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Gravious – Temple Ball

Als ehemaliger Vinyl-Junkie ist mir die Sexyness, die in der dekadenten Geste des massenweise 12″-Kaufens liegt, natürlich nicht fremd:

Zweimal auf den Technics knallen, halb durchhören, einen Moment Instant Karma spüren und dann als DJ-Tool in die Plattenkiste packen. Doch wenn die 1210er dann irgendwann als dekoratives und distinguierendes Möbelstück auf dem Plattenschrank stehen, entsteht – bei Wahl des richtigen Vinyls – manchmal ein Gefühl, das den ultimativen High der ersten selbsterworbenen Maxis wiederbringt.

Ein solches Stück Vinyl ist der Dubstep-Orgasmus Temple Ball von Gravious auf Hotflush Recordings. Dieser Track taucht in der Mitte des Medicate With Bass Weight-Mixes von Christine Vaccine als sonnendurchflutete Urwaldlichtung nach einem Wobble-Overkill auf.

Kaum hat sich die Nadel in die Rille geknackst, stolziert ein gravitätischer Dubstep-Beat im Bloodshot-Tempo durch das Zimmer.

Die kalten weißgetünchten Wände glimmern in der abgeblätterten, goldenen Patina von ehemals prächtigen Steintempeln, während die Füße über ein knochentrocken-hölzernes Beatgerüst stolpern. Der drohende Sturz wird abgefedert durch einen Moosteppich in Form einer warmen, analogen, aber fordernden Bassline.

Die großmäulige Behauptung Dubstep würde spielerisch andere Musikstile integrieren, wird hier zu hundert Prozent eingelöst. Die Raga-Melodien sind nicht statisch auf den Rhytmus getriggert, sondern der Track atmet in Klangfarbe und Tempo seinen musikalischen Untersuchungsgegenstand und überführt ihn sanft in die Dancehall.

Mein Dubstep-Track des Jahrzehnts…