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Diary of an Unpublished Author 5 (Kritische Ausgabe)

Heute nacht hatte ich einen echt dystopischen Traum. Ich wurde mit einer Menge Leute in eine jugendherbergsähnliche Einrichtung untergebracht, mit Duschen wie es sie in meiner Kindheit an der Werner-von-Siemens-Schule gab. In meinem Zimmer waren die Betten in zwei Teile geteilt und jeweils zwei von uns mussten sich eine Decke teilen. Ich war ausgerechnet mit ein paar Rockern – die stark an Böhse-Onkelz-Fan gemahnten – in einem Zimmer untergebracht und es schien ausgemacht, dass zwischen uns keine Sympathien erblühen würden. Trotzdem entschied ich mich fürs Erste für Freundlichkeit.

Der Sinn der Unterbringung war eine soziale Simulation, etwas das im Traum den penetranten und wenig originellen Namen »1984« trug. Jedem von uns wurde eine bestimmte Rolle zugewiesen und unserem Zimmer wurde die Rolle des Polizisten zugeordnet.

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Diary of an Unpublished Author 4 (Kritische Ausgabe)

Vor drei Jahren habe ich ein Theaterstück geschrieben. »Die Maßnahme«. Es beruht lose auf den Erfahrungen von A. und N. in einer Hartz IV-Maßnahme im berüchtigten Jobcenter Pankow. So geht es los:

Ein leerer Raum, eine Schiefertafel auf der linken Bühnenseite, daneben ein Overheadprojektor, ein schwarzer Plastikpapierkorb und ein ein typischer Schulzubehör-CD-Player. Vier in Zweierpaaren aufgestellte Schultische und Stühle, ein Dozententisch. An der Hinterwand befindet sich ein Fenster mit runtergelassenen Jalousien. Tageslicht scheint durch. Die Tür befindet sich am rechten Bühnenrand. Man hört sanfte, meditative Panflötenmusik. Eine männliche Person in den mittleren Vierzigern (Thorsten) in speckiger Jeans und »schickem« C&A-Hemd tritt auf. Er trägt einen billligen, schwarzen Lederaktenkoffer in dem die Stullendose klappert. Thorsten sieht sich genervt um, wählt dann den Platz rechts-hinten. Er legt den Aktenkoffer auf den Tisch, setzt sich umständlich, öffnet den Aktenkoffer und entnimmt ihm eine Stullendose und eine 0,5l-Kaffekanne. Er gießt sich einen Deckel voll Kaffee ein und öffnet die Stullendose. Linkisch fingert er eine Graubrotstulle mit Cervelatwurst aus der Dose und mampft los. Eine weibliche Person Ende Dreißig (Angela), attraktiv, stilbewusst, mit Jeans und Blazer, aber sehr fraulich, militant-offene Mimik und Gestik, tritt auf. Sie sieht Thorsten und grüßt freundlich.
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Diary of an Unpublished Author 3 (Kritische Ausgabe)

Zu meinem Manuskript »Das Turing Continuum« ist mir eingefallen, dass ich die Geschichte so strukturieren könnte, dass die Sprache, in den Passagen in denen die künstliche Intelligenz (NHC) eingesperrt ist, immer detailarmer, kürzer und direkter wird, während die Welt die ich vorher schildere sehr detailreich und »voll« ist.

Das wäre ein tolles strukturelles Mittel, mit dem ich auch wieder meiner alten Leidenschaft treu bleibe. Der Leidenschaft aus Form und Inhalt eine (aargh) synergetische Symbiose zu erschaffen. Die Form reflektiert den Inhalt und der Inhalt gewinnt aus der Form. Solche Spielereien finde ich toll, wenn sie gut gemacht sind.

Als ich gestern zur VHS Mitte gefahren bin, war ich etwas zu früh da und bin die Linienstraße hinuntergelaufen. Es dämmerte gerade und die Flutlichtanlange eines kleinen Fußballstadions war bereits eingeschaltet. Die Kleine Hamburger Straße endet direkt vor dem Absperrgitter. Dahinter war ein hell erleuchteter, größtenteils leerer Sportplatz zu sehen. Im Hintergrund leuchtete der Alex in der Dämmerung und ein Schwarm schwarzer Vögel flog hinter dem Turm vorbei. Ich dachte in dem Augenblick, das Schönheit alles überstrahlen kann. In dem Augenblick in dem wir Schönheit wahrnehmen können, übersteigt unser Geist Grenzen und ist Teil einer großen, ewigen Idee von Schönheit. Ich hatte einen Augenblick keine Angst mehr und fühlte mich frei. Dann dachte ich daran, wie ich den Ausblick fotografieren würde und fiel zurück in meine Körpergrenzen. Aber mir wurde klar, dass das schon ein Ziel an sich ist, wenn man schreibt oder filmt. Wenn es einem gelingt einen Augenblick vollkommener ästhetischer Harmonie zu erschaffen, dann macht man anderen Menschen ein Geschenk, welches einen Wert an sich darstellt. Egal ob jemand die Botschaft des Kunstwerks versteht oder die Welt besser wird.
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Diary of an Unpublished Author 2 (Kritische Ausgabe)

Worum geht es in dem Manuskript »Das Turing Continuum«? Es fehlt eine grobe Outline und das obwohl ich schon seit einem Jahr daran schreibe. Nun denn:

Der Computertechniker Paul Madorn arbeitet als Hilfskraft in einem sektenähnlichen Unternehmen, das an ein Non-Human Consciousness (NHC) glaubt, beziehungsweise eines erschaffen will. Paul leidet an verschiedenen psychischen Störungen, die er von einem Psychiater namens Dr. Donato Jobson behandeln lässt. Unter anderem wird er katatonisch, wenn er mehrere Entscheidungen gleichzeitig zu treffen hat. Kurz nachdem wir Paul kennengelernt haben, erfahren wir, dass im Internet ein Computercode aufgetaucht ist, der das Erwachen eines nicht-humanen Bewusstseins impliziert. Paul hält dies jedoch für einen Ente, bis er auf seine Ex-Freundin Alisa Gross trifft, die fest davon überzeugt ist, dass der Code echt und sein Inhalt ernstzunehmen ist.
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Diary of an Unpublished Author 1 (Kritische Ausgabe)

Statt mich heute der Schreiberei zu widmen bin ich ins Kino gegangen und habe mir den Film »Finsterworld« angeguckt, der in einem dystopischen Deutschland spielt. Der Film ist von allerlei verzweifelten Menschen bevölkert: Schnöselige Internatsschüler, Werbefuzzis, einem psychopathischen Fußpfleger und einem Aussteiger, dessen einziger Freund ein Rabe ist. Natürlich darf auch ein KZ nicht fehlen und ein Lehrer, der den genervten Schüler mit Holocaust-Aufarbeitung kommt.

Eine Theorie im Film: Deutschland und vor allem die Nationalflagge ist heute so häßlich, damit keiner mehr auf die Idee kommt die Weltherrschaft anzustreben. Damit keiner sich wohlfühlt und keiner stolz auf sein Land ist.

Mag sein, aber wollten wir nicht gerade deshalb unser Territorium vergrößern? Ist Polen nicht noch viel häßlicher? Oder Weißrussland? Der gesamte Ostblock? Wir haben ja wenigstens Werbeplakate mit aufgepimpten Menschen …
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