„‚Can’t Get You Out Of My Head‘ (…) has all the appearances of a song but is actually an electronic sequence of events layered and falsified into a series of shapes biased towards the appearance of a song. It’s much odder than it seems (…) The gradual progress that has been made during the last forty years of pop change disguises its oddness.“
Paul Morley – Words and Music
Wenn Morley dies über Kylie Minogue sagen kann ohne Rot zu werden – und das kann er, da er völlig recht hat – was würde er dann wohl zu Hudson Mohwakes Album Butter schreiben? Ein derartig zerfetztes Zitatenpatchwork, das heute noch für viele unhörbar sein wird, produziert und komponiert von einem 23jährigen Schotten, stützt sich vertrauensvoll auf fünfzig Jahre Popgeschichte.
Schon beim Intro-Track Shower Melody werden die Hörnerven auf das Äußerste gereizt durch Zuckerwatten-Chords (eher klebrig als süss), einem abkackenden Drumbreak und einer gniedeligen E-Gitarre, doch da kämpft man sich durch zu dem programmatisch benannten Gluetooth. Was früher mal kaputte CD genannt wurde ist hier die Basis für ein Bassmonster, das nebenbei zwei ganze Whitney Houston-Songs umhertriggert.
Spätestens auf Joy Fantastic dem Single-Auskopplungs-Superhit des Albums (feat. Olivier Daysoul) flippt man dann völlig aus. ‚Ein-Finger-Soul‘-Melodien und schleppend-rotzige Snare- und Bassdrums gehen stark Richtung Mainstream-HipHop. Dazwischen immer wieder hyperaktiv-nervende Skits, die en passant einen winzigen Einblick in die erstaunlich intuitive Stilbandbreite des Schotten erlauben und dem Album einen stringenten Gesamteindruck geben.
Eigentlich geht es mir bei jedem Track, besonders Fruit Touch und Rising 5, in den ersten Takten wie in einem unaufgeräumten Kinderzimmer, in dem erstmal die vielen lebensgefährlichen Stolperfallen und quietschbunten Farben nerven.
Wenn man dann aber erstmal die innere Ordnung gecheckt und sich auf den Wahnsinn eingelassen hat, fängt es an tierischen Spass zu machen und man will gar nicht mehr zurück in die durchgestylte und disziplinierte Welt der Erwachsenen.
Just Decided ist völlig abstrakte Soul-Musik, gespielt von Jabba The Huts Star Wars Orchester hinter Kristallglasscheiben und erst nachträglich mit terrestrischen Vocals abgemischt. Wer sich erstmal einen ordentlichen Euphorievorschuss für den Rest des Albums holen will, dem empfehle ich FUSE, ein Track der einem die Glückstränen in die Augen treibt und mir speziell vor zwei Wochen den Abend gerettet hat. Warte dringend auf Versionen und eine Joy Fantastic Remix EP. Oscar-Nominierung sowieso!