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Ametsub – The Nothings of The North [Mille Plateaux]

Ungefähr fünf Jahre nach dem Zeitpunkt an dem die Frage, ob es Mille Plateaux-Labelbetreiber Achim Szepanski jemals ernst war mit den Verweisen auf das Hauptwerk der französischen Poststrukturalisten Deleuze und Guattari, keinen mehr interessiert hat, steht das einstige Force Inc. Sublabel wieder in den Startlöchern, sogar mit eigenem Sublabel Cluster.

Meiner Meinung nach hat der Mille Plateaux-Betreiber die Theorie des Rhizoms eher in der populären Auslegung der Medientheorie – als Metapher zur Beschreibung von Hypertext-Netzwerken – verstanden und somit eine zwar komplexe, aber seinerzeit übliche techno- technikaffine Metapher für die Musik geschaffen. Folgerichtig gehörten auch die genrebildenden Clicks&Cuts-Compilations, die die CPU und ihre Fehler zum musikalischen Gegenstand erhoben, zum zentralen Oeuvre des Labels.

Diese Compliation findet jetzt ihre späte Fortsetzung in der Version 5.0 Paradigm Shift. Das Cover erinnert an frühere Autechre-Platten, aber halt, um die Compilation soll es hier gar nicht gehen. Ich habe sie ein paarmal nebenher laufen lassen, aber bisher ist noch nicht viel hängengeblieben. Eine Platte die aber durchaus meine Aufmerksamkeit erregt hat, ist das Album The Nothings Of The North von Ametsub aus Tokyo.

Die Musik vom Ametsub ist eine leise aber hochkonzentrierte Meditation über eisgesprenkelte Landschaften. Beim ersten Hören macht die Musik den Eindruck von Fragilität und Belanglosigkeit, wie ein hübsches aber uninspiriertes Gemälde. Dann entdeckt man aber den entscheidenenden Farbtupfer, den musikalischen Kontrapunkt, sei es ein hübsch sägender Mikrokorg, wie wir ihn von Dorian Concept kennen, oder eine Fennesz-eske Rauschperkussion.

Das Album dürfte sein volles Potential erst im Herbst entfalten, wenn die Zeit für längere Listeningsession wiederkommt und insofern war der VÖ-Termin etwas unglücklich gewählt. Jetzt kaufen, im Oktober auspacken …

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Kettel – Myam James Part I

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, auf realvinylz.de eben nicht genau die Platten abzufeiern, die auch in allen anderen Musikmedien gerade für Furore sorgen, weshalb ich auch immer wieder über noch relative unbekannte Artists und Veranstaltungen wie JaHrlatan, Neurosis Orchestra, Friedrich Liechtenstein, Berlin Bass Sessions u.ä. berichte. Auch die CD „N“ der Schweizer Formation Neuromodulator liegt zu meiner Schande noch unrezensiert auf meinem Schreibtisch, was ich jedoch in Kürze nachholen werde.

Im Falle des Niederländers Reimer Eising aka Kettel und seinem neuen Album Myam James Part I auf Sending Orbs muss ich allerdings mal wieder eine Ausnahme machen. Schon nach den ersten Takten von The Wombat ist klar, dass dieses Album mich süchtig machen wird. Alle heißgeliebten IDM-Zutaten in 3.6-Version auf einmal: flockige Breakbeats, kleine Melodielinien aus deren Ausarbeitung die Kings Of Convenience ganze Alben machen könnten, knackige 303-Basslines und ein Pling-Plong-Bleep-Clonk-Meer, in dem man gerne ertrinken möchte.

Myam James Part 1

Da ich gerade von einem Freund große Teile des Backkatalogs von Mille Plateaux geschenkt bekommen habe, inkl. des Albums 4E4ME4YOU von 4E aka Kahn aka Can Oral und einem gewissen DJ Snax, stelle ich ganz zufällig und folgerichtig fest, das Kettels neues Album genau die richtige Mischung zwischen dem NY/Kölsch-Phunk von Temple Records und dem Mittneunziger-IDM von The Black Dog, Plaid oder B12 darstellt und der offizielle Sound meines Sommers werden wird.

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Alec Empire – Low On Ice

Der Noise-, Digital Hardcore- und Atari Punk-Prankster Alec Empire, den ich hier mal als bekannt voraussetze, hat ausserhalb seines stahlzersägenden Oeuvres mit u.a. Atari Teenage Riot und Merzbow, auch einige subtile Alben wie z.B. Les Étoiles Des Filles Mortes oder Low on Ice auf Mille Plateaux releast.

Das Album Low On Ice – The Iceland Sessions wurde 1995 während einer Island-Tour mit Atari Teenage Riot auf Alec’s Laptop – seinem Suitcase Recording Studio – in drei Tagen aufgenommen.

Low On Ice Albumcover

Die phasengeshifteten und runtergefilterten Beats, subsonischen Frequenzen und minimalen TB-303-Lines erinnern an eine Mischung aus Biosphere und dem frühen Plastikman. Die Eiswüste von Island zieht zu den kalten Soundscapes wie im Opiumrausch am inneren Auge vorbei. Ein grossartiges Dub/Ambient-Album oder: A Very Low, Linear Analogue Trip.

Das experimentelle Video von Philipp Virus zum Albumtrack 22:24, der Einfachheit halber Low On Ice genannt, lief sogar mal auf MTV.

Low on Ice
Les Étoiles Des Filles Mortes

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Oval – Textuell

Die Musik von Oval aka Markus Popp, Sebastian Oschatz und Frank Metzger ist höchst abstrakte elektronische „Zukunftsmusik“. Die Band bedient sich einer komplett anderen Soundästhetik als vergleichbare Zeitgenossen. Oval sind eher von chinesischer Gong-Musik oder Zen-Meditation beeinflusst als von elektronischen Standards, was sich besonders auf ihrem Album „94 Diskont“ auf Mille Plateaux zeigt.

Vielleicht sind Oval und die vergleichbaren Mouse On Mars deswegen so erfolgreich in China. Der Track „Do while“ vom Album „94 Diskont“ ist eigentlich für eine Ich-Weiss-Nicht-Wieviele-Lautsprecher-Umgebung komponiert worden und ist unfassbar meditativ. 24 Minuten hypnotischer Sound aus dem Jahre 3000, der einem den Atem raubt.

Wie wird sich Musik in der Zukunft anhören? Listen to Oval’s Vision…

„Textuell“ vom 94er Album „Systemisch“ auf Thrill Jockey, kurz bevor sich Oval 1996 trennten und Markus Popp alleine das Ruder übernahm…

Oval – Textuell
Oval – 94 Diskont.