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Shawn Austin – Extinguisher – Das dritte Kapitel

3. Kapitel: Shawn Austin

Sehr viele Biere und einige Tequilas später hatte Felix von einem redseligen und spendierfreudigen Mann in einem mittelklassigen schwarzen Anzug erfahren, dass es sich bei dieser Veranstaltung um ein Dark Match einer zweitklassigen Wrestlingliga handele und dass es nachher noch mit Canned Heat aufgepeppt werden würde. „Sonst guckt sich den Mist doch keine Sau an“.

Nach einigem Nachfragen klärte ihn der verwunderte Mann auf: „Das Match wird hier vor zahlendem Publikum aufgezeichnet, später mit Konservenbeifall und -buhrufen zusammengeschnitten und auf irgendeinem Kabelkanal ausgestrahlt.“ Offenbar standen die Gewinner von Wrestling-Fehden schon im Vorhinein fest und waren den Smarts, also den Leuten die über genügend Insiderwissen verfügen, bereits bekannt. Felix fragte sich verwundert was wohl der Sinn einer Sportart war, bei der ein vorgefertigtes Drehbuch über den Ausgang des Kampfes entschied. Diese Vorgehensweise konnte nur erfolgreich sein, solange es genügend Menschen gab die den Ausgang des Matches nicht kannten. War nämlich die Wahrscheinlichkeit dass Spieler 1 gewinnt, also p(Gewinn1), gleich eins, resultierte daraus ein mittlerer Informationsgehalt H der nach

H = -∑ p(gewinn1) ld p(gewinn1)

gleich Null war. Der mittlere Informationsgehalt, in Anlehnung an die Thermodynamik auch Entropie genannt, wäre also minimal. Die Entropie wiederum drückte den Ordnungsgrad eines Systems aus. Ordnung war definiert als ein Mangel an Zufälligkeit. Niedrige Entropie bezeichnete einen hohen Ordnungsgrad und hohe Entropie einen niedrigen Ordnungsgrad (also Chaos). Für einen Smart befand sich ein Wrestlingmatch also in einem perfekten Ordnungszustand. Nicht so für Felix, den die Hardcore-Fans als einen Mark bezeichnen würden, jemanden der Wrestlingmatches für echt hält oder über so gut wie kein Insiderwissen verfügte. Offenbar waren aber die meisten Fans Marks, ansonsten würde die Austragung eines Matches ja völlig redundant sein.

Während Felix dieser längst vergessen geglaubte informationstheoretische Wirrwarr aus seinem Studium im Kopf herumschwirrte, schien ein neues Match zu beginnen.

„Meine Damen und Herren ich bitte um ihre Aufmerksamkeit für ein TLC Match. Ja sie haben richtig gehört, heute wird ein Green Boy aus dem Roster von Bob Williams gegen den bekannten Heel Raven in einem TLC Match antreten. Meine Damen und Herren in der linken Ecke: mit einem lächerlichen Gewicht von 160 Pfund: Shawn Austin!“

Felix neuer Freund erklärte ihm hastig, dass ein TLC Match ein Kampf war, in dem ein Tisch, eine Leiter und ein Stuhl als Waffen erlaubt waren. Der Wrestler der den Namen Shawn Austin trug, sah aus als fühlte er sich äußerst unwohl in dem rosafarbenen Catch-Outfit in das man ihn gesteckt hatte. Auf der Videoleinwand konnte Felix das nette Brady-Bunch-Gesicht erkennen, das unglücklich aussah und so gar nicht zu einem Wrestling-Star passen wollte. Er erinnerte sich an eine alte Sledge-Hammer-Folge in der Sledge zu einem griesgrämigen Amish-Väterchen sagte: „Hab ich ihr Gesicht nicht schon mal auf einer Haferflockenpackung gesehen?

Meine Damen und Herren: Shawn Austin – The Extinguisher“, unterbrach der knöcherne Ansager Felix Gedankengang. Eine rotierendes Blaulicht und der tosende Lärm dutzender Fanhupen leiteten das Match ein. Der gegnerische Wrestler rannte auf den verwunderten Shawn zu, der noch nicht realisiert zu haben schien dass er sich in einem Ring befand, schlug ihn mit einer Clothline zu Boden und nahm dessen Kopf zwischen die Beine.

„Unglaublich, ihr blutrünstigen Arschlöcher, es scheint so als ob Heel Raven zu einem Piledriver ansetzt. Das ist der schiere Wahnsinn!“

Jetzt griff Raven unter den Bauch seines Gegners, zog ihn hoch, so dass Shawn auf dem Kopf stand und ließ sich nach hinten fallen während Shawns Kopf auf seinen Oberschenkeln liegen blieb. Auf der Videowand konnte Felix erkennen wie Shawn die Augen verdrehte und Blut aus seiner Nase auf sein bonbonfarbenes Outfit lief. Das gab ihm den Rest. Hastig nahm er einen letzten Schluck aus seiner Longneck-Flasche und verließ unter dem allgemeinen Gebrüll „Mark’s Wrestling Bar“. „Das also war mein actiongeladener Allnighter“, dachte Felix verdrossen, aß noch einen pappigen Cheeseburger, erbrach ihn auf der Toilette der Fast-Food-Filiale und machte sich auf den Weg nach Hause.

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