Heisser Tip von dq aus dem Jahre 2009: dj foundation war damals 23 Jahre alt und lebte in Mosul, einer Stadt im Nordirak. Mit einem alten PC kreierte seinen eigenen Cut-Up-Style aus dem TV: Arab Pop und westlicher Disco-Sound, dazu ein gesampletes Ensemble aus religiösen Führern, Politikern, Popstars und Newsfeeds.
Sein Debütalbum »Paradise« war der erste musikalische Kommentar auf den ‚war on terror‘ und moderne Kriegsführung im 21ten Jahrhundert.

»dj foundation has made one of the most joyous, disturbing, funny & sad albums I’ve ever heard«

Mark Moore for QX Magazine

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Diggin‘ The Crates: Big Apple Productions Vol. 1

Die Geschichte meiner großen Leidenschaft für Cut n‘ Paste-Musik muss neu geschrieben werden: Meine bisherigen Helden Double Dee & Steinski, Coldcut, Bomb The Bass und auch der frühe Westbam: alle nur Epigonen. Der wahre Ursprung des Sample-Edit-Wahnsinns ist diese Platte:

Ein Mix auf Schallplatte, zusammengeklebt an der Bandmaschine: Big Apple Productions Vol. 1 kam 1982 als Bootleg raus und war ein tightes Medley aus Dance-Hits der damaligen Zeit. Erstellt hat den Mix der New Yorker Szene-DJ der 80er Mikey D’Merola, auch wenn er auf dem Label nicht erwähnt wird.

[audio:http://www.beardodisco.com/beatelectric/music/big_apple_1.mp3]
Big Apple Productions Vol. 1

Viele der älteren Produktionen von Westbam wie z.B. Cold Train, The Roof Is On Fire und große Teile der ersten LP Westbam (u.a. Monkey Say Monkey Do) sind von diesem Mix inspiriert, obwohl anhand der Chronologie gemutmaßt werden darf, dass Westbam den Umweg über die oben genannten Coldcut gegangen ist, die sich ausgiebig am dritten Teil der Serie bedient haben, der seinerseits von Double Dee & Steinski inspiriert wurde.

Musik wurde selbstreferentiell und Cut n‘ Paste-Produzenten der ersten Generation inspirierten kurze Zeit später die der zweiten Generation. Eine dritte Generation hörte davon und gelangte über die Collagen der zweiten an die „Originale“ der ersten Generation. Oder alle haben einfach nur dieselbe Musik gehört, die in den Ohren der über 30jährigen von uns euphorisches Erinnern lostreten dürfte. Ich jedenfalls habe das ungekannte Vinyl direkt günstig über discogs.com erworben und damit eine krasse Bildungslücke geschlossen.

Tracklist:

Sharon Redd – Beat The Street
Heaven 17 – Let Me Go!
Rockers Revenge – Walkin‘ On Sunshine
Planet Patrol – Play At Your Own Risk
Modern Romance – Can You Move
Hamilton Bohannon – Let’s Start The Dance
The Clash – The Magnificent Seven
Nancy Martinez – Can’t Believe
Pressure Drop – Rock The House (You’ll Never Be)
Afrika Bambaataa & Soulsonic Force – Planet Rock
Nairobi – Soul Makossa
Jonzun Crew – Pack Jam (Look Out For The OVC)
Man Parrish – Hip Hop Bebop
D-Train – Keep On
Barbara Norris – Heavy Hitter
Silver Convention – Get Up And Boogie
Aretha Franklin – Jump To It
Madonna – Everybody
Howard Johnson – So Fine
Unknown Artist – Untitled
James Brown – Sex Machine
Rockers Revenge – Walkin‘ On Sunshine
Yazoo – Situation
Warp 9 – Nunk
Edwin Starr – Contact
Yazoo – Don’t Go
Videeo – Thang (Gimme Some Of That Thang)
D-Train – D-Train Dub (Remix)
Toney Lee – Reach Up
Michael Jackson – Don’t Stop Til‘ You Get Enough
The Gap Band – You Dropped A Bomb On Me
Steve Miller Band – Abracadabra
ABC – The Look Of Love
Carol Jiani – Hit ‚N Run Lover
Divine – Native Love (Step By Step)
Bobby Orlando – She Has A Way
Paul Parker – Right On Target
Patrick Cowley – Megatron Man
Divine – Shoot Your Shot
Donna Summer – I Feel Love
Village People – Y.M.C.A.
Roni Griffith – (The Best Part Of) Breakin‘ Up
Lime – Babe We’re Gonna Love Tonight
Patrick Cowley – Menergy
Patrick Cowley – Do You Wanna Funk
Lime – Your Love
Unknown Artist – Untitled

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Diggin‘ The Crates: Cymande

Wohl wenige Bands sind so prädestiniert für die Diggin‘-Rubrik wie Cymande. Das Londoner Kollektiv mit karibischen Wurzeln veröffentlichte zwischen 1971 und 1974 drei Alben und verschwand danach für viele Jahre in den hinteren Schubläden staubiger Plattenläden. Obwohl Cymande nach Veröffentlichung ihres selbstbetitelten Debütalbums gemeinsam mit der Soul- und Gospellegende Al Green durch die USA tourten und dabei sogar zu einem Gig im legendären New Yorker Apollo Theater gelangten, blieb ihnen der große Mainstream-Erfolg versagt. Ihr hybrider Entwurf von Funk, der Elemente des Calypso, Jazz, Motown-Soul, Afrobeat und sogar Psychedelic Rock vereinigte, war wohl für eine gerade von James Browns ‚Sexmachine‘-Phase in den Bann gezogene Öffentlichkeit einfach zu komplex.

cymande-04.jpg

Meine erste Begegnung mit Cymande geschah eher untypisch über den Umweg zweier Compilations aus dem Umfeld des Berlin-Karlsruher Innervisions-Labels, nämlich Henrik Schwarz‘ DJ Kicks von 2006 und der letztjährigen, von Schwarz gemeinsam mit seinen Labelmates Dixon und Âme kompilierten Minimal-Musik-Zeitreise The Grandfather Paradox. Beide Compilations sind in ihrem etwas zu offensichtlichen und leicht prätentiösen Checkertum (Arthur Russell, Steve Reich) genau meine Tasse Tee und featuren in Form von ‚Anthracite‘ und des gesanglastigen ‚For Baby Oh‘ jeweils eine der unzähligen Nischen des schillernden Cymande-Universums.

In HipHop-Kreisen sind Cymande aber dank Rotation auf solch sakralen Plattentellern wie denen von Kool Herc und Grandmaster Flash schon länger keine Unbekannten. Spätestens seit De La Souls kongenialer Verwendung von Bra für Change In Speak auf ihrem 1989er-Debüt 3 Feet High And Rising ist ihnen der Platz im kollektiven Sample-Gedächtnis nicht mehr zu nehmen.

Ein Jahr später zog Masta Ace nach und bediente sich für Me And The Biz bei The Message und seinen ohrwurmtauglichen Bläsersätzen.
Die Fugees bescherten Cymande schließlich 1996 ganz warholesk einen so unverhofften wie kurzen Moment echten Mainstream-Fames, als sie den Titeltrack ihres Albums The Score auf dem bekifften Dove (‚Cymande‘ bedeutet im Calypso-Slang ‚Taube‘) aufbauten. Jedoch lohnt sich auch abseits nerdiger Sample-Genealogie eine Reise in den Cymande-Kosmos.

Ihr drittes und letztes Album Promised Heights hätte sich mit seinem visionären SlowMo-Funk auch gut in der mehr als 20 Jahre später grassierenden Downtempo-Welle um Kruder & Dorfmeister gemacht. Darauf findet sich mit Brothers on the Slide auch der nicht nur dank der Nightmares On Wax-Dubversion heute wohl bekannteste Cymande-Song.

Ein simpler Gitarrenlick und provozierend lässiger Groove sorgen weit vor Drexciya und Rhythm & Sound für den perfekten Soundtrack zum transatlantischen Rhizom-Wachstum. Das ‚Promised Heights‘ in den USA zuerst gar nicht veröffentlicht wurde, wundert angesichts der in Rassenfragen äußerst konservativen amerikanischen Musikindustrie kaum. Alle drei Cymande-LPs sind mehrfach re-released und u.a. bei hhv.de zu ziemlich günstigen Preisen zu ergattern.

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Diggin‘ The Crates: Slowdive – 5EP + Remixes

Dass der Begriff ‚Chill Out‘ heute semantisch verseuchter ist als ein durchschnittlicher Acker im Chemiedreieck zwischen Merseburg, Halle und Bitterfeld Mitte der 80er, lässt sich sogar im aktuellen ZEIT-Magazin nachlesen. Dass damit aber nicht schon immer klebrige Klangcollagen gemeint waren, die als akustisches Äquivalent zu Blümchentapeten durchgehen, ist auch klar. Nicht zuletzt die für Spätgeborene immer ein wenig romantisch-verklärt wirkenden, aber trotzdem verlockenden Forderungen nach der Rückkehr einer beatfreien Zone in Clubs, ließen den Begriff wieder stärker in den Focus rücken.

slowdive-5ep.jpg

Als Referenz werden dabei meistens Acts wie Global Communication, Future Sound Of London oder The Orb genannt, denen Anfang der 90er ein Update des Ambient-Sound eines Brian Eno durch sanfte Dub-, ‚Trance‘- und Breakbeatelemente gelang. Eben jener Brian Eno produzierte 1993 mit Souvlaki auch das wohl bekannteste Album der Shoegazer Slowdive. Von allen Bands aus dem Creation-Records-Pool (My Bloody Valentine, Ride, Chapterhouse etc.) waren Slowdive schon zu dieser Zeit die ‚unrockistischte‘, die Gitarren schwebten noch verwaschener im Hintergrund aus rosafarbenem Rauschen, Neil Halsteads und besonders Rachel Goswells Gesang schien noch körperlos-ätherischer als der ihrer Kollegen. Dies brachte ihnen auch zahlreiche Bewunderer im elektronischen Lager ein. Für einen Moment im Spätherbst 1993 lief der Weg von Slowdive plötzlich wie von selbst in Richtung Chillout-Floor.

Auf dem 5 EP betitelten 4-Tracker vollziehen Slowdive die entgültige Abkehr von ihren im Noiserock und Gothic liegenden Wurzeln hin zu einem somnambulen Driften zu in Watte gepackten Pulsschlägen, wie sie wenig später auch Wolfgang Voigt für sein Gas-Projekt verwenden sollte. Konsequenterweise veröffentlichte Creation quasi zeitgleich zur 5 EP auch eine 12-Inch mit zwei Remixen von Künstlern ihres elektronischen Sublabels Infonet.

Bandulu zerlegen ‚In Mind‘ in ein Breakbeat-Gewitter der feinsten englischen Art inklusive sinustonartigen Einsprengseln und den majestätisch schwerelosen Flächen des Originals. Reload alias Global Communication alias Mark Pritchard und Tom Middelton gehen in ihrer Version noch ein wenig epischer zu Werke, lassen das Stück in einem Wirbel aus Synth-Arpeggien verglühen und streuen zum löschen ein wenig Sternenstaub darüber

Nach diesem eindrucksvollen Schulterschluss mit der damaligen Avantgarde der elektronischen Musik gingen Slowdive den neu eingeschlagenen Weg auf ihrem dritten und letzten Studioalbum ‚Pygmalion‘ weiter, ohne jedoch ganz an die Genialität der ‚5 EP‘ heranzureichen. Neben dem eher konventionellen Dream-Pop der Slowdive-Nachfolgeband Mojave 3 verfolgten die Bandmitglieder auch zahlreiche Soloprojekte, Halstead versuchte sich zuletzt 2008 mit eher geringem Erfolg als Singer/Songwriter.

Mark Pritchards Strom an qualitativ hochwertigem Output reisst dagegen bis heute nicht ab, egal ob er Dubstep für Malas Deep Medi Music oder Kode9s Hyperdub veröffentlicht, oder sich als Harmonic 313 auf Planet Mu um retrofuturistische Beatforschung kümmert.

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Diggin‘ The Crates: Fennesz – Endless Summer

Zwei Drittel des Covers Himmel, ein Drittel Wasser. Die Sonne steht für Sonnenuntergangsverhältnisse noch ziemlich weit hoch am Himmel, von links und rechts schieben sich gemütliche Abendwolken in das Bild, die weder besonders schlechtes noch besonders gutes Wetter, vielleicht lediglich ein bisschen Kühle verheißen. Der Himmel hat den leicht magentastichig-orangefarbenen Teint den er auch hierzulande an Baggerseen annehmen kann, jedoch würde ich den Enstehungsort des Bildes eher in Nordspanien vermuten. Für Europa sprechen die kontrollgesellschaftlich von unten-links nach rechts ins Bild ragenden Schwimmbereichsabgrenzungsbojen.

Fennesz - Endless Summer

‚Schwimmen über diesen Punkt hinaus auf eigenen Gefahr‘ und sowieso ist die Badezeit für heute, vielleicht auch bald für den Rest des Jahres vorbei. Das Schöne in diesem Bild ist der Augenblick des Vergehens in der Versprechung der ewigen Wiederkehr eines solchen Moments und genau da korrespondiert das Artwork perfekt mit der Musik von ‚Endless Summer‘.

Eigthy-8 – If you Think Radiohead’s KID A is Weird, Then You Should Really Hunt This Music Down ist eine Playlist von Paul Morley betitelt, in der er darüber philosophiert warum Radiohead mit KID A nicht ein halb so großes Risiko eingangen sind wie es manchem Rolling Stone-Leser vielleicht schien. Denn, so Morley, Radiohead riskierten lediglich ein Publikum zu verlieren und nicht jemals eines zu haben. Dann folgt eine Liste von 88 großen weirden Alben.

Endless Summer von Fennesz ist so ein Album, es ist für mich das endlich eingelöste Versprechen hunderter Minimal-Techno-Maxis, langweiliger Ambient-Collections und anstrengender Krachplatten.

Hier ist die Drone, das Störgeräusch, die Statik, das Knistern einem einzigen Zweck untergeordnet: Die bestmöglichste, allgemeingültigste, verstörendste, atemberaubendste, herzstoppendste, monochromatischste, opakeste und fragilste Vision eines ‚Endless Summer‘ hörbar zu machen.

Ein Sommer der immer nur in der Erkenntnis seiner zeitlichen Begrenztheit so schön ist, dass man ihn für immer haben will. Was wiederum ein Widerspruch in sich ist.

So sind die schönen Momente, die Fennesz auf ‚Endless Summer‘ erzeugt, auch unter diversen Klangschichten vergraben und man/frau muss sich den klanglichen Sonnenuntergang erstmal erarbeiten, bevor er in vollster Klarheit erscheint. Dann ist er auch manchmal schon wieder weg oder bleibt überraschend lange, wie in ‚Happy Audio‘.

Eine *öhem*, ja, eine… Jahrhundertplatte.

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Diggin’ The Crates: Tortoise – Millions Now Living Will Never Die

Auf dem Plattenteller liegt Millions Now Living Will Never Die von Tortoise und dreht sich. Die Platte müsste ich mir so im Jahre 1996 gekauft haben, wenn ich mich recht erinnere. Ich weiß noch, daß ich mich damit nach einer durchzechten Nacht zu einer Freundin geschleppt – die Platte hatte ich die ganze Nacht mit mir rumgetragen – und sie ihr zum Geburtstag geschenkt habe. Ich trug eine karierte Homeboy-Stoffhose, es war Sommer, ich war extrem entspannt, leider fanden die Beschenkte und ihr Freund die Platte nicht so toll.

Teile dieser Platte habe ich dann im Oktober diesen Jahres in einem Theaterstück in Altenburg unerwartet wiedergehört: ‚Die Nibelungen‘ von Hebbel in einer Neuinszenierung von Amina Gusner und Anne-Sylvie König. Dazu Chicago-Postrock. Diese Platte ist einfach zeitlos. Zeitlos in dem Sinne, dass sie nie voll eingeschlagen ist – wiewohl sie Tortoise irgendwie weltbekannt gemacht hat – aber immer noch in einem Teil meines Bewusstseins weiterlebt. Bei jenem Theaterstück sind sofort tausende von Erinnerungen und Emotionen angetriggert worden.

Auf einem Tortoise-Konzert in der Kantine in Köln war ich mal rotzeblau und mein Kumpel Öpi und ich haben die Xylophon(!)-Passagen laut mitgegrölt. Das war zu Zeiten des Albums TNT und ich glaube wir haben die gediegenen Tortoise-Fans etwas irritiert. Tortoise und Tocotronic gehören übrigens zu der handvoll Bands die mir überhaupt mal ein Live-Konzert wert waren.

Auf dem hinteren Teil des ersten Viertels der ersten Seite läuft jetzt gerade eine verlangsamte und dadurch irgendwie ‚gedubbte‘ Version des Eingangsstücks. Ist es eigentlich ein Verlust, dass man in den Zeiten von Digital-Downloads nicht mehr den physikalischen Ort eines Musikabschnitts innerhalb eines Gesamtwerkes angeben kann?

Auf der zweiten Seite – wieder so ein selten gewordener Terminus – befindet sich das dynamikverliebte Nicht-Song-Stück Glass Museum bei dem mich meine Mutter mal gefragt hat, ob das unsere Band sei, die das spielt. Ob sie weiß, dass ich weltberühmt wäre, wenn dem so wäre? Oder sind Tortoise maßlos überschätzt und meine Mutter ist die Einzige die es gemerkt hat? Oder hält sie mich heimlich für ein musikalisches Genie?

Den Muckerpart in ‚Glass Museum‘ hätten sich Tortoise allerdings sparen können, er zerstört die Atmosphäre die die dekonstruktivistischen Songruinen vorher und nachher schaffen.

Irgendwie klingt der Part wie ein letzter Aufschrei des Muckertums gegen die körperlose Gravität des Postrock.

Insofern markiert Millions Now Living Will Never Die immer noch den Beginn einer Epoche die von Anfang an keine werden wollte.

Millions Now Living Will Never Die klingt wie eine Rundfunksendung aus dem All, bei der die Gitarrensounds an den scharfen Kanten von unzähligen Satelitten vorbeigeschrammt sind und dadurch zu einem nicht-essentialistischen, seiner Zeichenhaftigkeit beraubtem, reinen Sound geworden sind. Kein Blut, kein Schweiß, keine Tränen. Man kann eben nach Jimi Hendrix kein Gitarrenvirtuose mehr sein. Zumindest nicht im Diskurskontinuum von Tortoise.

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Diggin‘ The Crates: Gary Wilson – Music To Kill Girls By

Momentan ist meine Posting-Aktivität aufgrund der Arbeit an meinem neuen Film radikal zurückgegangen, aber Zeit für eine Wiedervorlage des Werkes von Gary Wilson muß sein.

Gary Wilson debütierte bereits vor über 30 Jahren in der New Yorker Do-It-Yourself-Szene mit dem Proto-New Wave Meisterstück Do You Think You Really Know Me das nur ca. 600 mal gepresst, aber im Jahre 2002 von Motel Records re-releast wurde.

Cover Do YOu Think

Auf dem Debüt findet sich eine Art mysteriöser Triebtäter-Funk, der von schmachtenden Electric Piano-Etüden wie in ‚Chromium Bitch‘ – einer wenig überzeugenden Liebeserklärung an eine ausnahmsweise namenlose ‚Bitch‘ – oder ‚6.4 = Make Out‘ bis hin zu groovigen Eintänzer-Riddims wie ‚Groovy Girls Make Love At The Beach‘ reicht.

In aller Regel drehen sich die Songs um die drei Mädchen Karen, Cindy und Linda, die Gary mutmaßlich auf der High School in Endicott kennengelernt hat und die kein einfaches Leben gehabt haben dürften, zumal Gary sich in den meisten Songs am Ende mit einem Bein in der Psychatrie bewegt. Konsequenterweise verschwand Gary nach dem Release des Opus Magnum, nachdem er eine Menge denkwürdiger Konzerte in Zellophan, Isolierband, Bettwäsche, Mehl, Milch und Kunstblut gegeben hatte.

Motel Records hatte es nicht einfach ihn zum Re-release zu finden, sie begannen sogar einen Privatdetektiv zu engagieren, der Wilson schließlich als Teilzeitkraft in einem Pornokino auftrieb. Zu dieser Zeit drehte auch Michael Wolk einen Dokumentarfilm über den Schizo-Musiker mit dem Titel You Think You Really Know Me: The Gary Wilson Story.

Gary Wilson Documentary Trailer

Ausgerechnet das Independet HipHop-Label Stones Throw brachte nach der B-Side-Kollektion Forgotten Lovers im Jahre 2004 die LP Mary Had Brown Hair mit neuem Material raus. Auf der myspace-Seite von Gary wird schon länger neues Material angekündigt, das Album Lisa Wants To Talk To You ist auf Human Ear Music erschienen.

Gary Wilson – Gary’s In The Park