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Auch wenn heute ganz Deutschland am Rad dreht mit der Einheitsjubiläumsfeierei, so sind die Temperaturen und das Wetter herbstlich-depressiv. Da hilft nur ein Mix der diese Stimmung aufgreift und der ganzen Kälte eine warme Melancholie entgegenhält. audites ‚Hypnotic Winter‘ ist so einer von diesen und während seine sonstigen Sets eher typischer DnB oder Dubstep sind, gelingt ihm hier etwas abseits und innovativ der neue Sound im souligen Gewand und mit langsameren Breakbeats. Ein filmmusikalisch gewordener Traum der Dubstep und DnB versöhnt, die Tradition des Hardcore-Kontinuum beibehält und auch dieses Gefühl – nachdem sich auch Burial immer sehnt – des tiefen Empfindens aufzugreifen. Schön und voller Überraschungen.

[audio:http://www.digitalgewitter.de/podcasts/%5Bdg-cast012%5D_audite_-_hypnotic_winter.mp3]
audite – Hypnotic Winter
[via digitalgewitter.de]

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Feature: Lynx & Kemo

Drum and Bass in Moll

Bastian Thüne in De:Bug 132

Tot ist Drum and Bass noch lange nicht, auch wenn es die letzten Jahre stark danach aussah und viele schon vom Ende redeten. Doch mit The Raw Truth, dem Debut von Steve Lynx und Jimmy Blitz (aka MC Kemo), erscheint mit fast einjähriger Verspätung der passende Soundtrack zur Krise dieser Tage. Düster und melancholisch in der Stimmung, minimal und reduziert im Sound, dürfte das Album für einige der nötige Arschtritt sein, ihr (Drum-and-Bass-)Weltbild neu zu ordnen.

Lynx bringt seine Beats genau auf den Punkt, schafft Raum und ausreichend Platz für Kemos – manchmal beschwörend wirkenden – Sprechgesang. Selbst bei dem souligen Gänsehaut-Stück ‚All You Own feat. Spoonface‘ halten sich die Streicher angenehm zurück. Aber beide sind ‚Ultraperfektionisten‘, die mit dem Ziel antreten, ein Album herauszubringen, das der Hörer ‚vom Gefühl und der Langlebigkeit her‘ zwischen Massive Attack, Burial und dem Wu Tang Clan in seiner Sammlung einordnet. Deswegen auch die Verspätung. Ihr Labelchef Marcus Intalex war von Lynx & Kemo jedenfalls so begeistert, dass er sie bereits nach der zweiten Maxi um ein Album bat. Ob das die Wende ist?

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Debug: Euer Album ist nicht nur eklektisch, sondern es klingt auch sehr reduziert. Für Drum and Bass eher ungewöhnlich.

Kemo: Gott sei Dank geht es wieder dahin. Es ist eine kleine Revolution, eine Wiedergeburt hin zum ursprünglichen Sound. Seit ungefähr sechs Jahren wurde alles immer schneller, härter und voller. Seitdem Lynx vor gut drei Jahren angefangen hat, in einem eher minimalen, deeperen Stil zu produzieren, gibt es andere, die in diese Richtung gehen. Mittlerweile geht das quer durch die Bank. Sogar DJs wie Andy C oder Hype, die dafür bekannt sind, einen schnellen, harten und vollen Sound aufzulegen, spielen inzwischen minimalere Sachen.

Debug: Der Krisenstimmung, die zurzeit in der Gesellschaft herrscht, kannst du zumindest im Drum and Bass also nichts abgewinnen?

Kemo: Drum and Bass stagnierte lang. Statt Lieder produzierten alle nur funktionale DJ-Tools und hatten Angst zu experimentieren. Doch die letzten zwei, drei Jahre gab es einen Aufschwung. Insofern hat der dunkle Zeitgeist unsere Musik positiv geprägt. Es gibt viele politische Tracks und deepere Sounds. Deshalb habe ich das eben auch als kleine Revolution bezeichnet. Wenn es diese Revolution auch in der Gesellschaft gäbe, würde unsere Zukunft wesentlich besser aussehen.

Debug: Nun ist ja eure Musik recht düster. Entspricht das auch eurer Persönlichkeit?

Kemo: Ich bin melancholisch und düster …, aber wie definiert man einen düsteren Menschen?

Debug: Eher ängstlich sein, Dinge negativ sehen …

Kemo: Das passt schon bei uns beiden. Wir bemühen uns, stets positiv und ausgeglichen zu sein. Aber auch nur, weil ich vor ein paar Jahren arge Probleme mit Angststörungen hatte. Gott sei Dank konnte ich mich voll darauf konzentrieren. Ich habe ungefähr sechs oder neun Monate nichts gemacht, also nicht gearbeitet, kaum rausgegangen. Seitdem mache ich es mir zur Lebensaufgabe, mich möglichst viel mit der seelischen oder spirituellen Welt zu beschäftigen. Bei mir im Haus leben zwei neugeborene Christen. Das ist zwar nicht mein Weg, aber ich respektiere das. Mich zieht es eher zum Thaoismus und Zen-Buddhismus. Ich lerne Wege, meine Gedanken zu kontrollieren und auch die Thematiken, mit denen ich mich beschäftige. Ich liebe düstere Sachen wie David Lynchs Filme oder düstere Serien und Bücher. Allerdings beschäftige ich mich nicht mehr zu viel damit.

Lynx & Kemo – The Raw Truth ist auf Soul:r erschienen

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Burial – Autoren-Dubstep

2006 hat ein mysteriöser Produzent namens Burial auf Kode 9’s Label Hyperdub ein eigenbetiteltes Killer-Album veröffentlicht. Burial vereint die somnambulen Synkopen von UK Garage, das gecrackle von Clicks n‘ Cuts, und subsonisch grummelnde Bassmonster zu einer einzigartigen Form von Autoren-Dubstep. Er lotet die Grenzen des Genres, durch eine dichte William Gibsoneske Soundästhetik, die Bilder einer futuristischen Techno-Metropole wie die paranoid-eingeschlossene Atmosphäre von Blade Runner heraufbeschwört, neu aus.

Blade Runner – Final Cut Special Edition (2 DVDs)

Burials schmuddelige Dubstep-Variante, sein körperloser Soul, ist die musikalische Entsprechung des Cityspeak in einem ethnisch und religiös gemischten Slum in einem London des späten 21ten Jahrhunderts.

Aufgrund der Basic Channel-Verwandheit des Namens vermuteten viele Kritiker, dass das Umfeld des Berliner Minimal-Tech-Dub Labels hinter Burial steckt. Doch, soviel ist bekannt, Burial kommt aus Südlondon und sein Debütalbum wird mittlerweile in einem Atemzug mit Boards Of Canada’s Music Has The Right To Children genannt.

Die SciFi-Mystik und Darkness der Tracks, erzeugt durch die prasselnde Statik von Piraten-Radiosendern und pulsierenden Echokammern, beschreibt Burial selbst als “when you come out of a club and there’s that echo in your head of the music you just heard“. Die Liebe zur Bearbeitung von Drums, der unterirdische Blues von Distant Lights und die Offstep-Organ Stabs von Wounder machen aus dem Album einen hypermodernen Klassiker eines hypermodernen Genres.


Burial Albumcover

Burial – Burial [CD]
Burial [Vinyl]

Auf dem neuen Album Untrue nähert sich Burial wieder dem eigentlichen Geburtsort des Dubsteps, dem Dancefloor, an. Und wer einmal Endorphin gehört hat, weiss was Burial meint, wenn er von Echos der Clubnacht spricht: Die amphetamingeschwängerte Euphorie des Happy-Hardcore-Sirenengesangs wird erst in der Echokammer von Burial zum alltäglichen Begleiter in deinen Headphones.

Burial – Untrue CD
Untrue [Vinyl]
Dubstep / Grime Releases