Köln wird gemeinhin als eines der Epizentren von Minimal-Techno in Deutschland bezeichnet, gerade auch wegen des hier ansässigen Kompakt-Plattenladen/Label/Vertrieb, auch wenn seit Jahren nur wenige Parties in Köln tatsächlich hauptsächlich mit Cologne-Minimal-Techno oder Dub-Techno beschallt werden. Tech-House und Electro-House machen hier sicherlich den Löwenanteil aus.
Ein Besuch im Kompakt-Plattenladen bringt schnell schon etwas Licht ins Dunkel. Minimal-Techno und Dub-Techno sind hier auf breiter Front vertreten, aber bei etwas härterem Techno und Electro-House hört der Spaß schnell auf: Nachfragen hinsichtlich der Möglichkeit Platten zu bestellen werden in der Regel mit der Bemerkung, diese seien zu schnell vergriffen und wenn nicht dann eben zu alt gewesen – ohne einen Blick in den Computer zu werfen – abgeschmettert. Das Interesse des Kompakt-Plattenladens einen hohen Umsatz zu machen, kollidiert hier wohl mit dem Interesse des Kompakt-Vertriebs in Köln, als Homebase DJs mit einem möglichst homogenen Sound (natürlich aus dem eigenen Vertrieb) zu versorgen.
Der zuletzt mangelnde Erfolg der Total Confusion-Parties zeigt einerseits wie tief der Graben zwischen Partypublikum und den altehrwürdigen Kompakt-Protagonisten ist, macht aber auch Hoffnung für eine Öffnung des Partygeistes hin zu einer Art von Techno, die Ärsche rockt und nicht als Hintergrundmusik für loungige Stehempfänge dient bzw. aus Parties erst Stehempfänge macht.
Warum plärre ich überhaupt so viel rum von Kompakt? Ganz einfach: Schon die Liquid Sky Crew hat für meine Begriffe recht eindrucksvoll bewiesen, wohin Monopolismus im Musikbereich führt. Nachdem die Liquid Sky Crew sich selbst durch Misswirtschaft und ausschweifenden Lebenswandel in den Ruin getrieben hatte, klaffte in der elektronischen Szene in Köln ein riesiges schwarzes Loch, dass nur langsam wieder von nachwachsenden Talenten gestopft werden konnte, denn zu Zeiten von Liquid Sky sahen sich andere Veranstalter einer fast übermächtigen Konkurrenz gegenüber, die u.a. von der Kulturförderung der Stadt Köln profitierte, welche wiederum seit dem unrühmlichen Abgang der Liquid Sky Crew deutlich vorsichtiger bei der Förderung junger aufstrebender Talente geworden ist.
Was also passiert wenn Kompakt eines Tages den Entschluss fasst, dass Köln ja irgendwie zu provinziell und zu langweilig sei für einen weltweit erfolgreichen Vertrieb und nach Berlin zieht? Dann können DJs ihre Platten im Saturn unter der Treppe im Jazzkeller vorhören oder bestellen – wie ich – eigentlich nur noch über das Internet. Gerade vor diesem Hintergrund bereitet es mir Sorge, dass Kompakt seine Bemühungen, in der Partyszene wieder eine maßgebende Rolle zu spielen, in letzter Zeit wieder zu intensivieren scheint.
Wie konnte der Begriff Minimal-Techno überhaupt nur so pervertiert werden? Vor zehn Jahren dachte man bei Minimal noch an einfach strukturierte Tracks, die zwar minimal instrumentiert waren, jedoch nicht minimal von der Wirkung her. Einige uralte Tracks haben heute noch das Potenzial, dir das Hirn aus den Ohren zu saugen. Minimal war zwar für mich immer eher Kopf- als Arschwackelmusik, gekennzeichnet durch eine trippige, fast psychedelische Wirkung, ohne vordergründige Effekte zu nutzen (im Gegensatz zu z.B. Goa der frühen Tage), aber keinesfalls war Minimal langweilig, kraftlos, uninspiriert oder innovationslos, was aktuell leider viel zu oft der Fall ist.
Zu viele Produzenten (besonders in Köln) fühlen sich als Kunstschaffende und wollen mit ihrem Sound Botschaften rüberbringen, die Partygänger nur selten interessieren, weil die in erster Linie feiern und Spass haben wollen. Funktionalität und Genialität schliessen sich aber keineswegs gegenseitig aus.