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Matrix – Reloaded

‚Matrix – Reloaded‘ als Modell der Kulturindustrie

Im Mai des Jahres 2003 kam der lang erwartete zweite Teil der Matrix-Trilogie ‚Matrix – Reloaded‘ in die Kinos. Mit diesem Film wird das philosophische Kontinuum, welches Matrix I aufspannte, um eine für das Verständnis postmoderner Kontrollgesellschaften essentielle Dimension erweitert:

In Matrix I findet der Protagonist Neo heraus, dass er in einer computergenerierten und –kontrollierten Scheinwelt lebt, einer Simulation, welche den Menschen die Situation in der “realen” Welt vernebeln soll. In der ‚realen‘ Welt sind die Menschen Sklaven der Maschinen um diese via Bioelektrizität mit Strom versorgen. Neo wird von einem Mann namens Morpheus aus dieser simulierten Realität in die ‚reale‘ Welt herübergeholt, in der eine postatomare Staubwolke die Sonne verdunkelt und die Menschen im fötalen Stadium in riesigen Stromgeneratoren dahinvegetieren. [Btw. Energieerhaltungssatz ick hör dir trapsen!]

Soweit erinnert das Szenario an die von Adorno/Horkheimer in ‚Dialektik der Aufklärung‘ diagnostizierte Kontrollgesellschaft. Die Menschen sind in dieser “von früh an in ein System von Kirchen, Klubs, Berufsvereinen und sonstigen Beziehungen eingeschlossen, die das empfindsamste Instrument sozialer Kontrolle darstellen. Wer sich nicht ruinieren will, muss dafür sorgen, dass er, nach der Skala dieses Apparates gewogen, nicht zu leicht befunden wird.” Um die Menschen von der Erkenntnis ihres mechanischen Daseins abzuhalten sorgt die Kulturindustrie für die Erstellung immer neuer Phantasmen in die sich der Mensch hineinträumt um der grauen Realität seines Alltags zu entfliehen. Der sog. “kulturelle Mainstream”.

Analog dazu kann das Modell der Matrix im ersten Teils betrachtet werden. Neo entflieht ihr mittels Morpheus Hilfe in die graue Realität um dort an einer wie auch immer gearteten Befreiung der Menschheit zu arbeiten. So ergibt sich in Matrix I die einfache Erlösungsoption durch Erkenntnis des ‚Verblendungszusammenhangs‘, der Strukturen des Systems, die dem modernen Menschen offenzustehen scheint.

In ‚Matrix – Reloaded‘ erfährt der Zuschauer zunächst, das in der ‚realen‘ Welt eine Subkultur existiert, die sich in einer Gemeinschaft namens Zion unter der Erdoberfläche aufhält. Dort versammeln sich alle Menschen die aus dem System der Matrix in die ‚reale‘ Welt entkommen sind. Doch im Verlauf des Films häufen sich die Hinweise darauf, dass auch Zion eine Matrix ist, deren Existenz der Architekt der Matrix in einer Schlüsselsequenz erklärt: In der Hauptmatrix (Matrix I) ergeben sich schon nach kurzer Zeit Programmfehler – wie er pseudomathematisch erklärt – eine bestimmte Zahl von Individuen erkennt die Kontrollstrukturen der Matrix und ergreift die Flucht. Dieses Quantum wird in einer zweiten Simulation – nämlich Zion – aufgefangen. Die Bewohner von Zion sind in dem Glauben in der ‚realen‘ Welt zu leben und somit ein wahrhaftigeres Dasein erlangt zu haben.

Vergleichen lässt sich dies mit dem Phänomen der postmodernen Subkulturen, die dem kulturellen Mainstream durch Differenz, Wissensvorsprung, Exklusivität und Abgrenzung zu entfliehen glauben. Christoh Gurk schildert es in “Mainstream der Minderheiten” so:

“Wer ein Album der bislang noch obskuren US-Band Catpower oder die in wenigen Wochen schon wieder vergriffene 12”-EP von DJ Krust kauft, handelt in dem Bewusstsein, sich als Individuum von der Masse abzugrenzen und gibt sich tendenziell der Illusion hin, dass “seine” Musik ihm mehr “gehört” als den namenlosen Fanscharen, die ins Stadion zum Guns-N´Roses-Konzert” strömen.”

Genauso geht es den Bewohnern von Zion, die glauben durch ihre Erkenntnis der Strukturen eine ‚echtere‘ Lebensweise erlangt zu haben. Doch die Option der Erkenntnis, die Adorno/Horkheimer dem modernen Menschen noch implizit einräumten, existiert in der postmodernen Gesellschaft nicht mehr. Die Matrix ist keine Simulation, die verdecken soll dass die Realität eintönig und grausam ist, sondern ein Simulakrum welches das Nichtvorhandensein einer Bezugsrealität verdecken soll.

Das Simulakrum durchläuft nach Baudrillard eine historische Abfolge bzw. 4 Phasen der Referenzbeziehung:

1. es ist Reflex einer tieferliegenden Realität
2. es maskiert und denaturiert eine tieferliegende Realität
3. es maskiert eine Abwesenheit einer tieferliegenden Realität
4. es verweist auf keine Realität: es ist sein eigenes Simulakrum

Wir haben es also mit der Matrix I mit einem Simulakrum 2. Ordnung zu tun und bei Zion mit einem Simulakrum 3. Ordnung.

Was bedeutet dies für unsere Gesellschaftsanalogie? Die Erkenntnis der Struktur der warenförmigen ‚Gesellschaft des Spektakels‘ hilft dem Individuum nicht weiter, es verschafft ihm lediglich die Befriedigung das System ‚durchschaut‘ zu haben. Gleichzeitig erhöht sich der Leidensdruck auf den Betreffenden, so dass sich z.B. auch in Matrix I das Besatzungsmitglied Cypher für die Rückkehr in die Verblendung entscheidet. Eine Flucht aus der bestehenden Gesellschaft ist nicht durch Erkenntnis, Abrenzung und Flucht möglich…sondern??? Der Name des dritten Teils verspricht Hoffnung: ‚Matrix: Revolution‘

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