Artikel
0 Kommentare

Cadence Weapon – Afterparty Babies [Big Dada]

Roland ‚Rollie‘ Pemberton aka Cadence Weapon aus dem kanadischen Edmonton – u.a. auch Geburtsort von Marshall McLuhan – ist ein Grime-Rapper der außergewöhnlichen Sorte. Sein Rhyme-Stil erinnert an UK-Grime-Artists wie Kano oder Dizzee Rascal, jedoch scheinen seine musikalischen Wurzeln eher im IDM, House und UK-Breakbeat zu liegen. Auch ist er nicht sonderlich an Bling-Bling-Eskapaden interessiert, sondern eher an Partys mit Freunden und hedonistischem GrandmasterFlasheskem (puh!) Duktus.

Cadence Weapon

Nach seinem HipHop-Album Breaking Kayfabe [Vinyl] ist Cadence Weapon mit Afterparty Babies [Vinyl], einer Verbeugung vor seinem ersten Einfluss Teddy Pemberton, zurück. Teddy Pemberton ist Rollies Vater und hat die Black Sound Experience Radio Show an der Universität von Alberta gehostet, eine missionarische NY-HipHop-Show.

Nichstdestotrotz fühlt sich Cadence Weapon mehr der Uptempo Electronic Music und dem europäischen Daft Punk-Sound verpflichtet als dem ghettoisierten Underground-HipHop. So ist Afterparty Babies auf Big Dada Recordings eine testosteron- und adrenalingeschwängerte, clevere Electronic-HipHop-Platte, die mich beim ersten Hören etwas an die Shadow Huntaz gemahnt, wenn auch deutlich lebenbejahender und mit mehr Schampus im Abgang.

Afterparty Babies [Vinyl]
Breaking Kayfabe [Vinyl]

Artikel
4 Kommentare

Theo Parrish

„Love of the music should be the driving force of any producer, performer or DJ. Everything else stems from that core, that love. With that love, sampling can become a tribute; An expansion on ideas long forgotten, reconstruction, collage. Using the same understanding openly and respectfully can turn DJing into a spiritual participation. It can turn a few hours of selection into essential history; Necessary listening through movement.“
Theo Parrish

Der in Chicago aufgewachsene Produzent Theo Parrish kam schon mit vierzehn Jahren zum Chicago House und in Kontakt mit Produzenten wie Larry Heard, Lil Louis, Farley Jackmaster Funk, Mike Dunn oder Frankie Knuckles.

Theo Parrish

Nachdem er nach 1994 nach Michigan gezogen war, ergaben sich lebhafte Kontakte mit der Detroit-Techno-Szene und erste Veröffentlichungen. Sein eigenes Label Sound Signature betreibt er seit 1997. Seine Philosphie ist es, Jäger und Sammler von Sounds zu sein, da man sich sonst nur wiederholen könne, was im Endeffekt zu Stagnation führe. Deswegen begibt Parrish sich mit seinem Field-Recorder auch auf immer neue Klangsuche in den SubUrbs von Detroit.

Artikel
0 Kommentare

Bomb The Bass – Future Chaos

Seit dem letzte Album Clear von Tim Simenon aka Bomb The Bass sind vierzehn Jahre vergangen. Die lange Wartezeit wird jetzt mit dem vierten Album Future Chaos, das voraussichtlich am 15. September 2008 erscheint, beendet.

Das Album ist weitaus elektronischer, als die ersten drei und das meistverwendete Instrument ist der Minimoog, der mit seinem warmen, einladenden Sound ja eh gerade in UK wieder à la mode zu sein scheint. Wie immer hat Simenon reichlich Gastmusiker und -vokalisten wie die Band Toob, Fujiya & Miyagi, Jon Spencer, Ex-Queens Of The Stone Age-Sänger Mark Lanegan, die alten Bekannten Jack Dangers von Meat Beat Manifesto und Justin Warfield, sowie vor allem Paul Conboy, eingeladen.

Wie auf Clear schon begonnen, entfernt sich Simenon auf Future Chaos weiter von den Cut-Up-Soundscapes hin zum Songformat, ja man könnte fast von Electronica Unplugged sprechen.

„It’s basically a Minimoog album with vocals on it. I suppose the key element is its simplicity. A lot of the original tracks were quite complicated, so the choice was made to strip everything back and get rid of anything that was cluttering up the song. I just wanted the songs to stand out clearly. I wanted it to be as simple and direct as possible.“
Tim Simenon

Paul Conboy singt fünf der neun Stücke auf Future Chaos und hat das Album mitgeschreiben und -produziert und bricht damit das von Tim Simenon gesteuert Kollektivprojekt erstmals in eine Richtung von so etwas wie einem Duo auf.

Soulige bis fordernde Electronica und Slow-Motion-Pop mit einer kleinen Prise Noir. Das alles sehr warm und analog.

Artikel
0 Kommentare

Marbert Rocel – Speed Emotions

Burial, Lali Puna oder The Notwist haben ja bereits bewiesen, das progressive, elektronische Klangwelten nicht nur für Crate Digger erreichbar sind, sondern auch in Albumlänge funktionieren.

Die Band Marbert Rocel aus Thüringen, bestehend aus Marcel Aue und Robert „Panthera“ Krause – die sich als DJs verdingen und gleichzeitig für Mixing, Produktion und Artwork zuständig sind – und FlyGirl Antje „Spunk“ Seifahrt, zeigt dies erneut eindrucksvoll auf ihrem ersten Album Speed Emotions auf Compost Records.

Speed Emotions Cover

Speed Emotions meint aber eben nicht Instant Karma, sondern Marbert Rocel wissen um die mühsame Vorarbeit die Musik leisten muß, um bei sophisticated Urban Listeners Emotionen auszulösen.

Wie die Synthesizer-Schwaden von Autechre, die ihren Weg erstmal durchs Beatgewitter bahnen müssen, kommt Seifahrts Stimme hier durch eine dichte Patina aus leicht verstaubtem Vinyl, Super-8-Charme und knarzigen Electrosounds.

So verbreiten Marbert Rocel keine Lounge-Langeweile wie viele Genre-Verwandte, sondern schaffen es seit nunmehr 5 Jahren Future Jazz und Folktronica in ein angefrickeltes House-Gerüst zu verpacken, das punktiert pumpt und seine Wirkung auf keinen Sneaker verfehlt.

Speed Emotions [Vinyl] ist eine Referenz an jazziges Keyboard und den weiblichen Solo-Popgesang, eine Gratwanderung zwischen analogen und digitalen Klangwelten, eine akustische Melange aus Milch und Honig und sonnigen Klangsplittern. Dieses Jahr kommt der Frühling schon im Januar.

Marbert Rocel – Speed Emotions [Vinyl]
Speed Emotions [CD]

Artikel
0 Kommentare

Luke Vibert & Jean-Jaques Perrey Present: Moog Acid

Der Beat-Junkie Luke Vibert hat sich für sein Album Moog Acid [Vinyl], auf dem Experimentalmusik-Label Lo Recordings, mit Jean-Jacques Perrey einen der Pioniere elektronischer Musik ins Studio geholt.

Perrey, der 1929 in Frankreich geboren wurde, hat 1965 – zusammen mit Gershon Kingsley – die elektronische Musik aus der Avantgarde-Ecke befreit. Sie produzierten auch für das Massenpublikum goutierbare elektronische Musik in einer Mischung aus field recordings á la Musique Concrète, Ondioline und Moog. Mit der LP In Sound From Way Out schufen sie den Space Age Pop. Perreys Elektronikmusik diente immer wieder als Sample- und Remixmaterial für Musiker jüngerer Generationen.

Die illustre Instrumentenliste für das Moog Acid-Album umfasst alle möglichen Vintage-Synths wie Minimoog, Polymoog, Moog Modular, Moog Voyager, Moog MG-1, Ondioline, Prophet T8 und einen EMS Vocoder 1000.


JJP und LV

Moog Acid enthält alle Stile, die man von so einer kreativen Partnerschaft erwartet: Verrückte Cut-Ups mit JJ Perrey’s Original Sample-Material, Drum n‘ Bass-, Disco-, HipHop- und Funk-Beats, die Stimme von Jean-Jacques, begleitet von Trompete, Sitar, Percussions und der oben aufgeführte Moog-Riege. Ein äusserst inspiriertes und spaßiges Album.

Jean-Jaques Perrey – Moog Indigo
JJP & Gershon Kingsley – In Sound From Way Out
Moog Acid
Moog Acid [Vinyl]

Artikel
0 Kommentare

Prosumer & Murat Tepeli – Deep Analogue House

Der aus dem Saarbrücker Hardwax-Umfeld stammende Achim Brandenburg aka Prosumer ist ein wahrer Experte im klassischen Chicago House und Detroit Techno. Soulful House Music mit rohen Maschinenbeats und analoger Wärme, die er als Resident-DJ in der Panorama Bar, sowie im Watergate und im Weekend erklingen lässt.

Die Figur des Prosumer ist Alvin Toffler’s Sci-Fi-Studie The Third Wave entlehnt. Toffler sagte vorraus, das die Rollen von Produzenten und Konsumenten verblassen und zusammenwachsen würden, da die Massenproduktion von Standardgütern die Konsumenten übersättigen werde. Der Prosumer müsse dann Teil des Produktionsprozesses werden, um neue hochspezialisierte und bedarfsgerechte Produkte zu designen.

Dies macht Prosumer, in Form von Musik, zusammen mit seinem Freund und Kollegen Murat Tepeli, neuerdings auf dem Berliner Label Ostgut Ton. Die beiden vereint eine Liebe zum roughen, direkten Sound der eine gewisse Unmittelbarkeit suggeriert, die viele in elektronischer Musik ja zu vermissen meinen. Unterstützt werden sie dabei auch von der Sängerin Elif Bicer, Barfrau in der Panoramabar, die mit ihrem soulgetränkten Gesang die Synthetik weiter „humanisiert“.

Das gerade erschienene Album Serenity [Vinyl] ist das Ergebnis ausgiebiger Jam-Sessions der Dreien.

Serenity [Vinyl]
Serenity [CD]

Artikel
0 Kommentare

Westbam – The Early Years

Maximilian Lenz aka Westbam aka Westfalia Bambaataa wurde in Münster geboren. Bevor er der „Avantgardist der Raving Society“ (sic!) wurde, hat der umtriebige DJ eine Reihe von richtig coolen Cut n‘ Paste und House-Trax produziert.

Nach dem Paul Hardcastle-RipOff 17 – This Is Not A Boris Becker Song unter dem Pseudonym Cowboy Temple folgte der – trotz oder gerade wegen des offensichtlichen Kraftwerk-Samples – extrem funkige Low Spirit-Release Monkey Say Monkey Do.
Monkey Say, Monkey Do (Remix) [Vinyl]

Kurz nach Monkey Say Monkey Do folgte die durchaus inspirierende LP Westbam mit einem sehr interessanten Cover.

Westbam LP Cover

Einer der ersten deutschen Cut n‘ Paste-Charthits war The Roof Is On Fire 1990, der seinen großen Brüdern aus UK in nichts nachsteht. House-Piano, Robo-Voice, Oldschool-HipHop-Samples und Trillerpfeifen. Party On!

The Roof Is On Fire [Vinyl]
The Cabinet [CD]

Westbam sieht sich nach eigener Aussage auch als eine Art Avantgardist und postmoderne Konzepte wie die Zerstörung des überholten bürgerlichen Autoren- oder Genie-Begriffs oder der Mißbrauch der Technik durch z.B. Schallplattenmanipulationen sind ihm wohlbekannt:

„Das kann man schon als Jazz begreifen, als Improvisation mit Technik, die ihren spezifischen Groove entwickelt.“

Schade, dass es Westbam später nicht mehr so richtig gelang diese interessanten Ansätze explizit in seiner Musik umzusetzen. KLF beispielsweise haben auf diesem Gebiet wesentlich mehr überzeugen können.

Eine sehr interessante Kollaboration hatte der frühe Westbam 1987 mit der westrussische Avantgardeband Popularnaja Mehanika oder Pop Mechanics.

„Die Pop Mechanics sind in Riga an mich herangetreten, als sie dort während ihrer Tournee auftraten. Sie fragten mich, ob ich Lust hätte, bei ihrem Konzert in der Schule der Aeronauten Platten aufzulegen. Von diesem Auftritt ist ein Mitschnitt auf Kassette gemacht worden, der dann bei What’s So Funny About erschien.“

Die dekonstruktivistischen Scratch-Phrasen über dadaeskem Gesang, Free-Piano, Folklore und Jazz – alles schön nacheinander – sind ein echtes Sammlerstück mit dem Titel Westbam – Live at Riga [Vinyl].

Den hypnotischen Groove von Chicago House entdeckte Westbam in den frühen Neunzigern mit einer Reihe von Veröffentlichungen, unter denen für mich vor allem Hold Me Back hervorsticht.

Hold Me Back [Vinyl]

Auch an Skacid im weiteren Sinne hat sich Westbam mit dem Track Cold Train [Vinyl] versucht.

Es zeigt sich also, dass der frühe Westbam eine erstaunliche musikalische Bandbreite und konzeptionelle Reife hatte, die über die Mayday-Jahre peu à peu verlorenging und später nur noch manchmal mit obskuren Veröffentlichungen wie dem Merve-Band Mix, Cuts und Scratches mit Rainald Goetz aufblitzte.

Artikel
0 Kommentare

DJ Cam – DJ Kicks

Legt die DJ Kicks von Laurent Daumail aka DJ Cam in euer favorisiertes Datenabspielgerät, holt euch eine Tasse Tee und es kann losgehen… Aber Stop! Dieser Mix von DJ Cam ist kein gut abgehangener Lounge-Kram für Couchpotatoes und ihren täglichen Blunt.

Der französische Produzent und Turntable-Provokateur beginnt seinen Mix zwar mit dem wunderschönen Dieu Reconnaitra Les Siens, aber nach einer Weile entwickelt sich diese DJ Kicks-Ausgabe zu einem regelrechten Roughneck-Tune: Phatte Beats mit einem jazzy Touch von DJ Vadim’s Jazz Fudge-Label und Freestyle-Raps von Channel Live die den Shit bangen. Noch einen Schuss Rodney P. auf Pussyfoot Records und am Ende des Sets testen die Ragga Twins ob ihr wahre Rude-Boys seid oder nicht.

Der Abstract-Downbeat-Mixwizard DJ Cam umreisst auf dieser DJ Kicks seinen eigenen, internationalen Street Sound.

DJ Cam – DJ Kicks

DJ Cam – Beat Assassinated
Beat Assassinated [Vinyl]