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Tag 2: Joseph Conrad – Jugend (p.30-42)

Kaum hat die Reise endlich angefangen, fängt die geladene Kohle per Selbstentzündung Feuer und die Besatzung versucht verzweifelt die im Inneren schwelende Glut zu löschen. Der geradezu lächerlich marode Zustand der Judaea verhindert jedoch den Erfolg dieser Aktion, was die Mannschaft in einen heiteren Fatalismus versetzt. Als der Brand dann nach zwei Tagen unvermittelt aufhört, schwelgt der Ich-Erzähler wieder in Lobliedern ob seiner Jugend. Dieses magische Wort wiederholt sich wieder und wieder im Text und man könnte den Eindruck bekommen Joseph Conrad habe später quasi aus Rache an der Vergänglichkeit der Jugend den Lord Jim so kläglich scheitern und ihm seine jugendliche Schwärmerei zum Verhängnis werden lassen.

Mitten in der Entspannung dann ‚Ein Unglück – Ein Vulkan, der unter uns ausbricht? – Kohlen, Gas! – Himmel! Wir fliegen in die Luft – Alle sind tot`. Mit geradezu slapstickartiger Präzision folgt in dieser Erzählung eine Katastrophe auf die andere, die Ladung explodiert aus einem mir unbekannten physikalischen Gesetz heraus und ‚Das Deck war ein einziges Chaos aus zersplittertem Holz‚. Dem Ich-Erzähler wird das Gesicht versengt und er tritt dem Kapitän entgegen, der sich im Schock um den Kajütstisch sorgt. ‚Lieber Himmel! Sehen Sie denn nicht, dass das Deck in die Luft geflogen ist?

Die Mannschaft ist desolat, manche ‚waren in Lumpen, so schwarz im Gesicht wie Kohlenschlepper, wie Schornsteinfeger, die Köpfe kugelrund, als wären sie kahlgeschoren, aber in Wirklichkeit waren sie bis auf die Haut abgesengt.‚ Das mutige Verhalten der Mannschaft, die unterbezahlt und mit wenig Hoffnung auf ihre Heuer ihre Arbeit fortsetzt, veranlasst Marlow zu einer überraschend Thilo Sarrazinesken Randnote: ‚Ich will nicht sagen, eine Mannschaft aus deutschen oder französischen Matrosen hätte so etwas nicht getan‚, aber ‚Es war eine Selbstlosigkeit, (…) ein Instinkt (…), etwas (…) das das Wesen einer Rasse ausmacht, den Unterschied zwischen Gut und Böse, etwas von der Kraft, die das Schicksal der Nationen bestimmt.‚ Hoffen wir, dass es sich hier nur um die heißblütigen Gedankenfragmente des jungen Marlow handelt.

Die nahe Rettung durch einen Dampfer wird vom Kapitän ausgeschlagen und der Ich-Erzähler freut sich über die Aussicht Ostindien als Kommandant eines Rettungsboots kennenzulernen. ‚Ach, der Glanz der Jugend! Was für ein Feuer! (…) seine Flammen springen kühn empor bis zum Firmament, doch schon bald werden sie vom Lauf der Zeit gelöscht (…)‚ Oha! Scheint, dass hier die erste Skepsis Marlows ob dieses verklärten Seeabenteuers auflodert.

Insgesamt lässt sich Marlow auf diesen Seiten zweimal Wein nachschenken, die Jugend wird dreimal abgefeiert und mir blieb unklar, wie man eine ‚Fockrahe vierkant‚ holt.

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