Artikel
0 Kommentare

Tina Tonagel – Eine Party Ohne Christian und Jürgen

Am vergangenen Sonntag ging die (viel zu kurze) Fachtagung interfiction XV/2008 zu Ende. Mein Vortrag wird noch für kurze Zeit online einsehbar sein und dann zur Copyright-Klärung erstmal wieder im digitalen Nirvana verschwinden.

In den nächsten Tagen werde ich über einige der Künstler, Filmemacher und Projekte der interfiction bloggen und den Anfang machen die Kölner Medienkünstlerin Tina Tonagel und ihr Werk Eine Party Ohne Christian und Jürgen.

Nach ihrem Studium an der KHM in Köln erforschte die Künstlerin ihr eigenes künstlerisches Instrumentarium und verbrachte dabei u.a. viel Zeit bei eBay. Dort ersteigerte sie eine Zeit lang Wetterhäuschen, ohne zunächst eine konkrete Verwendung für diese zu haben. Dann bemerkte sie, dass in allen Häuschen ausschließlich heterosexuelle Pärchen wohnen, von denen immer einer gerade nicht zuhause ist, sondern vor der Tür steht.

Die Heideggersche Angst des Nicht-zu-Hause-seins, springt da natürlich ebenso ins Auge, wie das in den Häuschen gelebte Elend der bürgerliche Kleinstfamilie, die von der oft anzutreffenden Schwarzwälder Folklore noch einen Schubs ins Piefige erhält.

tinatonagel1

Tina Tonagel entfernte nun die Figuren aus ihren Häuschen und in einer Kamerafahrt an den nun leeren Häuschen mit jeweils zwei riesigen Türen offenbaren sich erstmal einige architektonische Eigentümlichkeiten. Doch am letzten Häuschen angekommen, findet man alle Figuren zu einer Hausparty mit 80er Jahre Musik versammelt. Die mit Magneten auf den Boden gestellten Figuren wuseln durch das Wetterhäuschen und schaffen so ein realistisches Bild einer mitteleuphorische Partygesellschaft.

tinatonagel2

Doch zwei Personen fehlen auf dieser Party: Christian und Jürgen

Das homosexuelle Paar aus der Nachbarschaft wurde nicht eingeladen. Spätestens hier bin ich dann in lautes Lachen ausgebrochen. Eine tolle Arbeit, die unverkrampft gesellschaftliche Realität, aber vor allem Spaß am Experimentieren, Basteln und höherem Blödsinn – im Sinne von Eckhard Henscheid – zeigt.

„Acht verlassene Wetterhäuschen deuten darauf hin, dass die Eheleute mal was erleben wollten. Und siehe da: bei Ulrike und Otto Detering findet gerade eine wilde Party statt. – Ein Plädoyer für architektonische Wunderwerke getarnt als Kritik an Kleinfamilie und Klimawandel.“

Begleittext auf der Website

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.