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pundo3000.com – Werbung gegen Realität

Karl Marx lehrte bereits in seinem Hauptwerk Das Kapital den Fetischcharakter der Ware als begriffliche Kategorie. Wenn dort auch eher die gesellschaftlichen Verhältnisse als „Verhältnisse zwischen Warenproduzenten die von ihren Produkten beherrscht werden“ analysiert wurden, so schwingt in dem Begriff Warenfetisch – spätestens seit der Postmoderne – die symbolische Erhöhung der Ware durch die Verschleierung der Produktionsmittel und semantische Aufladung derselben mit.

Was in der marxistischen Theorie einiges an Sitzfleisch und Reflexion erfordert, hat der Berliner Künstler pundo3000 in seinem Projekt Werbung gegen Realität eindrucksvoll visualisiert.

100 Produktfotos wurden von Samuel Müller der zumeist erbärmlichen Realität der ausgepackten und/oder zubereiteten Produkte gegenübergestellt. Eine Wertung findet nicht statt, „einziger Zweck des Projektes (sei), sich kritisch mit Arten und Mitteln von Werbung in unserer Zeit auseinander zu setzen.“

So bleibt es dem Betrachter selbst überlassen die Dissonanz zwischen Foodstyle-Fotos und Mononatriumglutamat-Realität zu erforschen.

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Die hässliche Fratze der Anzeigen-Monokultur

Man hätte es originell machen und charmant mit dem Ende der Aktion Kunst statt Werbung, die seit dem Fall der Mauer besteht und seit 1991 von der der NGBK geführt wurde, umgehen können. Das Projekt wäre in diesem Jahr 50 Jahre alt geworden, wenn nicht die Wall AG – mit ihrem Konzept des Station Branding – dem Ganzen ein Ende gemacht hätte.

Glanzlichter Pic

Ein wenig wirkt es so, als wolle man mit der flächendeckenden Beklebung des Bahnsteigs der U2 am Alexanderplatz mit dem scheusslichen „Glanzlichter der Revue“-Plakat, sarkastisch die Überlegenheit des schnöden Kommerzes über die Aktion „für kulturelle Werte und urbane Identität“ demonstrieren. Eine zumindest symbolische Übernahme des Kunstprojektes hätte vielleicht den einen oder anderen kunstsinnigen Werbekonsumenten noch besänftigt, doch der Schock, der mich heute morgen beim visuellen Overkill am U2-Bahnsteig ereilt hat, nachdem die Werbeflächen seit dem Ende der Intervention von Daniela Comani am 29.02.08 leer geblieben waren, dürfte wohl selbst sonst unkritische Gemüter ereilt haben.

Weltweit reagieren inzwischen Stadtplanung und Politik auf die prekäre Disbalance von Werbung, Architektur und öffentlichem Raum, in manchen Städten werden sogar Gesetze verabschiedet, um die Außenwerbung in den Stadtgebieten zu mindern. Eine Stadt wie Berlin hingegen, die als Kulturmetropole beworben wird und zum Magnet für Künstler und Kunstinteressierte avanciert, verspielt hier einen beträchtlichen Aktivposten (…)

Andererseits ist die Wall AG unabsichtlich der Absage der NGBK „Kunst (nicht) als Lückenbüßerin und optische Entspannung für massive Werbung“ einsetzen zu wollen, nachgekommen, denn mit Kunst wird diese Werbeoffensive wohl niemand verwechseln.

DELETE! Die Entschriftung des öffentlichen Raums