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01.org – Plan C

Hinweis 1: The Zone

Im Sommer des Jahres 2010 haben sechs Künstler die sich kaum kannten auf eine Reise nach Tschernobyl begeben. Ziel war einen geheimen Plan C zu entwickeln. Sie kamen aus verschiedenen Teilen Europas und der Vereinigten Staaten und hatten eine Verabredung. Niemand kannte das endgültige Ziel der Reise oder den genauen Plan. Ihren Freunden hatte sie vage Geschichten über das ‚Betreten einer Zone‘ und das ‚Werfen von Schraubenmuttern‘ erzählt. Alle waren von dem Film Stalker des Regisseurs Andrei Tarkowski besessen.

Hinweis 2: The Park

In der Zone angekommen warfen sie ihre Schraubenmittern. Vielleicht um eine Antwort auf die Frage zu finden, was sie in den verlassenen Freizeitpark der Geisterstadt Pripyat getrieben hatte. Sie fanden was sie suchten: The Red Ride. Einer von ihnen wurde von der Strahlung kontaminiert. Viel Material verließ die Zone an diesem Tag, wo es schließlich landete ist noch unbekannt…

Hinweis 3: The Ride

Bevor sie wieder abreisten verließ ein ländlicher Traktor die Zone in Richtung Westen. Einen Monat später tauchte eine Menge Altmetall in einem Lagerhaus in Manchester auf. Die Künstler zogen in das Lagerhaus und begannen Tag und Nacht am ‚Liquidator‘ zu arbeiten. Nach zwei Wochen war die Arbeit beendet. Die merkwürdige interaktive Skulptur ist am 1. Oktober im Whitwort Park in Manchester aufgestellt worden. Die Künstler von Plan C bestreiten, dass der ‚Liquidator‘ radioaktiv ist.

Plan C – Website

„The idea came after meeting sculptor James Acord, the only individual licensed to work with radioactive materials“ said Eva Mattes „He thinks that it’s inevitable that artists use the materials of their age. I was ten when Chernobyl’s radioactive cloud flew over my head, and into my thyroid“.

„Thousands of tons of radioactive scrap metal leave the Zone everyday to be sold to the Russian and Chinese market and eventually come back to us in the form of spoons, pots and sinks“, declared Franco Mattes „Radioactivity has no border. So we must probably just get used to it, starting from the younger generations“.

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Media Actionism Revisited: 01.org & ubermorgen.com

Zwei neue Aktionen der beiden Alpha-Prankster 01.org und ubermorgen.com flatterten mir in der letzten Woche ins Haus:

ubermorgen.com – Oil Painting: The Supreme Discipline Of Art

Die Meisterdisziplin der Kunst, das Ölgemälde ist zurück. Vor 13 Tagen ist ein Bohrturm einer BP Öl- und Gasplattform in Flammen aufgegangen, gesunken und hat 11 Menschen getötet. Das auslaufende Öl führte zu einem ökologischen Disaster von historischem Ausmaß. Die Küsten von Louisiana, Alabama und Mississippi sind bereits vom Öl ‚gezeichnet‘. Das Ölgemälde ist zu einer generativen Biokunst geworden, der die Weltöffentlichkeit via Massenmedien zuschauen kann. Ein Ölgemälde von 80.000 Quadratmeilen Ausmaß gemalt mit 32 Millionen Litern Öl – ein einzigartiges Kunstwerk.

Die Künstlergruppe ubermorgen.com, die ich bereits in meinem Film Culture Jamming portraitierte, nutzte die ‚Readymades‘ der Luftbildaufnahmen der Katastrophe und manipulierte sie digital um die Entfremdung von Farbe und Form zu kommentieren. Mit einer Kompressor- und einer Consumer Video Editing Software wurden Miniloops erstellt, die die Verkünstlichung der Natur und die Vernatürlichung der Kunst visualisieren.

I saw the NASA earth observatory images and I was blown awa. Finally traditional painting made its comeback as a high-tech innvovative art form and not as the starving grandparent of photography, video, digital art and performance. As a former painter I am thrilled and as a digital artist I want to work this material until it bleeds.
lizvlx von ubermorgen.com

Natürlich wure die reflexhafte Kritik an der Gleichsetzung von Naturkatastrophe und Massenmedienspektakel mit der jahrhundertealten Tradition des Ölgemäldes schon kurz nach der Veröffentlichung laut: Die europäische Techno-Avantgarde attackiere die Traditionen des Kunstgeschäfts. Mal wieder!

ubermorgen.com dürfte das nach ungleich radikaleren Erfahrungen in der Vergangenheit wie z.B. dem legendären Prank voteauction kaum beunruhigen.

Digital Oil Paintings

Auch vom italienischen Künstlerduo 01.org gibt es Neuigkeiten:

ARTIST COMMITS SUICIDE ONLINE AS A WORK OF ART

Tausende von Nutzern der neuen Hypewebsite chatroulette.com konnten am 30. April eine männliche Person beobachten, die, scheinbar leblos, an einem Strick an der Decke baumelte. Der Mann war der, mittlerweile in Brooklyn lebende, Künstler Franco Mattes und die Szene natürlich ein Hoax. 01.org haben diese Performance voraufgezeichnet und online gestellt. In dem Video ‚No Fun‘ kann man nun alle möglichen Reaktionen von Gelächter, Unbeweglichkeit und mit ihren Mobiltelefonen fotografierenden Kids beobachten. Nur einer von vielen tausend Menschen kam auf die Idee die Polizei zu rufen.

No Fun – Eva and Franco Mattes from Franco Mattes on Vimeo.

Wie schon in ihren früheren Aktionen sehen sich Eva und Franco Mattes mehr als Zuschauer denn als Aktivisten oder Provokateure:

Since we live online than we should get used to die online.
Franco Mattes von 01.org

‚No Fun‘ wirft ein paar beunruhigende Fragen über die Hyperrealität der zeitgenössischen Mediensphäre auf. Unsere täglichen Jagd nach Medienaufmerksamkeit (oft getarnt als Suche nach authentischer Kommunikation) wird zu einer narzißtischen Endlosschleife in der man den anderen am Ende nicht mehr wahrnehmen kann (oder will)…

In beiden Fällen ein schönes Update von Netart in der zweiten Dekade des neuen Jahrhunderts, aber irgendwie wirken die Pranks auch seltsam zahnlos und verpuffen an der opaken Oberfläche des Cyberspace. youtube hat das ‚No Fun‘-Video jedenfalls schon verbannt, was 01.org wiederum mit diesem Kranz feiern:

Banned

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New Media Art [Taschen Verlag]

New Media Art bezeichnet eine Kunstrichtung, die sich auf neue Medien bezieht oder mit ihnen arbeitet. In der Tradition der Videokunst bearbeiten New Media Artists wie Vuk Cosic oder 01.org die Ende des 20. Jahrhunderts allgemein zugänglich werdenden neuen Medientechnologien.

Einen guten Überblick über die „medienaktionistische“ Szene, die den institutionellen Gebrauch von „neuen Technologien“ wie Kameraüberwachung, DNA-Synthese oder Web-Kommunikation kritisch beleuchtet, gibt das Buch New Media Art, das im Taschen Verlag erschienen ist.

New Media Art

Der slowenische Künstler Vuk Cosic ist ein Pionier der Online- oder NetArt. Cosic konfrontiert die High-End-Computergrafiken der Gegenwart mit der Geschichte der Rechner-Bildschirmdarstellung: Bis in die 1990er Jahre hinein waren grüne Buchstaben auf schwarzen Grund der Standard.

Als Mitglied des ASCII Art Ensemble entwickelte Cosic Arbeiten, die bewegte und stehende Bilder in Buchstaben-Wüsten verwandelten. Er überführte damit eine Hacker-Praxis in die Kunstszene, die aus der Zeit stammte, als Computer noch keine visuellen Interfaces boten, und verknüpften diese mit einer bis in die Antike zurückreichende Tradition von visueller Poesie.

Mit seinem Documenta-Website-Hack repräsentiert er auch die langjährige Anti-Artworld-Einstellung der New Media Art-Szene.

Die New Media-Prankster Eva und Franco Mattes aka 01.org sind mit ihrem Projekt Life Sharing aus den Jahren 2000-2003 vertreten, in dem sie in einem Akt des Datenexhibitionismus bzw. einem Update der Appropriation Art, das Konzept des „geistigen Eigentums“ ad absurdum führten.

Laut 01.org könnten die durch private elektronische Datensammeldienste erstellbaren Profile weitaus umfänglicher sein, als die in der Vergangenheit durch staatliche Geheimdienste erstellten.

Viele weitere faszinierende New Media Art-Projekte, wie u.a. Hans Bernhards etoy-Prank oder Jonah-Brucker Cohens UMBRELLA.net, finden sich in dem Band New Media Art.

Video Art
Creative Code: Aesthetics and Computation