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Aw: Re: Intrinsisches Entertainment

@subkid – 17.03.15 – 00:49 Uhr

Nabend!
Dich davon zu überzeugen, dass du schwarz siehst? Puh, schwere Aufgabe. Aber dagegen argumentieren könnte ich schon. Wie überzeugend es ist, steht auf einem anderen Blatt …

Mein Einstieg: »Schlechte Zeiten für professionelle Storyteller würde ich sagen.«
Ich glaube, diese Folgerung von dir gilt nur, wenn man ernsthafte Wissensvermittlung/Legendenbildung (um in dem von mir gesetzten historischen Kontext zu bleiben) mit den heutigen Aufmerksamkeitsjunkies in einen Pott wirft. Und teilweise macht man es wahrscheinlich sogar richtig, wenn man sie als eine Gruppe betrachtet.

Meine Kritik an dem Aufmerksamkeitsparadigma (»man MUSS liefern«, s.o.) geht nämlich glaube ich stark an das Lager der Professionellen.

Warum machen der Spiegel und die Zeit und die FAZ und die Süddeutsche und arte und und und da überhaupt mit? Weil die youtuber das auch machen? Weil die Jungredakteure, die für die Onlineredaktionen arbeiten eh schon bei twitter und facebook sind?


Weil man das heute so macht??? Diese Begründung (und ich könnte mir vorstellen, dass sie in ein paar Redaktions- und Vorstandssitzungen so gefallen ist) ist doch eigentlich das schlimmste Zeichen für die (Selbst-)Abschaffung eines Berufstandes. Steht Journalismus, vierte Gewalt und so, nicht eigentlich für kritische Rezeption, Aufklärung, Skeptizismus? Werden diese Werte im Zuge von Charlie Hebdo nicht gerade wieder pathetisch beschworen?
Stattdessen wird von vielen all das über Bord geworfen und reduziert auf »investigativ bringt Quote/Leser«

Da greift jetzt natürlich stark meine neoliberalismuskritische Denke. Aber ist das nicht vielleicht das Problem? Das SPON probiert das Wirtschaftsmodell von heftig.co zu kopieren? Ohne dabei natürlich die eigene Marke (»Aufklärung! Investigativ!«) beschädigen zu wollen … Geht natürlich nicht und letztendlich handelt man sich mit so viel Spagat und Bigotterie nen Ulfkotte ein … Zu Recht vielleicht sogar, auch wenn das jetzt etwas gemein ist …

Um zum Ausgang zurück zu kommen:

Vielleicht sind die Zeiten für professionelle Storyteller nur insofern schwerer geworden, als dass die Versuchungen grösser geworden sind. Und einige Profis scheinen tatsächlich auf dem besten Wege zu sein ihnen zu erliegen.

Was aber die Frage aufwirft: Wieso sind die Versuchungen grösser geworden? Und wieso sind – wie du schreibst – wir mittlerweile eh alle Narzissten? Ist das tatsächlich nur auf die Vermarktungslogik unserer derzeitigen Wirtschaftsordnung zurückzuführen? So einfach will ich es mir gerade nicht machen, für eine andere, zweite Begründung wäre ich sehr dankbar;) Du schreibst, es gibt »kein echtes Feedback« mehr. Wieso ist das so?

Zum Betreff bzw. zum Thema: Vom »intrinsischen Entertainment« sind wir mittlerweile weg. Aber gegen »Networking, Storytelling, Prosuming und kein Ende?« sträube ich mich auch. Das ganze Englisch im Titel resoniert mir zu stark mit der von mir kritisierten Wirtschaftslogik. Als ich letztens auf Wikipedia über »intrinsische Motivation« las, wurde mir auch ein bisschen schlecht, da diese vor allem wirtschaftspsychologisch untersucht wurde.

Wie wäre es stattdessen mit: »Warum mache ich jetzt was mit Medien, obwohl ich doch eigentlich Regisseur oder Journalist oder Autor werden wollte?«

So, ich habe mich jetzt ein wenig in meiner flamerei verrannt. Um auf deine Schwarzseherei zurückzukommen: Wenn wir sozialisierten Menschen alle Narzissten sind und das schon immer waren, dann ein zynisches »Hut ab!« an fb und Co., dies früh genug erkannt und daraus ein Geschäftsmodell entwickelt zu haben. Mit Sirenenservern als neu zu erlebenden Lagerfeuern.

Wir sollten auch weg von Unterhaltung/Entertainment gehen, denn eventuell war Unterhaltung schon immer untrennbar mit der Vermarktung dieser verknüpft. Wobei mein eigentlicher erstmailiger Aufreger ja auch war, dass »Unterhaltung« mittlerweile so eine negative Konnotation hat … Warum das vielleicht so ist, wäre auch ein Thema auf das wir noch einmal zurückkommen könnten …

Letztlich festhalten aus meinem Schreibrausch/Schreibfluss hier will ich auf jeden Fall:

    1. »sich nen Ulfkotte einhandeln«, sollte meiner Meinung nach bald in den Duden aufgenommen werden.
    2. Soziale Netzwerke sollten in asoziale Netzwerke umbenannt werden. Wenn sie tatsächlich auf Narzissmus bauen. Denn Narzissten können nicht sozial sein. Aber da bin ich bestimmt nicht der Erste der das fordert …

Q

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