Artikel
1 Kommentar

Wahre Worte (III) – Der Ausverkauf des Journalismus

Die Debatte über den Niedergang des Journalismus geht weiter:

Als wolle er Wolf Reiser (siehe letzte Wahre Worte) implizit Recht geben, äußerte sich Richard Edelman, der Chef der PR-Agentur Edelman, in einem Interview mit meedia.de über das »gesunkenen Vertrauen der Menschen in die Medien und den massiven Sparprogrammen, die viele Verlage fahren«.

»Heute hat keiner mehr Zeit, eine Story richtig zu recherchieren. Der Druck – auch der zeitliche – ist so groß, dass alles sofort veröffentlicht werden muss.«

Das sieht ja nun auch der PR-Verächter Wolf Rieser so, nur hat Richard Edelman eine verblüffende Antwort auf dieses komplexe Problem. Auf die Frage ob klassische Medien wieder mehr Qualität liefern müssten, antwortet er konsiz:

»Ja und schauen, dass sie wieder Anschluss an Facebook, Buzzfeed und Co. finden. Gute Geschichten lassen sich auch kurz und emotional erzählen.«

Oh no, he didn’t? Die Menschen, so Edelman weiter, hätten nämlich das Vertrauen in die mediale Berichterstattung verloren.

»Wir hatten drei große Flugzeugabstürze. Die Situation in der Ukraine, die Ebola-Epidemie oder auch den Sony-Hack. In allen diesen Krisen wurde völlig falsch kommuniziert. Nehmen wir das Beispiel Sony-Hack. Erst wird der Fall runtergebauscht, dann will Sony aus Angst den Film nicht mehr zeigen, die Politik macht ihn wiederum zu einem Symbol der Freiheit und dann kommt er doch in die Kinos. Die Regierung und Sony als Unternehmen haben jeweils völlig unterschiedliche Signale und Einschätzungen abgegeben und gesendet. Jetzt frage ich Sie: Wem soll man dann noch trauen?«

Mein Vorschlag wäre BuzzFeed … denn der sich überschlagende, halb-anrecherchierte Ranking- und „US-Wissenschaftler haben herausgefunden“-Journalismus hat natürlich nichts mit der Übertaktung der PageImpression-fixierten Online-Medienhysterie zu tun, nicht wahr?
Edelman ist wohl von Berufs wegen so daran gewöhnt Dampf zu plaudern, das ihm offensichtliche Widersprüche gar nicht mehr auffallen.

»Noch vor wenigen Jahren bestand unsere Aufgabe darin im Auftrag einer Firma das Telefon in die Hand zu nehmen, einen Journalisten anzurufen und ihn mit bestimmten Informationen zu versorgen. Heute produzieren wir ganze Geschichten, kümmern uns um Bilder, Videos. Wir sind zu digitalen Geschichtenerzähler geworden.«

Ja, die Übernahme der vierten Gewalt durch PR-Agenturen kann man natürlich auch positiv sehen. Und das dem MEEDIA-Redaktionsleiter Alexander Becker diese Anmaßung entweder gar nicht auffällt oder er es schlimmstenfalls genauso sieht, spricht auch irgendwie für Edelmans Vorschlag.

1 Kommentar

  1. Pingback: Wahre Worte (IV) – Die Selbstdarstellung des Journalismus | Realvinylz

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.