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10 Best Albums of 2014 – Dorian Concept – Joined Ends

Ende November begann ich so langsam in Jahresendlisten zu stöbern und meinen Blog (der ja vornehmlich als mein öffentliches Musikarchiv dient) nach den Alben des Jahres zu durchsuchen. Bei den zehn Alben für 2014, die ich hier vorstelle, habe ich mich schlußendlich gegen eine Nummerierung entschlossen, da die ohnehin Quatsch ist. Manche Alben mag ich nach zwei Monaten nicht mehr, andere gewinnen weiterhin an Relevanz und wieder andere (die hier gar nicht auftauchen) entdecke ich dann in zwei Jahren und feiere sie als Klassiker. Bei einem Album war mir allerdings schon im Oktober klar, dass es groß war: Joined Ends von Dorian Concept. Umso erstaunlicher, dass ich es bisher in keiner Jahresendliste gefunden habe …

Der gerade mal 30jährige Wiener Oliver Thomas Johnson war schon 2009 mit seinem Album When Planets Explode in meinen Jahrescharts und hat sich seitdem konstant weiterentwickelt. Dem Debütalbum waren noch klar die damaligen Einflüssen des Glitch-Hop/Wonky/BrokenBeats-Sounds anzumerken (nachzuhören in dem grandiosen Mix Crispy Juice von Kelpe). Dazu improvisierte Johnsons munter auf dem microKORG, dessen gequetschter Sound mit den verzerrten Obertönen auch weiterhin sein Markenzeichen bleibt – wenn auch deutlich zurückgenommener.

Joined Ends klingt reifer, ideenreicher und zeitloser als When Planets Explode. Das Beatprogramming ist gleichzeitig vertrackter und transparenter geworden, es mäandern gepitchte Enya-artige Chorgesänge durch die Tracks und mehr als einmal mutiert ein Track nach dem Break in ein anderes Genre oder einen anderen Rhythmus.
Ann River, Mn beispielsweise ist ein deeper Track, der konstant die Intensität steigert, auf ein furioses Finale hinläuft und dann einfach aufhört. Dorian Concept weiß, wie man mit den Erwartungen der Hörer spielt und diese subvertiert, ohne in l’art pour l’art- Experimente abzudriften.

Wer Flying Lotus und Hudson Mohawke mag, wird an diesem Album seine Freude haben. Für mich das Electronica-Album des Jahres 2014.

Joined Ends [Vinyl & Download]

„With layers upon layers of breathtaking chords, weighty bass lines and hypnotic synth phrases – the album sits somewhere between a floating lucid dream and a deep trip into a synaesthetic wonderland.“

Die Vorfreude auf das neue Album Joined Ends von Dorian Concept – dass am 20.10. erscheinen soll – steigt mit diesen beiden Pre-Releases definitiv.

Preorder Joined Ends (Vinyl+mp3)

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Subliminal Kid’s Selection of the 9 Best Records in 2009

Es ist bald Weihnachten (Oh mein Gott, wirklich?) und die Jahresendpolls schießen wie Pilze aus dem Boden. Freitag habe ich mich – nach Aufforderung durch BTH – daran gemacht die zehn besten Alben des Jahre 2009 zusammen zu stellen. Erstaunlicherweise sprudelten mir neun Alben nur so auf die Tastatur, nur beim Letzten bin ich gescheitert. Ich habe vielleicht einiges vergessen oder übersehen, aber so far gibt es lediglich eine Top 9, die folgendermaßen aussieht:

Martyn – Great Lengths
Bibio – Ambivalence Avenue
Lusine – A Certain Distance
Hudson Mohawke – Butter
Kettel – Myam James Part II
Various Arists – Warp20 Recreated
Major Lazer – Guns Don’t Kill People… Lazers Do
Kona Triangle – Sing a New Sapling into Existence
Dorian Concept – When Planets Explode

Der gemeinsame Nenner fast aller Veröffentlichungen ist ein fast schon avantgardistisches Verständnis von Beats und Grooves, eine reflektiert postmoderne Produktionsweise, die einen Vektor von Prefuse 73, J Dilla, Madlib, Flying Lotus, Dabrye u.ä. ins neue Jahrzehnt projiziert.

Die Struktur des Songs bzw. des Tracks wird aufgebrochen, zerfasert und zu einem neuen Klangteppich verwoben, ohne den Produktionsprozess stolz als Gimmick auszustellen. In vielen Tracks meint man zwischen all den Glitches noch die Lagerfeuergitarre, das Klavier oder den R’n’B-Song zu hören, die schemenhaft unter der Patina des alten Jahrtausend erkennbar sind. 2009 war ein grossartiges Jahr, die Musik ist endlich im 21. Jahrhundert angekommen, wie mein wilder 30 Minuten Cut-Up der schönsten Momente aller neun Alben beweist:

Subliminal_Kid's Selection 2009 by Subliminal_Kid on Mixcloud

Eine Zusammenstellung der Platten die mir in 2009 wichtig waren ist idealerweise für andere Menschen (nicht notwendigerweise Lesern dieses Blogs) unverständlich. In vielen Jahrzehntcharts habe ich zum Beispiel The Strokes – This Is It gesehen, da scheint es eine Art Konsens zu geben, der aber m.E. nicht den Sinn persönlicher Charts ausmacht.

Ist es nicht eher so wie in Marcel Prousts ‚Auf der Suche nach der verlorenen Zeit‘, wo auf 3.500 Seiten bewiesen wird, dass jeder Mensch ein einzigartiges Universum mit sich herumträgt welches sich im Augenblick der Wahrnehmung (oder der Erinnerung) konstituiert?

Und wäre da die Platzierung von This Is It nicht in etwa so unpassend wie den Fall der Berliner Mauer in einem Liebesbrief zu erwähnen? Naja, zumindest sichert man sich die zustimmenden Posts im Kommentarfeld mit so einer Selection. Wenn jemand meine Auswahl trotzdem nachvollziehbar findet, darf er/sie das natürlich gerne mitteilen. Momentan arbeite ich übrigens an einer Top 10 für das gesamte Jahrzehnt, die sich als ständig mäandernde Liste herausstellt und zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich zu mixen sein dürfte …

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In The Mix: Kelpe – Crispy Juice

Manchmal – eher selten – geschieht es, dass man in einer Bar, einem Plattenladen, einem Club, einen Track hört, der so geil ist, dass man sich – allen Hemmungen zum Trotz – selber dabei beobachtet wie man zum Plattenhändler respektive der Bardame rennt und sich nach dem Urheber des Glücksgefühls erkundigt. Ich habe dies in voller Intensität zweimal erlebt, einmal im Groove Attack in Köln, als ich gerade mit einem Freund auf der Couch gechillt habe und einmal in der Berliner Bar Haliflor in Mitte. Einmal war es der Aphex Twin Remix von DMX Crew’s You Can’t Hide Your Love und das andere Mal Kelpe’s Album Sea Inside Body.

Das ich, angeschubst durch die Musik, auch noch eine interessante Frau kennengelernt habe, ist eine andere Geschichte, die Tatsache itself aber ein Indiz dafür, dass bei mir (und anderen) das Interesse an Menschen dem an der Musik untergeordnet ist. Wie sonst sind solipsistischen Headphone-Nerds in der U-Bahn zu erklären, die mit entrücktem Blick zu einem für andere unhörbaren Beat rocken, in diesem Fall eben dem von Kelpes göttlichem Mix Crispy Juice, der das Release seines neuen Albums Cambio Wechsel flankiert, welches am Montag erscheinen soll.

Der Mix beginnt mit einer Dabryeesken BrokenBeats-Etüde von den Heralds of Change, die im einzigen Vocal-Scratch gleich Rob Base UND Busta Rhymes featuren und ein wenig meine Instrumental-HipHop-Müdigkeit herausforderten. Doch diese zum Herbstwetter passenden Gedanken werden sogleich von einem strammen Rockbeat hinweggefegt, der ausgerechnet vom – zuweilen anstrengenden – Koushik of Stones-Throw-Fame stammt. Beep 06 heisst das Stück und leitet übergleitend in Bibios S’Vive eine 50minütige Mixorgie mit Cutting-Edge-Glitch-Hop ein.

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Kelpe scheint mein favorisiertes Musikgenre über Jahre beobachtet zu haben und liefert eine (fast) perfekte Komposition aus mir größtenteils unbekannten Artists, die aber alle so klingen, als würde Flying Lotus für den persönlichen Geschmack Auftragsbeats produzieren.

Mal treffen TangerineDreameske Synthesizerfragmente auf hinterherstolpernde Beats die nur eine Millisekunde von totaler Kakophonie entfernt sind (Kona Triangle), mal erklingen selbstverliebte Orgel-Herzwärmer aus Wien (Dorian Concept) oder Visual Kei Ambient (Teebs). Ein Mix der Menschen glücklich macht, mich zumindest, für Tage, für Wochen und die Playlist lohnt intensives Googeln…