Popliteratur war gestern, es lebe die Zugezogenenliteratur. Stefan Adrian ist mein Jahrgang und teilt mit mir einige Wendepunkte in der Biografie: Nach dem Abitur Umzug in die mittelgroße Stadt (in seinem Fall Wien in meinem Fall Köln) und in den frühen Nullerjahren nach Berlin. Als Gelegenheitsjobber, McDonald’s-Küchenkraft, Journalist, Barkeeper, Chefredakteur und Ghostwriter schreibt er davon wie es ist sich als prekärer Medienarbeiter durch das Leben zu schlagen. Und da es immer schön ist über Menschen zu lesen die so sind wie man selber, finde ich das Buch natürlich schon gut ohne es gelesen zu haben. Eine kleine Kostprobe:
„Ich flog Freitag um sechs Uhr morgens nach Zürich, um für Holgers Magazin ein Interview mit einem Architekten zu machen, und wie meistens traf ich mich aus diesem Anlass mit Tim, dem Fotografen, mit dem ich ein Duo gebildet hatte. Wir postierten uns dann wie die lässigen Freigeister vor der jeweiligen Empfangsdame, was ein etwas antiquierter Ausdruck für die multilingualen Schönheiten ist, die in solchen Büros anzutreffen waren, und unserem Auftreten war nicht zu entnehmen, dass wir die billigsten Verkehrsmittel genommen hatten, um hierher zu gelangen, und noch weniger war uns anzusehen, dass wir nach der Produktion unsere letzten Geldscheine für ein Bier am Flughafen zusammenkratzen würden, während wir feststellten, wie sehr diese Menschen, die wir gesprochen hatten, es in einer Sprache der Zuversicht taten, an der es uns mangelte, Designer und Architekten, die unterschiedliche Auffassungen haben mochten, inwieweit ihre Arbeit nur ein kleiner Beitrag zur Veränderung des Alltags oder ein subtiler Beitrag zur gesellschaftlichen Revolution war, aber die sich alle in einem riesigen Ehrgeiz und vor allem einem noch viel größerem Glauben an die Zukunft einig waren, den Tim und ich in diesen Momenten künstlich generieren mussten, weil uns die Rechnungen am Monatsende entgegengeschleudert kamen wie Enterhaken.“
Bluffen ist im sympathischen eBook-Verlag mikrotext erschienen. 2013 von Nikola Richter gegründet hat der Verlag sich die Emanzipation des eBooks auf die Fahnen geschrieben.
„Wir glauben, dass das E-Book neue literarische Formate hervorbringen und verbreiten wird. Dass es Formen sprengen kann, obwohl es aus Formeln besteht. Dass es Original sein kann, wenn es sich nicht vom Hardcover emanzipieren muss. (…) Ein Strahlen, das sich ausbreitet. Leichteste Ware, so schnell wie ein Mausklick. Machen Sie mit bei der Literatur von morgen!“