»The internet is a failed utopia. And we’re all trapped inside of it. But I’m not willing to give up on it yet. It’s where I first discovered punk rock and anarchism. Where I learned about the I Ching and Albert Camus while downloading “Holiday in Cambodia” at 15kbps.«

Douglas Haddow

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The Server Needs To Die To Save The Internet

Im Oktober des letzten Jahres schrieb ich ein kritische Würdigung des Buches »Who Owns The Future?« von Jaron Lanier und dessen Definition der »Sirenenserver«.

»Sirenenserver nennt Lanier die Serverfarmen der Internetunternehmen, da sie – wie die Sirenen bei Odysseus – durchs Netz streifende User durch betörenden Gesang anlocken, um sie zu töten ihre Daten abzugreifen … Online-Dienste wie u.v.v.a. facebook, google, twitter (…) sind ein Phänomen, das den Grundgedanken der Netzwerkstruktur des Internets zentralisiert – und damit den Traum vom Internet als einer rhizomatischen und dezentralisierten Informationstruktur unterminiert.«

Daran angeschlossen warf ich ein paar grundsätzliche Gedankenfetzen zu Grassroots-Netzwerken in die Runde. Im spekulativen Raum der fiktionalen Erzählung entwickelten sich diese Gedankenkeime weiter und ich erfand für mein Manuskript »Das Turing-Continuum“ eine im Jahre 2033 stattfindende Revolution von Programmieren, die den Namen »Orlando-Update« trug. Das »Orlando Update« sollte eine Gegenbewegung von Cyber-Renegaten sein, die die Idee des server-zentrierten Computernetzwerks sabotierten und durch eine dezentrale Technologie ersetzen.

»Zusammen mit führenden Persönlichkeiten der freien Regionen programmierten sie ein Virus, der die Clusterstruktur der Sirenenserver angriff. Jede Website konnte unerkannt jeden beliebigen Server als Host nutzen ohne Spuren zu hinterlassen. So sprang der physikalische Ort von Webservices in Millisekunden um die Welt – von einem Server zum Nächsten. Dies machte die Marktmacht der »Sirenenserver« obsolet.«1

Erstaunt musste ich jetzt feststellen, dass meine Idee von einer kleinen smarten Firma namens MaidSafe schon in die Tat umgesetzt wurde. MaidSafe – beheimatet in der kleinen Stadt Troon in Schottland – ist angetreten um die grundlegende Architektur des Internets umzubauen.

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Von Jaron Lanier lernen, heisst Netzwerken lernen …

Jaron Lanier ist der neue Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels – was ja an sich schon ein ziemlich whack-er Titel ist. Der Autor, Musiker und Programmierer hat den Preis vermutlich für sein Buch „Who Owns The Future?“ bekommen – wobei viele es scheinbar gar nicht gelesen haben. Jaron Lanier hat in den letzten Wochen viel Lob und Verklärung eingeheimst, aber auch Kritik von linker und neoliberaler Seite geerntet. Dabei ist das Buch eher dialektisch zu lesen. Für jede von Laniers Thesen gilt irgendwie auch ihr Gegenteil, beziehungsweise können seine Lösungsansätze leicht ins Dystopische umschlagen. Was vermutlich auch der Grund für die heftigen Reaktionen aus allen politischen und weltanschaulichen Richtungen ist.

Dabei hat der Junge in Einem schon recht: Online-Dienste wie u.v.v.a. facebook, google, twitter, soundcloud, amazon, uber.com, guenstiger.de, ello.co, süddeutsche.de, redtube, bandcamp oder okcupid – die Lanier als „Sirenenserver“ bezeichnet – sind ein Phänomen, das den Grundgedanken der Netzwerkstruktur des Internets unterminiert zentralisiert – und damit den Traum vom Internet als einer rhizomatischen und dezentralisierten Informationstruktur unterminiert. „Sirenenserver“ nennt Lanier die Serverfarmen der Internetunternehmen, da sie – wie die Sirenen bei Odysseus – durchs Netz streifende User durch betörenden Gesang anlocken, um sie zu töten ihre Daten abzugreifen.

So gut wie jeder Start-Up-Unternehmer, der eine kostenlose Dienstleistung im Netz anbietet, will soviele UserInnen wie möglich auf seine Server locken. Um die so gewonnenen Daten dann meistbietend zu verschachern.

Das ist das Grundprinzip der Internetökonomie. Ausnahmen in Form von altruistischen Akteuren wie z.B. ubuweb bestätigen die Regel. Alles soll über die Server des Anbieters laufen. Wir Blogger mit unseren Themen sind nur das Futter, das vor allem die sozialen Netzwerke erst interessant macht. Wir helfen den Diensten auch noch unsere User auszuspionieren, indem wir Scripts der einschlägigen „Sirenenserver“ einbetten.

Warum tun wir das? Weil wir Aufmerksamkeit wollen. Wer ein Blog, eine Online-Zeitschrift, eine Online-Galerie oder einen Homepage eröffnet, der will mit seinen Themen und seiner Leidenschaft an die Öffentlichkeit (und manchmal auch Geld verdienen). Und die „Sirenenserver“ – allen voran google, twitter und facebook versprechen gesteigerte Aufmerksamkeit. Und es funktioniert. 81% aller vermittelten Besucher dieses Blogs kommen von den drei letztgenannten Diensten. Ich unterstelle jetzt einfach mal, dass realvinylz.net kein Einzelfall ist … Interessant wird es aber bei der Frage woher die restlichen 19% kommen:

Zum größten Teil kommt dieser Traffic von befreundeten Blogs und Websites, die ich regelmäßig lese, von denen ich mich inspirieren lasse, über die ich mich ärgere und von denen ich Inhalte verlinke. Meine eigene Relevanz, die nach meinen eigenen Präferenzen funktioniert.

Gibt es eigentlich noch die schöne Tradition des Backlinks und der Blogroll? Und sind das nicht die Tools, die es uns Content-Produzenten ermöglichen eine echtes Netzwerk zu schaffen – direkt zu den Leuten die uns interessieren und die sich für unseren Kram interessieren??? Und sind facebook, twitter und Co. nicht eigentlich lahme Krücken die nur aufgrund dieses – von uns erzeugten – Mehrwertes existieren? Der Brennstoff für die „Sirenenserver“ sind zum großen Teil unsere Blogs, Websites und Online-Archive.

Wie können wir ein Stück Autonomie zurückgewinnen und uns von der Abhängigkeit von den „Sirenenservern“ lösen? Ich hätte da eine Idee und werde die in den nächsten Wochen ausprobieren.

Ich verlinke einfach jeden Infoschnipsel den ich so konsumiere am Ende meiner Artikel. So erfahren die Autoren und Admins aus erster Hand, wer ihren Artikel gelesen, ihre Musik gehört, ihr Foto oder Video angeschaut hat. In den letzten Stunden habe ich hier gelesen, gestöbert, zugehört oder re-postet:

trotzendorff.de, maingold.com, kraftfuttermischwerk.de, aiaiai.dk, socialmediawatchblog.org, tanith.org, tinymixtapes.com, saetche.net, 4531km.eu, futurebiz.de, hardwareluxx.de, 1000zeichen.de und travelingcolors.net.

Danke Jungs und Mädels für eure Artikel. Lasst uns Banden Netzwerke bilden!