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Over The Horizon Radar – Cakedog / Egokind & Ozean / Ssaliva

Kaum war Aphex Twins SYRO von der Bildfläche verschwunden, beanspruchten im Oktober schon Flying Lotus und Caribou die volle Aufmerksamkeit eines Großteils der elektronischen Musikszene. Sicherlich nicht ganz ungerechtfertigt, doch es ist immer schade um diejenigen Qualitäts-Releases, die bei solcher Konkurrenz medial den Kürzeren ziehen … Grund genug das Over The Horizon Radar anzuschmeissen:

Letzten Monat war da zum Beispiel Cakedog aka Leland Jackson. Der ist vorher bereits als Ahnnu mit jazzigen Sample-Kompositionen auf Kassette unter dem Radar geflogen. Als Cakedog hat er Mitte des Monats mit „Menace In The Phantom“ einen Tribut an das Footwork-Genre im Allgemeinen und den verstorbenen Rashad im Speziellen abgeliefert. Dass er dem Genre gerne seinen eigenen Dreh verpasst, hat er bereits im September letzten Jahres in einem äußerst entspannten BoilerRoom-Set gezeigt.

Auf „Menace In The Phantom“ gibt’s entschleunigten Footwork aufs Ohr, der mit nicht viel mehr als der klassischen Snare-Kickdrum-Kombo, flächigen Synthies und den obligatorisch zerhackten Vocal-Samples auskommt. Die Tracks sind minimalistisch, geben aber dieselben dystopischen, amorphen Vibes ab, wie es die vergleichsweise hektischen Produktionen von Rashad und Co tun. Das Album gibt es glücklicherweise nicht nur auf Tape sondern auch Digital.

Eine kleine Überraschung stammt tatsächlich aus deutscher Feder, was zumindest die Ignoranz jenseits der .de-Domains erklärt. Mit „Transition“ haben die zwei Berliner Egokind & Ozean eine schöne Platte im Chillwave- und House-Dunst veröffentlicht, die genau so auch fast von Gold Panda hätte kommen können, wäre da nicht ein noch stärkerer Fokus auf Klimper-Sounds, Glitch und rauschende Filter-Effekte.

Schön ist auch, dass sich das Duo nicht in irgendwelchen sommerlichen aber ansonsten langweiligen Sonntagsstimmungen ergibt, wie es viele hiesige House-Produzenten tun. Stattdessen ist auf „Transitions“ ein schöner Wechsel aus Entschleunigung und Tempotracks vertreten, der zwar stets warm und sonnig, aber selten kitschig klingt.

Ssaliva ist eigentlich niemand Unbekanntes mehr. Umso mehr verwundert es, dass der neue Release des Belgiers weitestgehend ignoriert wurde. Dabei kann „Pantani“ getrost als eine der besseren diesjährigen Veröffentlichungen im Lo-Fi-Bereich angesehen werden. Als bester Ssaliva-Release bisher sowieso. „Pantani“ ist auf schöne Weise verspielt und melancholisch zugleich und findet immer eine gute Balance aus klarem Geklimper und flächigen Bässen darunter. Dabei scheint Ssaliva auch viel Gefallen an Panning gefunden zu haben. Auf vielen Tracks wandert der Sound regelrecht von einem aufs andere Ohr.

Das Album ist dabei durchweg sphärisch, plätschert aber nie öde vor dem Hörer her. 35 Minuten Spielzeit scheinen dabei auch die perfekte Länge für ein Album in diesem Stil zu sein: kurzweilig, aber nie zu kurz. Das passt auch fast auf die Seite einer Kassette (je nach Format) in der das Album nebst digitaler Version vertrieben wird.