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Eric B. & Rakim – Paid In Full (Coldcut Remix)

Den damaligen Gerüchten zu Folge waren Eric B. & Rakim überhaupt nicht glücklich über den Coldcut Remix von Paid in Full, der im November 1987 die Top 20 enterte. Coldcuts Remix bediente sich schamlos an Elementen der M/A/R/R/S-Single Pump Up The Volume (das auch auf einem ein Sample von Eric B. & Rakim basiert). Der wilde Cut and Paste mit u.a. Ofra Hazas Im Nin’Alu, war den Hardcore-Rappern viel zu poppig.

Update: In diesem youtube-Video läuft ein altes beim BBC gefundenes Band, wo Coldcut die Sample-Quellen kommentieren. Sehr lehrreich!

Paid In Full (Coldcut Remix, 1987) [Vinyl]

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Skacid

Skacid ist wahrscheinlich das kurzlebigste Genre der Welt und bezeichnet einen kleinen Ausflug von Ska in die House-Music zwischen 1988-1989. Wie der beknackte Name schon sagt, ist es eine Mischung aus Ska und Acid. Geschaffen wurde der Name in dem Track Mental Ska von Longsy D, als Bezeichnung für den neuen HipHop-Reggae-Style. TR-909-Percussions, oft ein toastender MC, eine Sequenzer-Horn-Sektion und manchmal TB-303-Basslines.

Der Breakbeat wird durch einen hochgepitchten Reggae-Riddim ersetzt, beispielweise haben Double Trouble & The Rebel MC auf Just Keep Rockin‘, das Intro von Mr. Big Stuff von Jean Knight benutzt.

Rebel MC – Street Tuff „Live“
Street Tuff [Vinyl]
Rebel Music [Vinyl]

Die vermutlich einzige Skacid-Compilation ist Ska Beats 1 (sic!) auf Beechwood Music. Der aktuellste mir bekannte Skacid-Track ist Brom aka Wolfgang Voigt mit Jazz/Ska auf Kreisel 99.

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Italo Disco 2.0 – Sound Of The Season

Wenn es um die Vorausahnung von musikalischen Trends geht, habe ich mich meist süffisant grinsend zurückgelehnt und dem geharrt, was da wohl kommen werde. Entgegen dieser Gewohnheit wage ich in diesem Post einen hellseherischen Ausblick auf den musikalischen Trend im Frühling/Sommer 2009. Sollten die Vorhersagen nicht eintreffen, werde ich diesen Post selbstreden und stillschweigend löschen und alles gesagte abstreiten, aber es sollte mich doch sehr wundern, wenn wir nicht kurz vor einem Italo Disco-Relaunch stehen.

Kurz zur Begriffsbestimmung: Italo Disco ist ein Subgenre der elektronischen Musik der 80er Jahre und insofern auch ein Subphänomen des 80er-Jahre-Revivals. Zum Einsatz kamen zeitgemäße Instrumente wie Synthesizer, Keyboards und Drumcomputer – in einer vielleicht am ehesten als laff oder lasch zu bezeichenden Spielart.

Aus der Dialektik produktionsökonomischer Notwendigkeit (die Disco-Produktionen der 70er Jahre waren durch die vielen Studiomusiker extrem teuer) und der Experimentier- und Feierwut der Musiker, entstand der hedonistische, leichte, sphärische Sound mit eingängigen, leicht tanzbaren und nicht ins Extreme gehenden Beats.

In den besten Momenten erreichte Italo Disco den Glanz eines Post-Parliament-Funks (mehr Vodka-Red Bull als Ecstasy).

Durch verschwenderischen Einsatz von Popsternchen mit Samantha Fox-Stimme kam zusätzlich eine fast Punk zu nennende materialästhetische Komponente: die von vorne herein mit einer Halbwertszeit von wenigen Wochen kokettierende 12″-Single und die oft von mindertalentierten Comiczeichnern entworfenen Cover, eine Art naiver Generation-Golf-Neo-Impressionismus bzw. Surrealismus.

Anthonys Games – Silent Smiles
Anthonys Games - Silent Smiles

Peter And The Wolf – Dito
Peter And The Wolf

[via webdjsitalodisco.ch]

Der Ur-Sound findet sich auf der laut.fm-Station Italo Disco, eine Flasche Lambrusco sollte bereitstehen:


Was nun Italo Disco 2.0 angeht, dieser Sound formiert sich gerade – in einer zeitgemäßen ’stripped-to-the-bones‘ Variante – im Netz in Form von Mixen und myspace-Releases, wie z.B. der unlängst gepostete mysteriöse Mark E auf Jiscomusic, der grossartige (der Name ist Programm) mit seinen euphorisierenden Dubs und Edits längst vergessener Hits, das Label Glossy Edits und meinetwegen auch die Endorphinmachine Erobique.

Schublade auf, Style rein, viel Spaß beim Feiern!

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808 State – Pacific

Wohl einer der Meilensteine meiner musikalischen Sozialisation wurde gesetzt, als ich, beim sonntäglichen Hören der britischen Charts, Ohrenzeuge des Traumschiff-On-Acid-Klassikers Pacific von 808 State werden durfte.

Ein Roland Juno 106 gibt hier den James Last und die TR-808-Drumbox war ja sowieso entscheidend an der Nomenklatur der Band um Graham Massey, Martin Price und Gerald Simpson aka A Guy Called Gerald beteiligt.

Das Sopran-Saxophon lässt zwar zunächst nichts Gutes erahnen, aber, konterkariert mit der Asepsis von hummeliger Bassline, Regenwald-Samples und trockenem Drumpattern, pendelte sich der Track zu einem veritablen Stück elektronischer Musikkultur ein.

Pacific 202 (1989) [Vinyl]
Utd. State 90 [Vinyl]

Wie soviele ihrer Leidensgenossen mussten 808 State auch in eine Chartshow in der Graham Massey gezwungen war einen Yamaha WX7 MIDI Wind Controller zu spielen.

Kurz nach dem Hit kollaborierten 808 State mit dem britischen Weissbrot-MC Tunes, auf der LP The North At Its Heights, wobei Tunes sich alle Mühe gibt die artifiziellen Soundscapes und Prager Philharmonie-Samples von 808 State kaputtzurappen. Tanzen kann man dazu nicht, es sei dann man ist eine geklonte Riesenerbse.

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Paul Rutherford – Get Real

Einen der merkwürdigsten Side-Steps ins Genre Acid House hat wohl Paul Rutherford, Tänzer und Background-Vocalist der Gruppe Frankie Goes To Hollywood, abgeliefert.

Er war einer der beiden „geouteten“ Schwulen der Band und somit wohl an hedonistischer Dance-Musik interessiert. Durch seine Beziehung mit Holly Johnson, sowie eines der ersten öffentlich sichtbaren Nipple-Piercings und einem Herz-Tattoo am Arm, gelangte er zu gewisser Berühmtheit und einer sehr kurzen Solo-Karriere.

Aber im Gegensatz zu anderen hastig zusammengeschusterten Acid House-Mixen – von Stars wie Samantha Fox oder Paula Abdul – ist der Track Get Real von 1988 ein Burner. Phatte Acid-Bassline, rauchig-samtige Vocals, Reggae-Soundsystem-Billo-Effekte und ein knallhartes Drumpattern.

Get Real (Happy House Mix) [Vinyl]

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Krush – House Arrest

House Arrest (The Beat Is The Law) von Mark Gamble und Cassius Campbell aka Krush (oder The Hawaiian Krush), war ein Cut and Paste-Hit von 1987 und kann somit in einem Atemzug mit Beat Dis, Doctorin‘ The House und Theme From S-Express genannt werden.

Krush – House Arrest [Vinyl]

Die Bassline des Tracks stammt von einem Minimoog-Synthesizer und die weiblichen Vocals für den Chorus hat Ruth Joy beigesteuert (die jetzt mit der Detroit-Techno-Legende Kevin Saunderson verheiratet ist). Produziert wurde der Top 40-Hit von Mark Brydon, der auch Teil der Band Moloko ist.

Mark Gamble ist einer der Vorreiter des Sheffield-Dance-Sounds, zu dem später auch Altern-8 und Bizarre Inc. gehörten und der sich um das Label Network Records bildete, auf dem wiederrum auch Derrick May und Kevin Saunderson veröffentlichten. Er hat auch eingie Mixe und Edits zur Compilation The FON Mixes von The Art Of Noise, entstanden in Mark Brydons FON Studios in Sheffield, beigesteuert.


Fon Mixes Cover

FON Mixes [Vinyl]

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Code 61 – Drop The Deal

Das belgische Projekt Code 61 um Renaat Vandepapeliere, dem Gründer von R&S Records, produzierte in den 80ern einen der wenigen New Beat-Tracks die die europäischen Charts erreichten: Drop The Deal

Insgesamt eine uninspirierte Cut and Paste-Nummer, die sich in eine lange, unerfreuliche Reihe strohdummer Sample-Pop-RipOffs einreiht.

Der Code 61 Live-Gig eines New Beat-Papstes und dreier Chassidim in einer französische Chartshow, nimmt nicht nur die katholisch-jüdisch-muslimische Ökumene vorweg, sondern gehört sicherlich zu den peinlicheren Beiträgen in meiner Reihe fulminante Auftritte von DJs/Produzenten in Chartshows.

Renaat Vandepapeliere ist übrigens der ganz rechts stehende der drei Chassidim.

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Simon Harris – Bass (How Low Can You Go)

Simon Harris ist ein britischer Dancemusic-Produzent und ein Pionier der sample-basierten Breakbeat- und House-Music. Harris hat bereits mit James Brown, Prince und Fatboy Slim Norman Cook gearbeitet und hatte zwei Nummer Eins-Hits in den britischen Charts.

Als DJ aus Chigwell, Essex (UK) startete Harris seine Karriere und wurde später als Londoner Residenz-DJ in den DMC aufgenommen. Danach hat er viele britische Rapper wie Daddy Freddy oder die Demon Boyz produziert.

In dem Video zu Ragga House (feat. Daddy Freddy) [Vinyl] hat Daddy Freddy einen fulminanten Auftritt im Atze-Reebok-Jogginganzug mit Schnörres, Oldschool-Sonnenbrille und Motorola-Cellphone.

Die bekannte 12″-Serie Beats, Breaks and Scratches hat Simon Harris für DJ’s und Produzenten in zwölf Ausgaben produziert.

Cover von Beats, Breaks and Scratches

Beats, Breaks and Scratches

Sein Cut and Paste-Tune Bass (How Low Can You Go) wurde eine N°1 in den Billboard-Charts und führte zu einem der vielen unsäglichen – die Produktionsweise in ein Bandkorsett zwingenden – Auftritte von DJ’s und Produzenten bei Top Of The Pops.

Versucht man sich an einer Genealogie der Samples in Bass (How Low Can You Go), verliert man sich in selbstreferentiellen Spielchen, da viele der Samples Zitate von Zitaten von Zitaten darstellen. Die Uh—Yeah-Kiekser von Rob Base & DJ E-Z Rock haben seinerzeit jeden HipHouse- und Dance-Hit auf der 1 und der 2 1/2 begleitet und das Frauenlachen von Derrick Mays Nude Photo kann auch gottweisswoher stammen.

Natürlich ist die Catch-Phrase Bass (How Low Can You Go) unzweifelhaft ein Public Enemy-Sample von Bring The Noise und Yeah Boy ist ein durchgedrehter Yell von PEs Flavor Flav, der auch einen kleinen Gastauftritt in dem Video hat.

Das m.W. von einem Bob Marley-Track stammende Riddim A Full Of Culture Y’all wird ständig von allen mögliche Produzenten wie z.B. Rebel MC als Verweis auf Riddim „als Basis der Afro-Amerikanischen Transzendenz“ benutzt.
Bass (How Low Can You Go) (UK Import)
Bass (Bomb the House Mix) [Vinyl]

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Coldcut – Doctorin‘ The House

Seit Grandmaster Flash 1981 die Adventures of Grandmaster Flash on the Wheels of Steel auf die nichtsahnende Welt losgelassen hat, war klar, dass die Cut and Paste-Methode der HipHop-Collagen die kulturelle Novität des Jahrzehnts darstellte. Mit Ausnahme von Double Dee & Steinski und Avantgarde-Prankstern wie Negativland oder Stock, Hausen and Walkman, hat niemand dem Mix’n’Scratch-Style von Hip-Hop nachhaltiger aus dem selbstgewählten Ghetto befreit als Coldcut.

Matt Black und Jonathan Moore von Coldcut haben in den späten 80ern auf dem Album What’s That Noise? mit Musikern wie Yazz, Lisa Stansfield, Eric B. & Rakim, Junior Reid und sogar Mark E. Smith von The Fall gearbeitet, bevor sie den Ninja-Tune-Sound – weniger als Musiker, denn als „Chefphilosophen“ – entscheidend mitprägten. Mit ihrem konturlosen Album „Sound Mirrors“ und ihrer dämlichen Camouflage als musikalische Vorreiter der Weltrevolution, haben sie sich für mich unrettbar blamiert, als sie die Instrumental-Version von „Walk A Mile In My Shoes“ an den Handyprovider O2 verkauft haben.

Mit „Doctorin‘ The House“ haben sie allerdings einen der ganz grossen Sample-Pop-Hits abgeliefert und die merkwürdige und zukunftsweisende Kollaboration mit Mark E. Smith ist auch sehr hörenswert…

Coldcut – What’s That Noise?
What’s That Noise? [Vinyl]