Friede, Freude, Techno
von Bastian Thüne aus De:Bug 130
Techno ist neben der Musik vor allem auch eine Art des Feierns. Spaß, Hedonismus und Unvernunft treibt uns viele Wochenenden in die Clubs. Dabei geht es mitunter ganz schön humorlos zu, wenn dann im Endeffekt viele mit Sonnenbrille am Rumposen sind. “Im Techno nehmen sich manche auch immer sehr ernst und man kann das auch ein bisschen von der spaßigen Seite sehen”, erzählt uns ein gut gelaunter Harry Axt, der in einem Grand-Petrol-Video auch gerne mal einen Ein-Mann-Balkon-Rave inszeniert und dessen Name so unverfroren bodenständig klingt, als müsste er aussehen wie das deutsche Pendant zu Albert “Al” Borland aus der Serie “Hör mal, wer da hämmert”.
Hämmern tut es natürlich schon bei ihm, aber längst nicht so grobschlächtig, wie es der Name vermuten lässt. Das rote Karohemd, dass zwar wieder gut zu einem grundkonservativen Lebensstil passen würde, wird eben nicht durch einen wohlgenährten Bauch ausladend nach vorne zur Schau gestellt, sondern durch eine viel zu kleine Lederjacke aufs Korn genommen, die man sich gerne als Karnevalskostüm wünscht. Die knallenge Lackhose tut ihr übriges.
Aber Harry Axt ist ja auch Daniel Steinberg, der dem tranfunzeligen Minimal dieser Tage einen ordentlichen Schuss Chicago, Cut-Up und locker-hüftschwingende Housegrooves hinzufügt. Das funktioniert und hat Humor. Ob als DS auf Overdrive, als Daniel Steinberg auf Frontroom und Style Rockets oder eben als Harry Axt auf Grand Petrol und Kiddaz.fm. Da wundert es nicht, dass seine frühen Einflüsse neben den ersten Acidhouse-Platten, Phuture und Strictly Rhythm auch die gängige Dancemusic der frühen 90er war, wie Black Box, Technotronic oder Bizarre Inc.
Jedenfalls sind die beiden Alter Egos des 32-Jährigen derzeit auf vielen Tanzflächen anzutreffen und auch als DJ will sich der Berliner nicht nur auf einen Namen festlegen: “Ich lege meist unterschiedlich auf. Als Daniel Steinberg spiele ich eher einen nicht so harten, mehr techhousigeren Sound und bei Harry Axt wird es dann schon härter und technoider.” Beim Produzieren verlässt er sich ebenfalls auf diese Dichotomie, die es ihm ermöglicht zwei Seiten auszuleben. “Harry Axt ist dann immer ein bisschen doller, technoider und wirkt düsterer. Bei Daniel Steinberg fluffig, housig. Mit Samples … so Friede, Freude … (lacht).”
Auf seinem Debutalbum Planet Axt, das er jetzt als Harry Axt veröffentlicht, fügt Daniel glücklicherweise beide Seiten zusammen und nimmt uns mit auf seinen Planeten, auf dem schon sehnsüchtig die ravenden Weltraumgeschöpfe mit den Äxten in ihren Händen rumwedeln. Mit düsteren Basslines unterlegte Tracks, die die Melancholie mit Vocalfetzen auf ein funkiges Level anheben, und drohnigen Tunneln, durch die einzelne Klaviertöne hindurchschwirren, baut sich Daniel sein Universum zusammen. Das darf dann auch elektronische Big Band im Slowmotion-Tempo sein oder voll auf die Zwölf gehen. Schließlich geht es um Techno und dabei vor allem um den Spaß.