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Sul.a – uint [Unoiki, UI005]

digital

Ein Jahr feinstes Binärschnippeln hat der kanadische Produzent Sul.a hinter sich gebracht, um sein vollkommen digital entstandenes zweites Album für Unoiki aufzunehmen. Das klingt nach verdammt düsterer, poppiger Elektronika mit den Einflüssen, die auch schon alle klassischen Warp-Artisten mitbrachten. So stoßen spooky Flächen auf vertrackte Beats und obwohl den Tracks zwar die komplette analoge Wärme abgeht, haben sie etwas Warmes an sich.

Oder ist man nur inzwischen so ans Digitale gewöhnt, dass es eine ganz neue Wärme entwickelt? Was sagen Analognostalgiker dazu? Wem die musikalische Entschleunigung im still regressiver 70er-Jahre-Gemütlichkeit schon immer suspekt vorkam und “Zurück zum Binärcode“ (als neues Zurück zum Beton) lieber ist als Rousseau, wird mit tiefer Zufriedenheit und einem Klanggenuss der Jetzt-Zeit belohnt.

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Preorder: Hudson Mohawke – Satin Panthers

Die Euphoriegranate von 2009 ist wieder da, der Herr der hektischen Synthesizer, der knob twiddler der aufgerissenen Cutoff-Frequency-Regler und Vertreter der Generation Playstation-Soundeffekt. Seine musikalischen Einflüsse reichen von Cybotron und Outkast bis zu Aaliyah und Prince. Auf einer zugegebenermaßen sehr abstrakten Ebene.

Seine neue 5-Track-EP Satin Panthers wird im August auf Warp erscheinen.

Da sich die Geister wohl wieder am hysterischen Wonky-Sound scheiden werden hier ein Snippet des Tracks Thunder Bay zum Antesten:

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Platte des Tages: Mosaik – Leandi [Soft Phase 008]

softphase008.jpg

‚So, here it is. Leandi is my spring and summer of 2009. More specifically it’s my most sincere release in a very long time. It’s the result of looking at the creation process in a different light, without engaging in reasoning and just letting the music come as it may. Normally I would venture into more ambient landscapes and experimental sounds, but I wanted this release to be simple and open. Heavily inspired by childhood, fatherhood, watching my son grow up, play, communicate and learn the ways of the world‘, so der Schwede Radix aka Mosaik über seine EP Leandi.

Gerade dieses kindhafte, spielerisch-leichte erinnert stark an die melodischen Werke auf Warp Records in den 90ern. Das klingt wie Plaid in ihren fröhlichen Momenten, ohne deren Komplexität in den Klangschichtungen und Hallräumen, aber auch das endlos-träumerische, das stellenweise auf µ-Ziqs 97er Album Lunatic Harness zu hören ist, ist besonders im Titeltrack spürbar, wo sich dann doch kurz vor Schluss wieder alles verdreht und man sich nichts sehnlicher wünscht, als das es noch ein paar Stunden so weiter geht.

Einziger Wermutstropfen ist, dass zwischendurch ein leichtes New-Age-Feeling aufkommt. Das kann noch schneller als bei Trance zum völligen Abturn führen.

Disclaimer: Bin gerade unterwegs und auf die Boxen des Laptops angewiesen. Ob die EP auf einer richtigen Anlage besser oder schlechter klingt, bleibt abzuwarten.

Release under CreativeCommons via Soft Phase [Direct Download]

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Hudson Mohawke – Butter

„‚Can’t Get You Out Of My Head‘ (…) has all the appearances of a song but is actually an electronic sequence of events layered and falsified into a series of shapes biased towards the appearance of a song. It’s much odder than it seems (…) The gradual progress that has been made during the last forty years of pop change disguises its oddness.“

Paul Morley – Words and Music

Wenn Morley dies über Kylie Minogue sagen kann ohne Rot zu werden – und das kann er, da er völlig recht hat – was würde er dann wohl zu Hudson Mohwakes Album Butter schreiben? Ein derartig zerfetztes Zitatenpatchwork, das heute noch für viele unhörbar sein wird, produziert und komponiert von einem 23jährigen Schotten, stützt sich vertrauensvoll auf fünfzig Jahre Popgeschichte.

Schon beim Intro-Track Shower Melody werden die Hörnerven auf das Äußerste gereizt durch Zuckerwatten-Chords (eher klebrig als süss), einem abkackenden Drumbreak und einer gniedeligen E-Gitarre, doch da kämpft man sich durch zu dem programmatisch benannten Gluetooth. Was früher mal kaputte CD genannt wurde ist hier die Basis für ein Bassmonster, das nebenbei zwei ganze Whitney Houston-Songs umhertriggert.

Spätestens auf Joy Fantastic dem Single-Auskopplungs-Superhit des Albums (feat. Olivier Daysoul) flippt man dann völlig aus. ‚Ein-Finger-Soul‘-Melodien und schleppend-rotzige Snare- und Bassdrums gehen stark Richtung Mainstream-HipHop. Dazwischen immer wieder hyperaktiv-nervende Skits, die en passant einen winzigen Einblick in die erstaunlich intuitive Stilbandbreite des Schotten erlauben und dem Album einen stringenten Gesamteindruck geben.

Eigentlich geht es mir bei jedem Track, besonders Fruit Touch und Rising 5, in den ersten Takten wie in einem unaufgeräumten Kinderzimmer, in dem erstmal die vielen lebensgefährlichen Stolperfallen und quietschbunten Farben nerven.

Wenn man dann aber erstmal die innere Ordnung gecheckt und sich auf den Wahnsinn eingelassen hat, fängt es an tierischen Spass zu machen und man will gar nicht mehr zurück in die durchgestylte und disziplinierte Welt der Erwachsenen.

Just Decided ist völlig abstrakte Soul-Musik, gespielt von Jabba The Huts Star Wars Orchester hinter Kristallglasscheiben und erst nachträglich mit terrestrischen Vocals abgemischt. Wer sich erstmal einen ordentlichen Euphorievorschuss für den Rest des Albums holen will, dem empfehle ich FUSE, ein Track der einem die Glückstränen in die Augen treibt und mir speziell vor zwei Wochen den Abend gerettet hat. Warte dringend auf Versionen und eine Joy Fantastic Remix EP. Oscar-Nominierung sowieso!

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realvinylz: School of Stylez [Vol.1 – IDM]

Als Urban Electronic Music-Blogger werde ich (Sub_Kid) es ab heute als meine Aufgabe betrachten in loser Folge die Reihe School of Stylez zu bloggen. In jeder Folge wird ein elektronischer Musikstil beleuchtet und den Anfang macht wohl eines der umstrittensten Genres der Neunziger: IDM aka Intelligent Dance Music aka Braindance aka Electronic Listening Music.

Der schon von Beginn an polarisierende Begriff IDM bezeichnet eine Form der distinguierten elektronischen Musik der frühen Neunziger-Jahre, die sowohl auf dem Dancefloor als auch zuhause funktionieren sollte. Natürlich beleidigte der Begriff gleich tausende von Dance-Produzenten, weil er ihre Musik implizit für stupide erklärte.

„I hate IDM and its elitist champions. It makes the music sound so much more than it actually is. It’s a label invented by PR companies who need catchphrases. I like sounds, but hate what people attach to sounds.“
Kid 606

Der Begriff IDM macht jedoch vor dem Hintergrund Sinn, dass er eine Fusion des harten Dance-Sounds der Raves und großen Clubs und der Downtempo-Tracks der Chill-Out-Areas darstellte und somit das missing link zwischen zwei sozialen Praxen bildete.

So lässt sich der frühe IDM-Sound auch als eine Mélange aus Chicago House, soften Synth-Sounds, Ambient und unglaublich mittigen Breakbeats beschreiben und meiner Meinung nach am Besten bei The Black Dog oder B12 nachhören.

Das stilbildende Label des IDM ist wohl Warp Records aus Sheffield und dessen Compilations Artificial Intelligence Vol.1 & 2 featuring Aphex Twin, The Orb, Plastikman und Autechre. Aber auch Rising High, R&S, Rephlex und Astralwerks haben hochwertige IDM-Trax releaset.

In Nordamerika hatte der IDM-Sound gegen Ende der Neunziger-Jahre seinen zweiten Frühling auf Labels wie Drop Beat, Isophlux, Suction, Chocolate Industries und Cytrax.

Die Genre-Bezeichnungen (a) Electronic Listening Music oder (b) Braindance konnten sich nie gegen den Begriff IDM durchsetzen, sind jedoch ebenfalls recht geläufig und irgendwie auch (a) sympathischer oder (b) in einigen Fällen treffender.

Liste aller IDM-Musiker
IDM-Radio bei last.fm

We Are Reasonable People (Warp 100) [Vinyl]
Book of Dogma – Collection of The Black Dog

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Clark – Turning Dragon [Warp Records]

Der Wahlberliner Chris Clark aka Clark erschien erst 2001 mit Clarence Park auf der Bildfläche, eine Zeit in der es den typischen „Warp-Sound“ – als Definition eines eigenen IDM-Sounds – eigentlich schon lange nicht mehr gab: Abstrakte elektronische Texturen, warme analoge Flächen, herzzerreißende Bleeps und darke Synth-Drones.

cover turning dragon

Sein neues Album Turning Dragon [Vinyl] hängt die Meßlatte für experimentelle Musik aus dem Hause Warp nochmal einige Meter höher und geht gleichzeitig auf dem Dancefloor steil. Obwohl Chris Clark selber kaum ausgeht und lieber mit einem Sixpack Bier an seinem Posttechno-Entwurf dröselt.

Die Throttle Promoter [Vinyl] gab ja schon einen ersten Eindruck und tatsächlich baut Turning Dragon auf diesem Entwurf auf, der sehr viel schärfer ist als seine Vorgänger-Alben. Auch Cut n‘ Paste-Techniken finden – wie in Truncation Horn– hier ihren Platz, aber der Sound driftet nie in nerdige Klangwelten ab, sondern behält einen funky Twist.

[audio:http://www.warprecords.com/clark/turningdragon/clark_turningdragon_samplerpt1.mp3,http://www.warprecords.com/clark/turningdragon/clark_turningdragon_samplerpt2.mp3]
Clark – Turning Dragon (Snippet Mix)
[via throttleclark.com]

Clark – Turning Dragon [Vinyl]
Clark – Turning Dragon [CD]
Clark – Throttle Promoter [Vinyl]

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Luke Vibert / Wagon Christ / Plug

Luke Vibert aka Wagon Christ aka Plug hat sein soziales Milieu nie in Richtung Club verlassen und pflegt eher ein musikalischen Nerdtum wie Kollege Aphex Twin. Das enthebt ihn von den ungeschriebenen Gesetzen der Grooves und Beats und sorgt für ein überraschungsreiches Springen zwischen den Sounds um der Sounds willen. Ob OldSchool-Acid, Downbeat, Mescalin-Jazzfunk oder 70ties-BigBeat-MashUp, von allem gibt es etwas bei Luke Vibert.

Wagon Christ – Receiver
Wagon Christ – Musipal [Digipack]
Wagon Christ – Musipal [Vinyl LP]

Die geographische Nachbarschaft zu Aphex Twin in Cornwall, führte Luke Vibert von den Abwegen in einer Punkband zu den Möglichkeiten der elektronischen Musik. Ein eher relaxtes Album ist Throbbing Pouch auf Rising High, zwei Jahre später gefolgt von Drum n Bass For Papa, wo Wagon Christ die Techniken und Attitüden von Drum and Bass ausprobiert.

Drum n Bass For Papa Albumcover
Plug – Drum n‘ Bass For Papa

Das 97er Album Big Soup ist das Audio-Äquivalent eines Jungen, der sein Zimmer seit Jahren nicht mehr aufgeräumt hat. Auf YosepH entdeckt Luke Vibert dann die TB-303 wieder und verquickt den Zwitschersound mit phatten Dope-Beats.

Luke Vibert – Yoseph [Vinyl LP]

Und auch Live jammt Luke Vibert überzeugend:

Luke Vibert Presents: Further Nuggets [Vinyl LP]

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Prefuse 73 – Point To B

Prefuse 73 (mit bürgerlichem Namen Guillermo Scott Herren) begann seine Karriere in einer Werbe-Postproduktion in Atlanta. Prefuse 73 benutzt die menschliche Stimme als Instrument und transferiert so die Idee der Human Beatbox ins nächste Jahrtausend.

Stotternde Raps, die von einer Platte gesampled sein könnten, auf der die Nadel wie zufällig herumtanzt, zu einem tighten Glitch-Sound oder CutandPaste-Beat. Die Resultate sind keineswegs experimentell, sondern frisch groovende Tunes mit dem gewissen Extra, wie schon auf seiner ersten LP Vocal Studies + Uprock Narrative zu hören ist.

Wenn Autechre sublimer, abstrakter HipHop sind, dann bringt Prefuse 73 den nerdigen Harddisk-Rock von Autechre zurück auf die Strasse!

Prefuse 73 – Vocal Studies & Uprock Narratives

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Wax Stag – Short Road

Braindance der klassischen Warp/Rephlex-Schule ist gar nicht so leicht zu finden. Umso erfreuter war ich, auf der ebenfalls sehr empfehlenswerten DJ Kicks-Ausgabe von Hot Chip den Track Short Road der Pop/DiscoHouse/FolkRock-Gruppe Wax Stag aus St. Albans, UK zu finden.

Dieses kleine Stück Candy steht Tracks seiner grossen Brüder Aphex Twin oder Michael Paradinas µ-ziq in nichts nach und spült die verfeierten Synapsen mal ordentlich durch.

Braindance Coincidence [Vinyl]

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Autechre – Tri Repetae

Die Musik vom WARP-Labels war bis Mitte der Neunziger eine feste Konstante, ein Ort an dem die Diskussion Club-Music versus Home-Listening ihren Sinn verloren hat. Und an diesem Ort liegt auch die Universalität – ich habe diese Musik einem Sharp Skin, einem Berliner Vorgartenproll mit leicht faschistischen Ansichten, einem Bong-Raucher und einem HipHop-Kid vorgespielt und allen blieb die Spucke weg – und der Genius von Autechre.

Es ist sehr schwer diese Musik mit Worten zu beschreiben, aber ich werde es versuchen: Dubinfizierte-HarddiscSampleGlitch-ExperimentalTrash-Beautiful-
NeoClassical-AnalogueBubblebathProducing-Nieendensollende Musik, die eine ewige Ruhe in die Herzen der Ungläubigen pflanzen und eines Tages (nach dem Dritten Weltkrieg) über die von nuklearem Fallout bedeckten Ruinen gleiten wird…

Zwei youtube-User (Hirnduebel und Crawler23) haben ihre Visionen zu Tri Repetae-Tracks auf vormagnetisiertem Datenträger gebannt:

Autechre – Tri Repetae