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The Server Needs To Die To Save The Internet

Im Oktober des letzten Jahres schrieb ich ein kritische Würdigung des Buches »Who Owns The Future?« von Jaron Lanier und dessen Definition der »Sirenenserver«.

»Sirenenserver nennt Lanier die Serverfarmen der Internetunternehmen, da sie – wie die Sirenen bei Odysseus – durchs Netz streifende User durch betörenden Gesang anlocken, um sie zu töten ihre Daten abzugreifen … Online-Dienste wie u.v.v.a. facebook, google, twitter (…) sind ein Phänomen, das den Grundgedanken der Netzwerkstruktur des Internets zentralisiert – und damit den Traum vom Internet als einer rhizomatischen und dezentralisierten Informationstruktur unterminiert.«

Daran angeschlossen warf ich ein paar grundsätzliche Gedankenfetzen zu Grassroots-Netzwerken in die Runde. Im spekulativen Raum der fiktionalen Erzählung entwickelten sich diese Gedankenkeime weiter und ich erfand für mein Manuskript »Das Turing-Continuum“ eine im Jahre 2033 stattfindende Revolution von Programmieren, die den Namen »Orlando-Update« trug. Das »Orlando Update« sollte eine Gegenbewegung von Cyber-Renegaten sein, die die Idee des server-zentrierten Computernetzwerks sabotierten und durch eine dezentrale Technologie ersetzen.

»Zusammen mit führenden Persönlichkeiten der freien Regionen programmierten sie ein Virus, der die Clusterstruktur der Sirenenserver angriff. Jede Website konnte unerkannt jeden beliebigen Server als Host nutzen ohne Spuren zu hinterlassen. So sprang der physikalische Ort von Webservices in Millisekunden um die Welt – von einem Server zum Nächsten. Dies machte die Marktmacht der »Sirenenserver« obsolet.«1

Erstaunt musste ich jetzt feststellen, dass meine Idee von einer kleinen smarten Firma namens MaidSafe schon in die Tat umgesetzt wurde. MaidSafe – beheimatet in der kleinen Stadt Troon in Schottland – ist angetreten um die grundlegende Architektur des Internets umzubauen.

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»The commercialization of the web is the ugly reality of the hidden cost of all the datacenters and servers required to power the Internet.«2

Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass meine eigene Naivität mich bis ca. 2007 hat glauben lassen, das Internet sei eine Ansammlung miteinander vernetzter Homecomputer, die durch ein allgemein anerkanntes Kommunikationsprotokoll kommunizieren. Seit ca. 2007 weiß aber auch jeder N24-guckende Honk, dass es Serverfarmen und riesige Rechenzentren gibt, die das Internet sammeln, katalogisieren, durchsuchen, analysieren, horten, beschleunigen, monetarisieren und zum größten Teil betreiben.
Umso schöner, dass es die Idee von MaidSafe ist, das Internet so zu organisieren, wie ich es mir immer vorgestellt habe:

Nick Lambert – ein Teammitglied – fasst MaidSafe als »fully cross-platform, fully decentralized autonomous data and communications network« zusammen.
Im Klartext: Die datengierigen Mittelsmänner aus Servern und Rechenzentren – aus denen die Silicon Valley-Giganten eine veritables Geschäftsmodell gemacht haben – werden einfach abgeschafft. Die User des Netzwerk agieren gleichzeitig als Netzwerk-Infrastruktur, indem sie einen Teil ihrer Festplatte als Speicher zur Verfügung stellen … Natürlich schaltet der Otto-Normal-Surfer seinen Rechner von Zeit zu Zeit aus. Deswegen hat Lambert die „vier Kopien“ Regel entwickelt.

»It’s self managing and self healing (…) We keep a minimum of four copies of every chunk of data at all times. And the reason we do that is obviously people will turn their computers off and on, and people will have hard drive failures (…)«

Das MaidSafe-Netzwerk sorgt dafür, dass dieses Datachunk so schnell wie möglich geklont wird und somit erhalten bleibt.

»Our network knows within 20 milliseconds if the status of a piece of data or a node has changed.«

Um das neu entstehende Grassroots-Netzwerk für Entwickler, Nutzer und Infrastruktur-Bereitsteller attraktiv zu machen, hat MaidSafe zudem eine BitCoin ähnliche Währung namens SafeCoin entwickelt. Diese Kryptowährung soll dafür sorgen, dass beliebte Apps und Anwendungen automatisch revenue in Form von SafeCoins generieren. Ohne mit Werbung vollgestopft werden zu müssen, wenn sie gratis angeboten werden. Die Bereitsteller von Harddisk-Kapazitäten verdienen ebenfalls SafeCoins, die dann für andere Services ausgegeben können. Auf einem MaidSafe-Netzwerk können prinzipiell alle Anwendungen wie IRC, Social Networks, YouTube, Facebook, Dropbox ausgeführt werden – nur dass die Daten nicht über einen zentralen Server laufen müssen.

Fragt sich, warum noch kein Anderer auf die Idee gekommen ist, das Internet als Netzwerk zwischen Anwender-Nodes neu zu konzipieren. (So wie es ursprünglich eigentlich auch gedacht war.)

»Doing what we’re doing is exceedingly hard. Which is why it’s not really been done before … Developers are trained from a very early state that the infrastructure is: there is a server, there is a client … And I think why it’s not been done before is MaidSafe is such a different mindset.«

Ich wünsche MaidSafe, trotz der obligatorischen Tücken die jede Krytowährung in sich trägt (Geld ist schließlich nur eine Symbol für die gesellschaftlichen Machtverhältnisse und wer massive Mengen Harddrive-Space hat ist auch im System MaidSafe ganz vorne) und dem zu erwartenden Widerstand der global operierenden Sirenenserver, viel Erfolg beim Umbau des Internets.

»It’s a network infrastructure that will replace datacenters – and hopefully large technology companies.«

Alle Zitate aus »The Server Needs To Die To Save The Internet«.

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