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Kode 9 vs LD – Bad [Hyperdub]

Es ist soweit, ich habe ihn zum ersten Mal gelesen und nun gibt es kein Zurück mehr. Nicht, daß ich irgendwie damit gerechnet habe dass der Begriff je auftauchen würde, doch jetzt ist er da und zwar im Warpmart-Newsletter: Post-Dubstep.

Das Präfix Post-, oft benutzt und oftmals in ungeklärtem Gebrauch, bezeichnet in der Musik einen Hybridbereich innerhalb eines Genres, also in diesem Fall Dubstep, in dem versucht wird, dieses in seiner herkömmlichen Form zu überwinden.

Fragt sich, warum ausgerechnet Dubstep überwunden werden muss und ausgerechnet Hyperdub’s Kode 9 dies getan haben soll. Auf der 12″ Bad wendet er einen entschlackten Uptempo-Dubstep-Beat auf darken Detroit-Techno an und es entstehen zwei durch den Dubwolf gedrehte Housetrax.

Eigentlich nur der Beweis für die enorme Integrations- und Wandlungsfähigkeit von Dubstep, aber wenn diese in den Köpfen der Kritiker ge-postet werden muss, dann nur zu: This is pure futuristic club music that’s arrived way ahead of its time.

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Diggin‘ The Crates: Primal Scream – Screamadelica

Just what is it that you want to do? We wanna be free / We wanna be free to do what we wanna do /
And we wanna get loaded / And we wanna have a good time / That’s what we’re gonna do / No way baby lets go / We’re gonna have a good time – We’re gonna have a party
The Wild Angels

Primal Scream sind mir als allererstes in der Provinzdisco meiner Jugend – dem Doch Du in Bocholt – begegnet:

Andrew Weatherall aka Sabres Of Paradise aka Two Lone Swordsmen bearbeitete den Primal Scream Song I’m Losing More Than I’ll Ever Have mit einem Heavy Bass Groove, dem zentralen Sample aus Peter Fondas B-Movie The Wild Angels und einem Drumloop, den er aus dem Soul II Soul-Bootleg von Edie Brickell’s What I Am geklaut hatte.

Das Ergebnis war der Dub-Breakbeat-Rave-Indiepop-Hit Loaded, der die Tanzflächen der Provinz-Oberprimaner auf einen Groove einschwörte.

Soul II Soul hatten den Beat ihrerseits natürlich nicht selbstgebastelt, sondern aus dem Song The Jam von Graham Central Station ab Minute 5:11 gesamplet und phatt editiert. So bleibt offen, woher Weatherall den Beat nun wirklich hatte…

Primal Scream, die Formation um den postmodernen Rockposer Bobby Gillespie, brachten auf dem – von Weatherall produzierten – Album Screamadelica zusammen, was nicht zusammen gehörte: Rock und Psychedelic aus den 60er und 70er, Heavy Dub Bässe, unglaublich langsame Breakbeats, Heroin, Pet Sounds, David Bowie und die Ecstasy-Euphorie der frühen Madchester-Tage. Das Ergebnis: Peace, Love and Happiness

Screamadelica Cover

Screamadelica markierte einen Wendepunkt in der Geschichte moderner Tanzmusiken, indem es der piefigen Indierock-Sackgasse eine offene Schnittstelle, an die faszinierenden Soundwelten von Reggae, Dub, Electronica, Hip Hop und Urban Soul, lieferte und damit musikalische Optionen schuf, die bis heute auf den Dancefloors dieser Welt nachhallen.

Primal Scream haben übrigens gerade ihr neuntes Album Beautiful Future rausgebracht, mit „Poserrock und Angebermucke der sympathischen Sorte“ (Spex 9/10 2008).

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jahtari.org – 8Bit Dub

Was hat ein C64 mit Dub zu tun?

Für Follower der wahren Lehre von King Tubby, Scientist oder Lee ‚Scratch‘ Perry wahrscheinlich gar nichts, bis auf eine zufällige chronologische Überschneidung der Entwicklungsperiode. Wer aber – wie ich – das Wort Dub zum ersten Mal auf einer 88er Acid-12″ gelesen hat und eine minimalistische und roughe Dekonstruktion der klassischen Vers/Refrain-Struktur damit verbindet, dem leuchtet vermutlich die materialästhetische Verwandtschaft eher ein.

Die Struktur eines Dub-Tracks basiert auf dem Minimalismus von Riddim, Bass und Sound und ein ähnlich reduziertes Setup stand auch den C64-Soundchip-Pionieren und 4-Spur-Trackerprogrammen auf Atari 1040 ST und Amiga 500 zur Verfügung. Was läge da näher als die programmatische Rezeptur von Dub (die im klassischen Sinne Deepness erzeugt) mit den technischen Grenzen von digitaler Musikproduktion im 8bit-Zeitalter zu kreuzen?

Das Leipziger Digital Laptop Reggae-Label jahtari.org definiert das selbstentwickelte Genre folgendermaßen: DLR ist strikt Riddim-basiert, wird mit nichts als einem Laptop produziert und ist folglich 100% digital. Laut jahtari.org-Vordenker disrupt ist die ständige Spannung und Unvorhersagbarkeit von Dub das konstitutive Element.

disrupt, der vom Digital Hardcore und Drum n‘ Bass kommt, hat mit seiner Net-EP A Fistful Of Dub auf phonocake.org der Legende nach den Digital Laptop Reggae sogar erfunden.

Auf dem LoFi-Stück Argument zeigt disrupt, was mit dem Subgenre Dub Chiptunez gemeint sein könnte, wenn er einen deepen, dubby Riddim auf C64-Soundchip-Bleeps treffen lässt und damit die Schnittstelle zwischen 8Bit und Dub definiert oder eben den klassischen Reggae in die digitale Kultur überführt.

[audio:http://www.archive.org/download/phoke24/phoke24-_-03-_-disrupt-_-argument.mp3]
disrupt – Argument

A fistful of dub

Download A Fistful Of Dub

Nun mag der aufmerksame Leser einwenden, dass in der modernen Laptop-Welt von technologischen Grenzen keine Rede mehr sein kann, doch wird bei der Produktion von Digital Laptop Reggae – trotz oder gerade wegen Ableton Live – Reduktion und emulierter 8Bit-Sound großgeschrieben. So haben zum Beispiel Bo Marley, Volfoniq und disrupt auf der EP Jam’in Sauce einen grossartigen Impro-Jam in Montpellier mit lediglich einem Roland SH-1, eiem alten Korg Organ, einem Boss Dr. Rhythm, zwei Laptops und ein paar Controllern hingelegt.

Download Jam’in Sauce

Ein tolles Netaudio-Mixtape mit Digital Laptop Reggae hat das Kraftfuttermischwerk im letzten Jahr herausgebracht und die scheinen von jahtari.org ähnlich begeistert zu sein wie ich:

[audio:http://www.kraftfuttermischwerk.de/mixtapes/drei/das_kfmw_%20-_%20netaudio_mixtape3_-_digital_laptop_reggae.mp3]
Netaudio-Mixtape III – Digital Laptop Reggae
[via kraftfuttermischwerk]

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Dntel – (This Is) The Dream Of Evan and Chan / Umbrella

Es gibt Tracks –Nein!– Songs, die einen ein Leben lang begleiten. Sie sind wie der erste Kuss im Sommergewitterregen unter der Eisenbahnbrücke oder die aus Liebeskummer durchsoffene Nacht, die verzweifelt im Sonnenschein auf dem Vorplatz des Düsseldorfer Hauptbahnhofes endet.

(This Is) The Dream Of Evan and Chan, von Jimmy Tamborello aka Dntel und Ben Gibbard – Gründer von Death Cab For Cutie – zusammen als The Postal Service, ist so ein Song.

Aus weißem Rauschen und verzerrten Drones schält sich langsam eine warme Synthesizer-Fläche und eröffnet einen Dubby Indietronics Love-Song. Dabei bleibt der Track über voller Länge in der Ästhetik, die ich an anderer Stelle schonmal HarddiscSampleGlitch-Experimentaltrash genannt habe und erinnert mich an eine noch zu schreibende musiktheoretische Abhandlung über die Frage, warum ein genialer Popsong wie beispielsweise There’s A Light That Never Goes Out von The Smiths gerade in der Reduktion bzw. Destruktion (Schneider TM versus KPT.Michi.Gan mit The Light 3000), eine noch höhere Ebene der Perfektion erreicht.

High Definition Clip

(This Is) The Dream of Evan and Chan [Vinyl]

Um es mit Mary-Ann Hobbs zu formulieren: This Massive Track Will ABSOLUTELY Blow Your Mind!

Auf dem Dntel-Album Life Is Full of Possibilities finden sich weitere „absolutely wicked“ Tracks/Songs wie Umbrella mit Vokalist Chris Gunst oder Anywhere Anyone mit Mia Doi Todd.

Neues Album von Dntel: Dumb Luck
Dumb Luck [Vinyl]

The Postal Service-Album: Give Up
Give Up+B-Sides [Vinyl]

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JaHrlatan – Chemical Dub 2.0

Der Berliner Chemical Dub-Produzent JaHrlatan hält seine Identität, in guter alter alter ‚Mad‘ Mike Banks-Tradition, sehr bedeckt. Bis auf die oligatorische myspace-Seite findet sich erstmal nix über ihn im Netz.

JaHrlatan

So bliebt mir nichts anderes übrig als mich ganz auf das musikalische Oeuvre zu konzentrieren. Die Tracks von JaHrlatan sind feinster Chemical Dub im Sinne Jammin‘ Unit. Während sich nämlich viele Dubstep-Produzenten-Kollegen auf somnambulische Halfstep-Beats und Wobbly Basslines mit Reggae- und Dub-Samples beschränken, fühlt man bei JaHrlatan die magische Essenz des Dubs.

In den Tracks blitzen die Billo-Reggae-Soundsystem-Effekt-Orgien des London Carnival und die hypnotischen Basslinien der Pioniere des digitalen Dubs wie z.B. Renegade Soundwave – auf Valium und tief vergraben im MacBook-DSP-Mix – aus der Vergangenheit herauf.

Der Drone-geschwängerte Track Sunless Island mit seinen C64-SID-Snares ist die perfekte Antithese des Niceness-Overflows im zeitgenössischen Reggae und sMile mit seinem verschrobenen Shuffel-Rhythmus aus asthmatischen Kastagnetten oder die plötzlich sich aufbäumende No-U-Turn-Bassline in EOS Didn’t Come machen Lust auf ein komplettes Album oder zumindest eine baldige 12″.

Stay Tuned!

Dubstep / Grime Releases

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Techno in Köln – Eine Zustandsbeschreibung

Köln wird gemeinhin als eines der Epizentren von Minimal-Techno in Deutschland bezeichnet, gerade auch wegen des hier ansässigen Kompakt-Plattenladen/Label/Vertrieb, auch wenn seit Jahren nur wenige Parties in Köln tatsächlich hauptsächlich mit Cologne-Minimal-Techno oder Dub-Techno beschallt werden. Tech-House und Electro-House machen hier sicherlich den Löwenanteil aus.

Ein Besuch im Kompakt-Plattenladen bringt schnell schon etwas Licht ins Dunkel. Minimal-Techno und Dub-Techno sind hier auf breiter Front vertreten, aber bei etwas härterem Techno und Electro-House hört der Spaß schnell auf: Nachfragen hinsichtlich der Möglichkeit Platten zu bestellen werden in der Regel mit der Bemerkung, diese seien zu schnell vergriffen und wenn nicht dann eben zu alt gewesen – ohne einen Blick in den Computer zu werfen – abgeschmettert. Das Interesse des Kompakt-Plattenladens einen hohen Umsatz zu machen, kollidiert hier wohl mit dem Interesse des Kompakt-Vertriebs in Köln, als Homebase DJs mit einem möglichst homogenen Sound (natürlich aus dem eigenen Vertrieb) zu versorgen.

Der zuletzt mangelnde Erfolg der Total Confusion-Parties zeigt einerseits wie tief der Graben zwischen Partypublikum und den altehrwürdigen Kompakt-Protagonisten ist, macht aber auch Hoffnung für eine Öffnung des Partygeistes hin zu einer Art von Techno, die Ärsche rockt und nicht als Hintergrundmusik für loungige Stehempfänge dient bzw. aus Parties erst Stehempfänge macht.

Warum plärre ich überhaupt so viel rum von Kompakt? Ganz einfach: Schon die Liquid Sky Crew hat für meine Begriffe recht eindrucksvoll bewiesen, wohin Monopolismus im Musikbereich führt. Nachdem die Liquid Sky Crew sich selbst durch Misswirtschaft und ausschweifenden Lebenswandel in den Ruin getrieben hatte, klaffte in der elektronischen Szene in Köln ein riesiges schwarzes Loch, dass nur langsam wieder von nachwachsenden Talenten gestopft werden konnte, denn zu Zeiten von Liquid Sky sahen sich andere Veranstalter einer fast übermächtigen Konkurrenz gegenüber, die u.a. von der Kulturförderung der Stadt Köln profitierte, welche wiederum seit dem unrühmlichen Abgang der Liquid Sky Crew deutlich vorsichtiger bei der Förderung junger aufstrebender Talente geworden ist.

Was also passiert wenn Kompakt eines Tages den Entschluss fasst, dass Köln ja irgendwie zu provinziell und zu langweilig sei für einen weltweit erfolgreichen Vertrieb und nach Berlin zieht? Dann können DJs ihre Platten im Saturn unter der Treppe im Jazzkeller vorhören oder bestellen – wie ich – eigentlich nur noch über das Internet. Gerade vor diesem Hintergrund bereitet es mir Sorge, dass Kompakt seine Bemühungen, in der Partyszene wieder eine maßgebende Rolle zu spielen, in letzter Zeit wieder zu intensivieren scheint.

Wie konnte der Begriff Minimal-Techno überhaupt nur so pervertiert werden? Vor zehn Jahren dachte man bei Minimal noch an einfach strukturierte Tracks, die zwar minimal instrumentiert waren, jedoch nicht minimal von der Wirkung her. Einige uralte Tracks haben heute noch das Potenzial, dir das Hirn aus den Ohren zu saugen. Minimal war zwar für mich immer eher Kopf- als Arschwackelmusik, gekennzeichnet durch eine trippige, fast psychedelische Wirkung, ohne vordergründige Effekte zu nutzen (im Gegensatz zu z.B. Goa der frühen Tage), aber keinesfalls war Minimal langweilig, kraftlos, uninspiriert oder innovationslos, was aktuell leider viel zu oft der Fall ist.

Zu viele Produzenten (besonders in Köln) fühlen sich als Kunstschaffende und wollen mit ihrem Sound Botschaften rüberbringen, die Partygänger nur selten interessieren, weil die in erster Linie feiern und Spass haben wollen. Funktionalität und Genialität schliessen sich aber keineswegs gegenseitig aus.

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Prosumer & Murat Tepeli – Deep Analogue House

Der aus dem Saarbrücker Hardwax-Umfeld stammende Achim Brandenburg aka Prosumer ist ein wahrer Experte im klassischen Chicago House und Detroit Techno. Soulful House Music mit rohen Maschinenbeats und analoger Wärme, die er als Resident-DJ in der Panorama Bar, sowie im Watergate und im Weekend erklingen lässt.

Die Figur des Prosumer ist Alvin Toffler’s Sci-Fi-Studie The Third Wave entlehnt. Toffler sagte vorraus, das die Rollen von Produzenten und Konsumenten verblassen und zusammenwachsen würden, da die Massenproduktion von Standardgütern die Konsumenten übersättigen werde. Der Prosumer müsse dann Teil des Produktionsprozesses werden, um neue hochspezialisierte und bedarfsgerechte Produkte zu designen.

Dies macht Prosumer, in Form von Musik, zusammen mit seinem Freund und Kollegen Murat Tepeli, neuerdings auf dem Berliner Label Ostgut Ton. Die beiden vereint eine Liebe zum roughen, direkten Sound der eine gewisse Unmittelbarkeit suggeriert, die viele in elektronischer Musik ja zu vermissen meinen. Unterstützt werden sie dabei auch von der Sängerin Elif Bicer, Barfrau in der Panoramabar, die mit ihrem soulgetränkten Gesang die Synthetik weiter „humanisiert“.

Das gerade erschienene Album Serenity [Vinyl] ist das Ergebnis ausgiebiger Jam-Sessions der Dreien.

Serenity [Vinyl]
Serenity [CD]

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Alec Empire – Low On Ice

Der Noise-, Digital Hardcore- und Atari Punk-Prankster Alec Empire, den ich hier mal als bekannt voraussetze, hat ausserhalb seines stahlzersägenden Oeuvres mit u.a. Atari Teenage Riot und Merzbow, auch einige subtile Alben wie z.B. Les Étoiles Des Filles Mortes oder Low on Ice auf Mille Plateaux releast.

Das Album Low On Ice – The Iceland Sessions wurde 1995 während einer Island-Tour mit Atari Teenage Riot auf Alec’s Laptop – seinem Suitcase Recording Studio – in drei Tagen aufgenommen.

Low On Ice Albumcover

Die phasengeshifteten und runtergefilterten Beats, subsonischen Frequenzen und minimalen TB-303-Lines erinnern an eine Mischung aus Biosphere und dem frühen Plastikman. Die Eiswüste von Island zieht zu den kalten Soundscapes wie im Opiumrausch am inneren Auge vorbei. Ein grossartiges Dub/Ambient-Album oder: A Very Low, Linear Analogue Trip.

Das experimentelle Video von Philipp Virus zum Albumtrack 22:24, der Einfachheit halber Low On Ice genannt, lief sogar mal auf MTV.

Low on Ice
Les Étoiles Des Filles Mortes

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Burial – Autoren-Dubstep

2006 hat ein mysteriöser Produzent namens Burial auf Kode 9’s Label Hyperdub ein eigenbetiteltes Killer-Album veröffentlicht. Burial vereint die somnambulen Synkopen von UK Garage, das gecrackle von Clicks n‘ Cuts, und subsonisch grummelnde Bassmonster zu einer einzigartigen Form von Autoren-Dubstep. Er lotet die Grenzen des Genres, durch eine dichte William Gibsoneske Soundästhetik, die Bilder einer futuristischen Techno-Metropole wie die paranoid-eingeschlossene Atmosphäre von Blade Runner heraufbeschwört, neu aus.

Blade Runner – Final Cut Special Edition (2 DVDs)

Burials schmuddelige Dubstep-Variante, sein körperloser Soul, ist die musikalische Entsprechung des Cityspeak in einem ethnisch und religiös gemischten Slum in einem London des späten 21ten Jahrhunderts.

Aufgrund der Basic Channel-Verwandheit des Namens vermuteten viele Kritiker, dass das Umfeld des Berliner Minimal-Tech-Dub Labels hinter Burial steckt. Doch, soviel ist bekannt, Burial kommt aus Südlondon und sein Debütalbum wird mittlerweile in einem Atemzug mit Boards Of Canada’s Music Has The Right To Children genannt.

Die SciFi-Mystik und Darkness der Tracks, erzeugt durch die prasselnde Statik von Piraten-Radiosendern und pulsierenden Echokammern, beschreibt Burial selbst als “when you come out of a club and there’s that echo in your head of the music you just heard“. Die Liebe zur Bearbeitung von Drums, der unterirdische Blues von Distant Lights und die Offstep-Organ Stabs von Wounder machen aus dem Album einen hypermodernen Klassiker eines hypermodernen Genres.


Burial Albumcover

Burial – Burial [CD]
Burial [Vinyl]

Auf dem neuen Album Untrue nähert sich Burial wieder dem eigentlichen Geburtsort des Dubsteps, dem Dancefloor, an. Und wer einmal Endorphin gehört hat, weiss was Burial meint, wenn er von Echos der Clubnacht spricht: Die amphetamingeschwängerte Euphorie des Happy-Hardcore-Sirenengesangs wird erst in der Echokammer von Burial zum alltäglichen Begleiter in deinen Headphones.

Burial – Untrue CD
Untrue [Vinyl]
Dubstep / Grime Releases

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Jammin‘ Unit – Chemical Dub

Geboren als Sohn eines türkischen Vaters und einer finnischen Mutter, begann Cem Oral aka Jammin‘ Unit seine musikalische Karriere mit einem 4-Spur-Rekorder und einem Synthesizer, bevor er dann erst als audio engineer und später als Produzent von u.a. B.V.S.M.P. und George McCrae arbeitete. Selbst die Berliner Fake-Frankophilo Popband Stereo Total liess ihre garagige Soundästhetik durch Jammin‘ Unit elektronisch veredeln.

Jammin‘ Unit ist Cem Orals Hauptprojekt und fusst in der Tradition der Dub-Produktion. Beeinflusst von King Tubby und Lee Scratch Perry, mag Jammin‘ Unit lieber Dub als Ambient, weil der digitale Sound ihn eher abstösst: „Wenn es nicht so viel Arbeit wäre, dann würde ich sogar wieder mit Bandmaschinen arbeiten.“

So werden auch schon mal Bassline & TR-808 über einen Fender- Gitarrenverstärker abgenommen um den Sound dreckig zu machen und sich vom traditionellen TR-909/TB-303-Strickmuster abzuheben.

Witchman vs. Jammin‘ Unit – Inferno [CD]

Mit seinem Partner Roger Cobernus aka Kerosene hat Cem Oral das Projekt Ultrahigh und das Label Pharma ins Leben gerufen. Der Pharma-Sound war ein Hybrid von Electro, Techno und Dub-Styles zuweilen mit merkwürdigen Vocal-Samples. Auf Pharma haben vor allem bekannte Produzenten wie Cems Bruder Can Oral aka Kahn, DMX Krew und Air Liquide unter Pseudonymen veröffentlicht. Im Jahre 2000 wurde der Laden dann wieder dichtgemacht.

Air Liquide hat Cem Oral zusammen mit Ingmar Koch aka Dr. Walker gegründet und ihr erstes Album 1991 hiess „Neue Frankfurter Elektronikschule“ auf dem Blue-Label, das sie zusammen mit Jörg Burger aka The Bionaut betrieben. 1995 folgte als viertes Album nach Liquid Air und Mandragora der Guns n‘ Roses-Kalauer Abuse your Illusion auf Harvest, dem Label auf dem schon die Kölner Elektroniker Can veröffentlicht haben.

Air Liquide – Let Your Ears Be the Receiver [CD]
Let Your Ears Be the Receiver [Vinyl]

Air Liquide bewegen sich als Speerspitze der Electronic Avantgarde stilistisch zwischen Acid, Dub, Electro, Funk, House und Ragga.

Digital vernetztes produzieren ist dabei nichts für Air Liquide, für sie gehört das gemeinschaftliche Biertrinken, die Späße und das Testen der Tracks auf der Tanzfläche zum Produktionsprozess. Rock n‘ Roll als materialästhetisches Konzept, im Studio wird gejammt und dann werden die Tracks zerschnitten, gemixt und overdubbet. Teststrecke ist u.a. eine eigene Partyreihe im Kölner Camouflage „Bassphemic Village“, in der schon Michael Rother, Holger Czukay, FM Einheit, Christopher Just und Tok Tok zu Gast waren.


Chemical Dub Albumcover

Jammin‘ Unit – Discovers Chemical Dub (UK-Import)

Der legendäre Sound der Jammin‘ Unit LPs Discovers Chemical Dub und Deaf, Dub and Blind findet sich in lysergsäurehaltiger Form auf dem zweiten Sideprojekt von Walker und Cem Oral Madonna 303 wieder.