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Best Albums of 2014 Shortlist

Alben die es knapp nicht in die Top 10 geschafft haben:

Theo Parrish – American Intelligence (Review)

Kassem Mosse – Workshop 19 (Review)

Kate Tempest – Everybody Down (Review)

Swans – To Be Kind (Review)

Olavi Louhivuori – Existence

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10 Best Albums of 2014 – Aphex Twin – Selected Ambient Works 85-92

Genau genommen hat Aphex Twin 2014 zweimal alte Tracks releast. Einmal im März, in der überaus erfolgreichen Kickstarter-Kampagne für die „verschollene“ Caustic Window LP, die unter ominösen Umständen im Discogs Marketplace wieder auftauchte. Und einmal im September als Syro(*). Da flogen dann auch noch Zeppeline über London.

Aphex Twin hat für die Musikgeschichte und meine musikalische Sozialisation soviel geleistet, dass es schwer fällt ein schlechtes Wort über ihn zu verlieren. Will ich auch gar nicht. Syro ist toll. Syro ist in etlichen Jahreslisten vertreten und hat einen Metascore von 86. Eike Kühl von thelastbeat.com schreibt z.B.:

„… natürlich ist das alles wieder technisch perfekt, wie Aphex einmal mehr die schroffen Breakbeats an den Melodien abperlen lässt, die Vocals zerschreddert und neu zusammensetzt und nebenbei noch die halbe UK-Rave-Historie mit einpackt. Was man 13 Jahre lang vermisst hat, wird einem gleich nach etwas mehr als zwei Minuten klar: Dann setzt in Minipops 67 dieser Melodie-Hook ein und plötzlich ist es wieder 1996, die Freundin ist weg und bräunt sich.“

Die Frage, die Eike schon andeutet ist aber: Warum dann nicht gleich die Originale hören, die – eingepackt in einem Benjaminschen Zeitkern – auch noch die historische Avantgarde der frühen Alben mitliefern? Es wird keiner bestreiten, dass „Der Zauberberg“ oder „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ zeitlosen Meisterwerke sind. Aber keiner würde sie nochmal schreiben …

Natürlich muss Richard D. James aber Geld verdienen und so erkläre ich das fantastische Album Selected Ambient Works 85-92 von 1992 zum Album des Jahres 2014. Einfach das kaufen, dann erledigt sich auch schnell das Gefühl etwas lauwarmes in den Händen zu haben … Und spätestens nachdem einem Green Calx die Glückstränen in die Augen getrieben hat, liebt man den Meister wieder.

Selected Ambient Works 85-92

Tipp für Retro-Nerds:
Das Album auf eine C45-Kassette aufnehmen und auf einem Walkman hören. Ich habe das Glück noch eine Kassetten-Kopie aus den 1990ern zu haben. Für den transzendentalen Extra-Kick!

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(*)
Die Tracks auf Syro sind nicht wirklich aus den Neunzigern. Richard D. James sagte in einem Fader-Interview: „I think the oldest one is maybe six or seven years old?“
Auch hat sich das Produktionsequipment komplett geändert, wie pitchfork dokumentiert. Außerdem scheint die Caustic Window-Kampagne Richard überhaupt ermuntert zu haben Syro zu veröffentlichen: „Okay. People out there really, really want stuff off me, so I can’t deny it. Let’s put it out.“ (rollingstone.com)
Der Punkt ist: Das Ganze ging auch mit 1990er-Equipment und weniger Bohei. Und dafür möchte ich Aphex Twin nochmal feiern.

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10 Best Albums of 2014 – Caribou – Our Love

Als ich Sun von Caribou zum ersten Mal gehört habe, war es eine Epiphanie. Ich saß im ICE, hörte einen Podcast von Little White Earbuds und der hypnotische Drumgroove von Sun setzte ein. Und dann dieser rauf- und runtergepitchten Fender Rhodes-artigen Sound und der manisch wiederholte Songtitel, der so wirkt als wäre der Track von eine unendlich alten höheren Macht besessen. Mühelos gelang es Caribou den Beweis zu führen, dass man mit wenigen Elementen einen dichten und komplexen Track komponieren kann, der mehr ist als die Summe seiner Teile. Das war 2010.

Nachdem man über vier Jahre nicht viel von Dan Snaiths Caribou-Moniker gehört erschien im Oktober das neue Album Our Love.

Diese Album ist mir fast peinlich. Es ist so poppig, so eingängig. Dan Snaith untrainierte Stimme zieht sich durch das Album wie ein Schmetterling, den man gerne im Zimmer hat, von dem man aber auch weiß, dass man ihn nicht für immer haben kann (und will). Musikalisch manifestiert sich eine Könnerschaft, die das Beste aus den letzten 5 Jahrzehnten Musikgeschichte kennt und internalisiert hat. Und alles wird zusammengehalten von einem großen Thema: Liebe. Oder sagen wir vielmehr die Ups und Downs einer Liebesbeziehung mit einer reichen Vergangenheit. Reife Liebe – wenn es nicht so abschätzig klänge.

Da Dan Snaith natürlich auch DJ und Remixer ist, fließen zudem seine Dancefloor-Erfahrungen mit in das Album ein und sorgen für überraschende Wendungen in den Tracks. Auf dem Titeltrack „Our Love“ z.B. mutiert ein grooviger Slowjam zu einem aufgebretzelten Detroit Techno-Track, dessen Bass- und Synthline hart an Kevin Saundersons Projekt Inner City erinnert. I like!

Ein Konsensalbum im positivsten Sinne. Für die Preparty mit Menschen die nicht zugeben wollen, dass Clubmusic Leben retten kann.

Caribou – Our Love

Our Love (Vinyl)

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10 Best Albums of 2014 – Deadbeat & Paul St. Hilaire – The Infinity Dub Sessions

Obwohl mir der digitale Dub oder Dubtechno von Basic Channel schon seit fast zwei Jahrzehnten die Raumatmosphäre versüßt, schaffen es digitale Dubalben nie mich so zu euphorisieren, dass sie Album des Jahres werden. Dabei höre ich sie vielleicht am Nachhaltigsten.

Neben Basic Channel ist der mittlerweile auch in Berlin lebende Kanadier Deadbeat – geboren als Scott Monteith – seit über zehn Jahren dabei die Texturen, Rhythmen und Tiefen des jamaikanischen Dub zu erforschen und ins 21. Jahrhundert zu transponieren. Zusammen mit Paul St. Hilaire aka Tikiman hat er im März 2014 The Infinity Dub Sessions veröffentlicht.

Es brauchte ein paar Tage am Strand von Los Caños de Meca in Andalusien um mir die Größe dieses Albums zu vollem Bewusstsein kommen zu lassen. Während ich mit meiner Freundin halb dösend in der Sonne Spaniens lag lief The Infinity Dub Sessions auf meinem Smartphone (!) in Dauerschleife. Die Echos, die deepen Bässe, das feinziselierte Beatgerüst schlichen sich in meine Tagträume und entwickelten dort ein mystisches Eigenleben. Die angenehm sparsam eingesetzten Vocals von Paul St. Hilaire lassen der Musik dabei gleichermaßen Freiraum wie sie ihr eine zusätzliche Tiefendimension geben. Kein Album das aufregt, aber ein Album dessen Deepness man an sonnigen Tagen nicht vermissen will.

The Infinity Dub Sessions

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10 Best Albums of 2014 – Dorian Concept – Joined Ends

Ende November begann ich so langsam in Jahresendlisten zu stöbern und meinen Blog (der ja vornehmlich als mein öffentliches Musikarchiv dient) nach den Alben des Jahres zu durchsuchen. Bei den zehn Alben für 2014, die ich hier vorstelle, habe ich mich schlußendlich gegen eine Nummerierung entschlossen, da die ohnehin Quatsch ist. Manche Alben mag ich nach zwei Monaten nicht mehr, andere gewinnen weiterhin an Relevanz und wieder andere (die hier gar nicht auftauchen) entdecke ich dann in zwei Jahren und feiere sie als Klassiker. Bei einem Album war mir allerdings schon im Oktober klar, dass es groß war: Joined Ends von Dorian Concept. Umso erstaunlicher, dass ich es bisher in keiner Jahresendliste gefunden habe …

Der gerade mal 30jährige Wiener Oliver Thomas Johnson war schon 2009 mit seinem Album When Planets Explode in meinen Jahrescharts und hat sich seitdem konstant weiterentwickelt. Dem Debütalbum waren noch klar die damaligen Einflüssen des Glitch-Hop/Wonky/BrokenBeats-Sounds anzumerken (nachzuhören in dem grandiosen Mix Crispy Juice von Kelpe). Dazu improvisierte Johnsons munter auf dem microKORG, dessen gequetschter Sound mit den verzerrten Obertönen auch weiterhin sein Markenzeichen bleibt – wenn auch deutlich zurückgenommener.

Joined Ends klingt reifer, ideenreicher und zeitloser als When Planets Explode. Das Beatprogramming ist gleichzeitig vertrackter und transparenter geworden, es mäandern gepitchte Enya-artige Chorgesänge durch die Tracks und mehr als einmal mutiert ein Track nach dem Break in ein anderes Genre oder einen anderen Rhythmus.
Ann River, Mn beispielsweise ist ein deeper Track, der konstant die Intensität steigert, auf ein furioses Finale hinläuft und dann einfach aufhört. Dorian Concept weiß, wie man mit den Erwartungen der Hörer spielt und diese subvertiert, ohne in l’art pour l’art- Experimente abzudriften.

Wer Flying Lotus und Hudson Mohawke mag, wird an diesem Album seine Freude haben. Für mich das Electronica-Album des Jahres 2014.

Joined Ends [Vinyl & Download]

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10 Best Albums of 2014 – Dean Blunt – Black Metal

In meinem letztjährigen Essay über Vaporwave habe ich sinngemäß geschrieben, dass das Genre in demselben Moment verschwunden („vanished“) sei, an dem es an die Oberfläche kam. Die flüchtigen, fragilen, superfiziellen Trackskizzen die nur höchst selten außerhalb eines zip-Files veröffentlicht werden, haben ihr natürliches Zuhause im Internet. In gleichem Maße wie auch Streetart nur auf der Straße und im Schatten der Illegalität richtig Sinn macht. Man kann das als eine Art eingebauten Schutz gegen den „Ausverkauf“ sehen oder als eine universelle Wahrheit über die fragile Schönheit des Geheimen und Flüchtigen.
Die „Stars“ des Genres schlagen sich unterschiedlich: INTERNET CLUB ist von der Bildfläche verschwunden, James Ferraro entwickelt sich konstant weiter und Saint Pepsi zieht feiernd um die Welt, überzeugt aber derzeit musikalisch nicht wirklich.

Warum erzähle ich das alles? Weil ich glaube, dass der ästhetische Schock den Vaporwave ausgelöst hat zu solch großartigen Alben geführt hat wie Black Metal von Dean Blunt. Während bei den ersten vier Tracks noch der Eindruck ensteht man habe es mit einem Singer/Songwriter-Album zu tun, holt einen Heavy mit seiner apokalyptischen Synthruine heftig in die Gegenwart zurück. Nach Radioheads Kid A und Fennesz Endless Summer ist eine Gitarre nicht mehr nur eine Gitarre nicht mehr nur eine Gitarre. Mit Naivität oder Eskapismus sind in einer hypervernetzen Musik(welt) keine Blumentöpfe mehr zu holen. So erkennt man auch beim zweiten Hinhören, dass die Tracks eigentlich gut getarnte Sample-Collagen sind. Das Black Metal eigentlich ein Appropriation Art-Album ist, ein Meta-Album, ja ein Post-Vaporwave-Album.

Die beiden zentralen Trackeskapaden Forever und X hätten für mich nicht sein müssen und auch Country zerrt nur an den Nerven, der Rest des Albums ist hingegen großartig. Es ist nicht halb so verkopft wie dieses Review vielleicht klingt, sondern streckenweise ein erstaunlich warmes und harmonisches Album. Dass es einen dabei nicht in falsche Gewissheiten einlullt, macht es außergewöhnlich.

„For every moment of honesty there is one in which he reminds us that, today, there is no single truth, no right answer. At one moment he seems vulnerable, candid; at the next, he seems to suggest that the whole thing might be one big joke.“

Josh Hall

Black Metal [Vinyl LP]

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10 Best Albums of 2014 – Lil B – 05 Fuck Em

Was ich an Acid und New Beat ja immer gemocht habe, waren die unprätentiös deepen Klangwelten. Die Kunst aus einem Drumcomputer und ein oder zwei monophonen Synthesizern – nicht notwendigerweise einer TB-303 – einen opaken, intensiven Sound zu quetschen, der einen zeitlosen Groove hat. Gleichzeitig klangen die ganz großen Tracks auch irgendwie LoTech und ghetto-ish – wie aus einer Cyberpunk-Dystopie.

Es ist der Verdienst von Lil B, dass ich – der ich für den Second Summer of Love noch etwas zu jung war – nochmal von dieser Euphorie kosten darf. 05 Fuck Em hat den Charme eines Bedroom Producer/Rapper-Albums, das die internationalen Clubs erobern könnte. (Wir erinnern uns als Bomb The Bass 1988 mit seiner 150 Pfund Produktion Beat Dis die #1 der britischen Charts eroberte.)

Dabei verfolgt 05 Fuck Em eigentlich keinen konkreten Style, es ist vielmehr eine maximal heterogene Reise durch das Boom Bap Continuum, durchaus mit dem einen oder anderen Track auf eher niedrigem Qualitätsniveau (z.B. Im The Rap God, Prayin 4 A Brick oder Control Response).

So Thirsty ist ein schon fast grotesk minimal produzierter Joint, der maximale Intensität erzielt. 1 Night in Florida ist ein fiepsender Late-Night-Cruising-Track und …

Ach was sage ich: Die 101(!) Tracks auf 05 Fuck Em sprechen für sich. Kann man locker eine Party mit bestreiten.

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10 Best Albums of 2014 – Freddie Gibbs & Madlib – Piñata

Genau umgekehrt wie bei Fennesz verhält es sich bei mir mit diesem Album. Der Zugang erschien mir zu einfach, zu slick. Ja gut, habe ich gedacht, ein weiteres Madlib-Beattape mit irgendeinem MC. Doch irgendwo las ich, dass Freddie Gibbs das dialektische Gegenstück zu MF Doom sei, mit dem Madlib 2004 das Meilenstein-Album Madvillainy aufgenommen hat. Und in der Tat: Piñata is here to stay!

Madlib samplet sich mal wieder im Blue Note Catalog rauf und runter und Gibbs erzählt anachronistische Stories von Drogendeals und urbanem Zerfall. Zusammen ergibt das einen imaginären Blaxploitation-Film, der mich im Spätsommer wild kopfnickend und gestikulierend durch Kreuzberg begleitet hat. Vielleicht erst im nächsten Juni kaufen?

„Well, I guess it sounds something like a handful of chicken tenders, fries, and hot sauce on white bread: a narcotic combination of sodium and grease and a liberal slathering of playful fantasy. So what if it’s a bit off, a bit unreal? Fuck real. This is something even better.“

Gabriel Samach

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10 Best Albums of 2014 – Fennesz – Bécs

Es gibt Alben vor denen habe ich soviel Respekt, dass ich mich erstmal gar nicht traue mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Das ist wie mit Romanen von F. M. Dostojewski, Thomas Mann oder D.F. Wallace. Das literarische Gewissen sagt, es werde sich lohnen sich die Zeit zu nehmen, aber dann sind doch zuviele weniger komplexe und leichter verdauliche Kulturobjekte greifbar. Und doch: Es muss diese Meilensteine geben, die sich wie Leuchtürme aus dem Meer des Vergänglichen erheben.

Endless Summer von Fennesz – erschienen 2001 – ist so ein Meilenstein. Ob es sich mit Bécs (ungarisch für Wien) genauso verhält, bleibt abzuwarten. Aber das Potential ist da: vergraben in einem Haufen HiTech-Elektroschrott mit messerscharfen Kanten blitzen mikro- und makrokompositorische Perlen auf und man ahnt, dass unter dem Geknurschpel etwas ganz Großes schlummert. Etwas das so schön ist, dass man es nicht direkt anblicken darf. Und deshalb spiegelt Fennesz die Schönheit in blankpoliertem Silikon und entzündet ein Feuer unter dem Elektroschrott, dessen Glimmen mir noch lange das Herz wärmen wird.

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10 Best Albums of 2014 – Dalhous – Will To Be Well

Dieses Jahr stand definitiv im Zeichen des sublim-euphorischen Ambient- bzw. Vaporwave-Sounds. Göttliche Melodiebögen die sich aus dem Rauschen schälen, knapp über der Wahrnehmungsgrenzen pluckernde bandpassgefilterte Drumsounds und ordentlich Geknurspel.
Nicht wirklich neu, aber auch nicht abgedroschen präsentierte sich im Mai das Album Will To Be Well der Edinburgher Produzenten Marc Dall und Alex Ander aka Dalhous.

Laut Dall ist das Album aus seiner großen Faszination für den antipsychiatrischen Psychiater Ronald D. Laing entstanden, allerdings ist es mir bisher nicht gelungen einen sinnhaften ästhetischen Mehrwert aus dieser Information zu ziehen. Ich lese das Album eher als eine bescheidenere und unprätentiösere Version von Boards of Canada. Weit entfernt von Clicks n‘ Cuts-Beliebigkeit und mit genügend Geheimnis angereichert, so dass auch beim zehnten Hören noch Details zum Vorschein kommen die ein Album aus dem Gros der Veröffentlichungen hervorheben. Und vielleicht lohnt es sich ja beim Hören R.D. Laing zu lesen?

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