht, und dass es mir eher um die Parallele zwischen dem mazedonischen Geschichtsrevisionismus und dem der AfD ginge. Alle schwiegen für einen Moment. Dann wechselte der Gastgeber das Thema. Sein Bekannter ging zu seiner Begleiterin und mir den Rest des Abends aus dem Weg.
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This is Not a Conspiracy Theory ist eine Webserie über die komplexen Wurzeln von Verschwörungstheorie und die Konstruktion von Geschichte. Kirby Ferguson hat schon mit der grandiosen Serie Everything is a Remix gezeigt, dass er es versteht ambitioniertes Storytelling mit visueller Komplexität und guter Recherche zu verbinden. Die Serie kann man hier abonnieren.

»Zu den auffallendsten Zügen im Leben der Masse gehört etwas, was man als ein Gefühl von Verfolgtheit bezeichnen kann, eine besondere zornige Empfindlichkeit und Reizbarkeit gegen für allemal als solche designierte Feinde. Diese können unternehmen, was immer sie wollen … – alles wird ihnen so ausgelegt, als ob es einer unerschütterlichen Böswilligkeit entspringe, einer schlechten Gesinnung gegen die Masse, einer vorgefassten Absicht, sie offen oder heimtückisch zu zerstören.«

Elias Canetti