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Neuromodulator – N [ER CD 023]

Schon vor einiger Zeit hatte ich versprochen, das komplex-akademische Oeuvre der Schweizer Formation Neuromodulator mit dem schlicht-prosaischen Titel N zu reviewen.

Seitdem lag die seltsame Unfähigkeit, diese Musik angemessen zu rezipieren, schwer auf meinem musikalischen Gewissen. Irgendwie fühlte ich mich unzuständig für die avantgardistischen Bestrebungen der Züricher Musiker Erich Hunziker, Christoph Grab, Ephrem Lüchinger und Marius Peyer, die leere Zeit mit abstrakt-dekonstruktivistischen Klangcollagen zu füllen. Hierzu steht den Künstlern ein reiches Instrumentarium (Gitarre, Saxophon, Hacked Toys, Keyboards, Drums, Percussions, DSP und allerlei selbstgebasteltes) zur Verfügung.

Der Waschzettel beschreibt das Vorgehen der vier Instrumentalisten als ‚Instant Compositing‘, was bedeuten soll, dass sie an Ort und Stelle „komponieren und improvisieren“ (sic) und dabei aktuelle Clubmusik, Avantgarde, Ethno und Jazz zu einer Einheit verschmelzen.

Sehr sympathisch mit welchem fast schon arroganten Mut zur Entschleunigung Neuromodulator sich der Flut an Releases im elektronischen Bereich entgegenstellen.

Das gleichberechtigt-experimentelle Arrangieren von Sound und das ständige modulieren der Klänge vom jeweils anderen, erfordert maximale Konzentration vom Hörer, etwas, das ich schon lange verlernt habe.

So kann ich mir das Album auch am ehesten als Soundtrack zu einem expressionistischen Film wie Das Kabinett des Dr. Caligari oder Metropolis vorstellen.

Die mystisch-industrialistischen Tradition von Bands wie Zoviet*France, an die sich Neuromodulator – übrigens auch vom Artwork her – vielleicht anlehen, hat durchaus große Alben wie Monomishe oder Norsch hervorgebracht, aber auch schon zu Beginn der Neunziger eine heftige Sinnkrise erlebt.

Ich mag ignorant sein, aber ich finde die guten klangliche Momente – wie z.B. den Bordun in dem Track Pass-Age – zu heterogen-beliebig eingestreut und das Album für einen interessierten digitalen Bohemien einfach zu schwer zugänglich.

Vielleicht wollen sich ja mal ein paar gute Remixer – ich denke da beispielsweise an Patrick Pulsinger – des Albums annehmen, die dem klanglich-ausufernden eine loophafte Strenge verordnen. Ansonsten übergebe ich an die Spezialisten von jazzthing oder jazzthetik.

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Kettel – Myam James Part I

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, auf realvinylz.de eben nicht genau die Platten abzufeiern, die auch in allen anderen Musikmedien gerade für Furore sorgen, weshalb ich auch immer wieder über noch relative unbekannte Artists und Veranstaltungen wie JaHrlatan, Neurosis Orchestra, Friedrich Liechtenstein, Berlin Bass Sessions u.ä. berichte. Auch die CD „N“ der Schweizer Formation Neuromodulator liegt zu meiner Schande noch unrezensiert auf meinem Schreibtisch, was ich jedoch in Kürze nachholen werde.

Im Falle des Niederländers Reimer Eising aka Kettel und seinem neuen Album Myam James Part I auf Sending Orbs muss ich allerdings mal wieder eine Ausnahme machen. Schon nach den ersten Takten von The Wombat ist klar, dass dieses Album mich süchtig machen wird. Alle heißgeliebten IDM-Zutaten in 3.6-Version auf einmal: flockige Breakbeats, kleine Melodielinien aus deren Ausarbeitung die Kings Of Convenience ganze Alben machen könnten, knackige 303-Basslines und ein Pling-Plong-Bleep-Clonk-Meer, in dem man gerne ertrinken möchte.

Myam James Part 1

Da ich gerade von einem Freund große Teile des Backkatalogs von Mille Plateaux geschenkt bekommen habe, inkl. des Albums 4E4ME4YOU von 4E aka Kahn aka Can Oral und einem gewissen DJ Snax, stelle ich ganz zufällig und folgerichtig fest, das Kettels neues Album genau die richtige Mischung zwischen dem NY/Kölsch-Phunk von Temple Records und dem Mittneunziger-IDM von The Black Dog, Plaid oder B12 darstellt und der offizielle Sound meines Sommers werden wird.