Ich weiß nicht genau warum, aber seit einigen Jahren wird mir im Herbst immer ganz warm ums Herz, wenn mich die sonischen Schwaden von Drone-Musik einhüllen. Ein Hauch von Transzendenz wabert durch den Raum und der Bauch resoniert zu meditativ brummenden Bassfrequenzen.

Ein Mix von Less/Than/Zerø/ führt in die Thematik ein und einmal rund durch die Ambient/Noise/Drone-Szene:

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Mitschnitt: Ulrich Schnauss im Suicide (Krake Festival 2012)

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Bei Ulrich Schnauss gibt es nicht viel zu sagen. Es war Krake Festival im Suicide. Wir waren dabei. Während Y und G im Ambientnirvana schwebten, Eikman von den ganzen Frankfurt-Visuals sentimental wurde und Heimweh bekam, saß ich an der Wand in der Mitte auf der Couch und konnte mich voll auf die Musik konzentrieren (soweit es mit der Malibu Stacy im Kopf noch ging), weil ich von der Bilderflut nichts sehen konnte … also Ambient, wie ich mir ihn wünsche.

Müsste es viel öfter geben. Wer reanimiert eigentlich mal die ChillOut-Räume die es vor 20 Jahren noch überall gab?

Foto unter cc-by-sa-2.0 von Noelani Malley

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Feature: 20 Jahre Overdrive Records / Andy Düx

20 Jahre und kein bisschen leise

Dass Mainz mit Overdrive Records das älteste noch aktive Technolabel hierzulande beherbergt ist eine Sache. Dass dessen Betreiber Andy Düx seit 30 Jahren DJ ist, eine Andere. Doch würde es ihm im Traum nicht einfallen, dies groß zu verkünden. Ausgestattet mit einer guten Portion Understatement, Gelassenheit und Humor, wirkt er als DJ frischer denn je. Als Gastgeber zum Auftakt der 20 Jahre Overdrive Clubtour Mitte März im 50Grad feuerte er das Publikum ebenso an wie seine DJs und ließ sich auch nicht durch einen defekten Kopfhörer aus der Ruhe bringen, den er zwischen den Übergängen McGyver-mäßig reparierte.

Ein echter Raver und Mainzer halt. So gerät er immer wieder in lustige Situationen:

„Letztes Jahr war ich gerade mit meinem Set fertig, als ein Mädel auf mich zukam und fragte, ob ich vor 20 Jahren im Limburger Easy aufgelegt hätte. Ich schaute sie an und meinte, dass sie das mit ihren 18/19 Jahren kaum erlebt haben dürfte. Daraufhin sagte sie, dass es ganz witzig sei. Denn damals fuhr ihre Mutter auf mich ab und heute sie, als ihre Tochter … auch nicht schlecht, oder?“ (lacht).

Doch provoziert er diese auch selbst. Wenn er etwa stolz die selbstgebastelten Fastnachtskostüme seiner Kids präsentiert und, mit aufgesetztem Pappmascheehelm und Hand auf der Brust, den Gladiator mimt oder mit seinem neuen Podcast (Overdrive Podcast 003), der mit einer musikalischen Hommage an den Rhein beginnt, bevor straighter Techno einsetzt. Und besucht man ihn in seinem Platten- und DVD-Laden ‚Overdrive Entertainment Store‘, muss man keine Angst vor einem autoritären Geschmacks-Gralshüters haben, sondern bekommt seit 1992 neben feinstem Techno immer auch gute Unterhaltung geboten.

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Dabei hat alles eine Dekade früher mit dem Gewinn eines DJ-Wettbewerbs angefangen, bevor er diverse Residencies inne hatte und über das Produzieren ein Label gründete:

„Zusammen mit Udo Niebergall habe ich damals Musik gemacht und es war total hip ein eigenes Label zu haben. Und dadurch, dass ich Resident im Dorian Gray war, bot uns jemand an, sein Tonstudio in Darmstadt zu betreiben. 1991 gründeten wir das Label, um unsere eigenen Tracks zu veröffentlichen, bevor dann andere Produzenten auf uns zukamen.“

Inzwischen sind daraus 180 Veröffentlichungen geworden und Overdrive diente vielen Artists als Sprungbrett ­– wie Tom Wax, Norman Feller (aka Terry Lee Brown Jr.), Daniel Stein­­berg, Mark N.R.G.

Ausruhen will er sich deshalb nicht:

„Seit Anfang des Jahres ist Sophie Nixdorf mit im Boot und wir betreiben das Label gemeinsam. Vinyl wird es weiterhin geben, aber auch digitale Releases auf Whatpeopleplay. Als Tourspecial erscheint demnächst eine neue Compilation mit zwölf Stücken unserer Artists, von denen die besten sechs auf zwei Vinylsingles ausgekoppelt werden.“

Verändert hat sich auch vieles im Geschäft:

„Früher habe ich um 11 Uhr den Laden aufgemacht und da standen schon 20 Teenies davor, die Schulpause hatten. Heute reicht es auch, wenn um 14 Uhr geöffnet wird. Momentan sind die Geschäfte sehr stabil. Der Vinylmarkt geht nicht mehr weiter zurück. Und wenn es so bleibt, bin ich zufrieden.“

Business ist wichtig, das Umfeld aber auch. Besonders die Stadt:

„Ich finde Mainz klasse. Nicht zu groß, nicht zu klein. Wenn es so wäre wie in Berlin, wo man auf dem Weg zum Bäcker in zehn Minuten 35 DJs trifft, obwohl man nur in Ruhe frühstücken will, wäre mir das zu krass.“

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Wer so aktiv ist, braucht schon einen guten Ausgleich zum Nachtleben. In erster Linie ist dies ein fast schon ’spießiges‘ Dasein mit Haus und Familie:

„Ich habe zwei Kinder und das ist für mich ein ganz anderer Bereich, die Familie tut mir sehr gut. Ich trenne das auch strikt. Sobald ich hier die Tür rausgehe, führe ich ein anderes Leben, sozusagen ein Doppelleben.“

Einzig die Fitness wird im Nachtleben eher einseitig bedient:

„Beim Feiern immer nur die Hand zu heben ist ja okay, aber man muss sich auch mehr bewegen, deswegen besuche ich inzwischen einen Fitnesskurs“ (grinst).

Overdrive (Laden & Label)
Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von Elisa Biscotti

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JJ’s Ambient-Überblick 2011

Nachdem in den letzten Jahren so ziemlich jedes elektronische Mikrogenre irgendwo sein Comeback gefeiert hat und dabei neben nostalgischer Abkupferei auch viele neue Impulse gesetzt wurden, könnte 2011 das Jahr von Ambient sein. Klar, Ambient war eigentlich nie weg, man denke etwa an die Produktionen eines Brock van Wey. So viele gute Ambient-Alben wie in den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es aber schon lange nicht mehr.

Spannend ist dabei, dass viele Produzenten sich nicht mehr nur an den viel zu oft zitierten Vorlagen wie Brian Eno oder Wolfgang Voigts Gas abarbeiten, sondern gemäß der von Finn Johannsen ausgerufenen Devise „Vorwärts immer, rückwärts immer“ die Vorlagen um neue Akzente bereichern.

Der offensichtlichste Kandidat ist natürlich Sven Weisemann mit seinem Desolate-Projekt. Dass The Invisible Insurrection vor allem Burial-Vergleiche ausgelöst hat, ist ein nachvollziehbarer Reflex: Die klapprigen 2-Step-Rhythmen, das Rauschen, die spukigen Vocalfetzen, die hypnagogische Grundstimmung – alles wie beim Londoner. Seine Eigenständigkeit bewahrt Desolate aber durch die dezenten Pianotupfer, die die Düsterheit aufbrechen und hier viel besser zur Geltung kommen als auf Weisemanns reinem Klavieralbum Xine, das mir auf Dauer doch etwas zu eintönig war.

Düster ist auch ein Stichwort, das auf Tim Heckers neues Album Ravedeath, 1972 zutrifft. Hecker ist schon seit Jahren in seinen Platten auf dem Chicagoer Postrocklabel Kranky auf der Suche nach dem perfekten Cinemascope-Drone. Dabei war er für mich gegenüber Fennesz immer unterlegen, weil zu gediegen, man könnte auch sagen zu brav. Auf Ravedeath, 1972 kündigt schon der Titel einen Wechsel an: Endlich wagt sich Hecker aus dem Ungefähren heraus und riskiert mehr Abwechslung, mehr Unmittelbarkeit, vielleicht auch mehr Verwirrung. Die Synths im Opener ‚The Piano Drop‘ jammern wie beim 70er-Ambient-Pionier und Deleuze-Freund Richard Pinhas. Überall schwirren kleine Melodien durch die Luft und werden von Noisepassagen wieder zerstört. Statt in die Akustiktapeten-Falle zu treten wie es bei Ambient leider zu oft passiert, fordert das Album einen aufmerksamen Zuhörer und gewinnt damit auf ganzer Linie.

Weniger Wagnis, dafür umso mehr Perfektion des Bewährten gilt dagegen für die neue Ausgabe von Kompakts Pop-Ambient-Reihe. Wobei mit Blixa Bargelds Monolog zu Alva Notos sakralen Orgelklängen in ‚Bernsteinzimmer‘ durchaus auch ein Wagnis dabei ist. Ansonsten zeigen sich altbekannte Protagonisten wie Marsen Jules, Bvdub, Thomas Fehlmann und Jürgen Paape von ihrer besten Seite.

Das kann man leider nicht ganz von der kürzlich auf Ghostly erschienen Compilation SMM Context sagen. Die Tracklist liest sich mit Namen wie Goldmund, Peter Broderick, Svarte Greiner oder Leyland Kirby sehr vielversprechend, leider wird man aber den Eindruck nicht los, dass es sich nur um eine Zusammenstellung uninspirierter B-Ware handelt. Aber eine kleine Enttäuschung muss drin sein, dass Ambient-Jahr ist schließlich noch jung.

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Skacid

Skacid ist wahrscheinlich das kurzlebigste Genre der Welt und bezeichnet einen kleinen Ausflug von Ska in die House-Music zwischen 1988-1989. Wie der beknackte Name schon sagt, ist es eine Mischung aus Ska und Acid. Geschaffen wurde der Name in dem Track Mental Ska von Longsy D, als Bezeichnung für den neuen HipHop-Reggae-Style. TR-909-Percussions, oft ein toastender MC, eine Sequenzer-Horn-Sektion und manchmal TB-303-Basslines.

Der Breakbeat wird durch einen hochgepitchten Reggae-Riddim ersetzt, beispielweise haben Double Trouble & The Rebel MC auf Just Keep Rockin‘, das Intro von Mr. Big Stuff von Jean Knight benutzt.

Rebel MC – Street Tuff „Live“
Street Tuff [Vinyl]
Rebel Music [Vinyl]

Die vermutlich einzige Skacid-Compilation ist Ska Beats 1 (sic!) auf Beechwood Music. Der aktuellste mir bekannte Skacid-Track ist Brom aka Wolfgang Voigt mit Jazz/Ska auf Kreisel 99.

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Tracks des Tages: Bandulu

Heute keine Platte des Tages, sondern einfach zwei Tracks, die ich während des Omen-Abschieds hörte und fortan zwölf Jahre brauchte, bis ich gestern dank eines Facebook-Zufalls drauf gekommen bin.

Nachdem sich Väth seinerzeit gut einen abgeschreddert hat, kam ein Break und das Frankfurter Geknüppel mit den Terror-HiHats verwandelte sich in eine jamaikanische Fußballwiese (ohne die dazugehörige Homophobie) mit friedlichster Sonnenuntergangstimmung: Bandulu, die das Reggeatechno-Pendant zum Dubtechno des Basic-Channel-Umfeldes darstellen und nebenbei auch noch besser, tanzbarer und vor allem melodischer produziert und gleich zweimal hintereinander vertreten sind.

[Bandulu – Running Time, 1995]

Eine sommergefilterte Melodie, ausgelassene Grundstimmung in einer rough produzierten Hülle mit der nötigen Schmutzigkeit fängt nach knapp zwei Minuten an zu springen, wie das kleine Kind, das zum ersten Male eine Hüpfburg entdeckt. Fröhlich ausgelassen und der perfekte Übergang zum nächsten Stück.

[Bandulu – Isn’t it Time, 1997]

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Klassik ist das neue Chillout: Bosques de mi Mente

Ralf Hildenbeutels und Sven Weisemanns Alben waren an sich schon eine Offenbarung. Der Spanier Bosques de mi Mente toppt das Level der beiden jedoch um ein vielfaches. Solch verschrobene Klassik, die auch gerne mit Minimal-Musik oder Tape-Musik vermischt wird, kam mir bisher höchstens bei Aphex Twins ‚Avril 14th‚ unter.

Auf Lo-Fi, seinem 2008er Werk (erschienen unter CreativeCommons auf Clinical Archives) wechseln sich die Stücke in spielender Leichtigkeit ab. Manchmal dürfen es auch ein wenig Schlagzeug und Umweltgeräusche sein, die dann wieder durch eine ungemeine Sanftheit abgewechselt werden.

Höhepunkte sind sicherlich die beiden Tracks zu den geposteten Videos. In Ersterem wird die Melodie, die stundenlang so weitergehen könnte von metallisch-ziependen Geräuschen getragen, die den enormen Reiz ausmachen, während im Zweiten ein Meeresrauschen die Gleitfunktion übernimmt und mit den schönsten Walgesängen seit ‚Remember Exxon Valdez‚ unterlegt wird.

Insgesamt ist LoFi ein Ausnahmealbum, das man jedem CreativeCommons-Skeptiker empfehlen kann, um die Qualität von „verschenkter Musik“ unter Beweis zu stellen.

[Direkt-Download]

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Klassik ist das neue Chillout: Hildenbeutel und Weisemann

Allerspätesten seit 2009 ist Klassik definitiv das neue Chillout in meinem virtuellen Plattenschrank. Ein Jahr zuvor fing es bereits an als Ralf Hildenbeutel mit ‚Lucy’s Dream‚ ein nur mit Streichern und Piano eingespieltes, total verträumtes Album veröffentlichte, das sowohl moderne Klassik als auch das Eye-Q-Erbe vereinte und den Soundtrack zum Open-Source-Märchen ‚What a Witch‘ bildet.

What a Witch from Boris Seewald on Vimeo

Hingegen Carl Craigs und Moritz von Oswalds ‚ReComposed‚ kann ich trotz mehrer Versuche bis heute recht wenig abgewinnen. Zum Glück gibt es neben den beiden noch andere Techno-Produzenten wie Sven Weisemann, der in seinem klassischen Werk ‚Xine‚ die Bassdrum und Detroitchords links liegen ließ und durch Klavier und Ambientsounds ersetzte. Das Ergebnis klingt dann weniger lieblich als bei Hildenbeutel, aber Weisemann produziert ja sonst Detroit und kein Trance.

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Platte des Tages: XDB – Lost Tape EP [WM-50211]

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Es muss nicht immer Berlin sein, wenn es um Techno geht. Aus dem südlichsten Zipfel Niedersachsens beglückt uns der Göttinger Kosta Athanassiadis aka XDB mit einer wundervollen, dem nostalgischen-verhafteten Detroit Techno-EP. Tradition verpflichtet eben, kaum einer weiß das besser als er.

Wo andere Detroit-Produzenten ‚dub‘ oder ’neo‘ produzieren, klingt auf den vier Tracks alles so als ob es schon 15 Jahre her sei, aber dann wieder so unverfroren frisch und erhaben und im Falle des niedlich-verspielten ‚My Secret Garden‘ lässt es die Glückshormone durch den Körper fluten. Ganz, ganz große EP. Schade, dass man nicht mehr von ihm hört.

XDB, Wave Music