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Platte des Tages: Sugalo – Disco

„Wenn Disco alle Tage wär‘, dann wär‘ das Leben halb so schwer.“

Aus der tiefsten niedersächsischen Provinz in der Pferdestadt Verden entstand der funkigste 303-Poptrack – und ich bin mir total sicher, dass dies eine TB ist – der auch heute noch beim Weggehen funktionieren würde. Wohl Anfang der 80er singen die Mädels und Jungs davon, wie eine Disco-Nacht in der Reiterstadt aussieht und dass dies abseits der subkulturellen Großstadtzentren John Travoltas ‚Saturday Night Fever‘ noch das Nonplusultra war.

Feiertechnisch vielleicht unterlegen sind sie der blasierten Untergrundelite musikalisch um Jahre voraus. Nicht in Berlin, nicht in Frankfurt, sondern auf dem Land wird die 303 für das eingesetzt, das sie am besten kann. Funkig sein, auch ohne Resonanzfiltergedrehe, dazu ein hüftschwingender Fast-Electrobeat, der durch ein paar Westerngitarren-Parts genau das Quentchen an Provinzialität bekommt, um den eigenwilligen Hitcharakter zu unterstreichen.

Sugalo – Disco

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Diggin‘ The Crates: Gary Wilson – Music To Kill Girls By

Momentan ist meine Posting-Aktivität aufgrund der Arbeit an meinem neuen Film radikal zurückgegangen, aber Zeit für eine Wiedervorlage des Werkes von Gary Wilson muß sein.

Gary Wilson debütierte bereits vor über 30 Jahren in der New Yorker Do-It-Yourself-Szene mit dem Proto-New Wave Meisterstück Do You Think You Really Know Me das nur ca. 600 mal gepresst, aber im Jahre 2002 von Motel Records re-releast wurde.

Cover Do YOu Think

Auf dem Debüt findet sich eine Art mysteriöser Triebtäter-Funk, der von schmachtenden Electric Piano-Etüden wie in ‚Chromium Bitch‘ – einer wenig überzeugenden Liebeserklärung an eine ausnahmsweise namenlose ‚Bitch‘ – oder ‚6.4 = Make Out‘ bis hin zu groovigen Eintänzer-Riddims wie ‚Groovy Girls Make Love At The Beach‘ reicht.

In aller Regel drehen sich die Songs um die drei Mädchen Karen, Cindy und Linda, die Gary mutmaßlich auf der High School in Endicott kennengelernt hat und die kein einfaches Leben gehabt haben dürften, zumal Gary sich in den meisten Songs am Ende mit einem Bein in der Psychatrie bewegt. Konsequenterweise verschwand Gary nach dem Release des Opus Magnum, nachdem er eine Menge denkwürdiger Konzerte in Zellophan, Isolierband, Bettwäsche, Mehl, Milch und Kunstblut gegeben hatte.

Motel Records hatte es nicht einfach ihn zum Re-release zu finden, sie begannen sogar einen Privatdetektiv zu engagieren, der Wilson schließlich als Teilzeitkraft in einem Pornokino auftrieb. Zu dieser Zeit drehte auch Michael Wolk einen Dokumentarfilm über den Schizo-Musiker mit dem Titel You Think You Really Know Me: The Gary Wilson Story.

Gary Wilson Documentary Trailer

Ausgerechnet das Independet HipHop-Label Stones Throw brachte nach der B-Side-Kollektion Forgotten Lovers im Jahre 2004 die LP Mary Had Brown Hair mit neuem Material raus. Auf der myspace-Seite von Gary wird schon länger neues Material angekündigt, das Album Lisa Wants To Talk To You ist auf Human Ear Music erschienen.

Gary Wilson – Gary’s In The Park

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Deastro – Keepers [Ghostly International]

Als ich im Juni anlässlich der Ghostly Swim-Compilation so ins jugendliche Schwärmen geriet, dass ich gleich jeden einzelnen Song rezensiert habe, hatte ich den Track Light Powered von Randolph Chabot Jr. aka Deastro noch für einen Zufallshit und „im Prinzip Querschnitt, Essenz und nackte Wahrheit der 80iger-Jahre in Einem“ gehalten.

Was sich jedoch auf dem im November veröffentlichten Album Keepers findet, erweckt gerade jetzt eine so nie gekannte TheCureeske melancholische (Achtung Oxymoron!) Euphorie in mir, auch wenn der New-Wave-Electronica-Rock der Band natürlich alle 80ies/Early90ies-Konnotationen zwischen New Order, Happy Mondays, Sonic Youth, Tortoise, Trans Am und Soup Dragons (puh, was für ein Referenzquark) gleich mitbedient, ohne auch nur im geringsten epigonenhaft zu klingen.

Randolph Chabot Jr., der Vocals und den obligatorischen ‚Laptop Stuff‘ liefert, wird von Jeff Supina an den Drums, Mark Smak an der Gitarre und Brian Connelly am Bass und den Keyboards unterstützt und nennt seine Musik selbst deutsch / japanisch / italienischen Pop!!!

Mal abgesehen, dass derartige Homerecording-Diamanten noch niemals aus einem der angesprochenen Länder gekommen sind, sind/ist Deastro für mich die einzige Möglichkeit heutzutage mit einer Dose Schultheiss in der Hand, zwischen Tränen und Glückseligkeit, die Clubwand mit dem Rücken zum Publikum anzutanzen, um dann unvermittelt in einem Euphorieschwall mit erhobener Faust und/oder luftgitarrespielend durch die Crowd zu hüpfen…

Ein Prelistening seiner sehr hörenswerten neuen 12″ „Parallelogram“ findet sich hier.