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Von Kairo nach Tel Aviv – 2. Tag

„Auf dem Ramsis-Bahnhof hatte ich das Glück in einen Gefangentransport zu schlittern und grimmig dreinblickende Polizisten mit Schlagstöcken und Schilden versperrten den aufsässigen Ägyptern den Weg.“

Bin der teuren Kairo-Stadttour geschickt aus dem Weg gegangen, indem ich einfach taktisch verschlafen und dem Hotelier erzählt habe, ich hätte die Abfahrtszeit nicht gewusst. Dann wollte er das Geld für meinen Pyramiden-Trip am nächsten Tag haben und ich verstand ihn falsch und dachte er will das Geld für die ausgefallene Tour. So gerieten wir uns etwas in die Haare, bis sich das Missverständnis aufklärte. Das gesparte Geld will ich nun in eine Tour nach Luxor investieren – mit dem Zug immerhin zehn Stunden nach Süden gurken. Ich plante den halben Tag für das Abenteuer ein, am Ramis-Bahnhof eine Fahrkarte zu kaufen.

Am Midan-Ramis ging ich in eine Garküche um dort fuer 3 Ägyptische Pfund zu essen (das ist ein Zwanzigstel (!!!) von dem was man im Nile Hilton bezahlt). Dort wurde ich direkt von mehreren angequatscht, unter anderem von einem Palästinenser namens Mohamed Harb. Er ist ein bildender Künstler und Experimentalfilmer aus Gaza City und lud mich zu einem Independent Film Festival im Russischen Kulturzentrum in El Dokki ein. Was fuer ein netter Zufall. Wir verabredeten uns für fünf Uhr und „Inschallah“.

Auf dem Ramsis-Bahnhof hatte ich das Glück in einen Gefangentransport zu schlittern und grimmig dreinblickende Polizisten mit Schlagstöcken und Schilden versperrten den aufsässigen Ägyptern den Weg. Nach einer Weile liessen sie ein paar vorbei und ich schlüpfte mit durch. Ein amüsierter Polizist beobachtet mich und fragte was zur Hölle ich denn hier wolle. Ich sagte, dass ich einen Zug reservieren wolle und er bot an mir eine Karte zu kaufen, da man sonst Stunden ansteht. Meinen Personalausweis hielt er für eine Studentenkarte und da Studenten hier wohl hochangesehen sind, bekam ich 30% Ermässigung auf den Fahrpreis: 16 Euro Luxor und zurück in der ersten Klasse 🙂
Dabei hatte ich noch nicht einmal danach gefragt…

Nach kurzem Verschnaufen im Hotel ging ich zu meiner Verabredung, die natürlich nicht da war, also auf eigene Faust in die Metro und zum Festival gefahren.


Mohamed entschuldigte sich mehrmals, wich gar nicht mehr von meiner Seite und stellte mich den Festivalorganisatoren vor. Sie wollen nun unbedingt nächstes Jahr meinen Film in Kairo zeigen…

Ich muss hier nun mal kurz innehalten, da ich selber nicht ganz glauben kann, dass ich hier nach zwei Tagen schon in der Kairo-Society angekommen bin 🙂 Aber das meinte ich eben mit Reisekarma.

Die Filme auf dem Festival waren erstaunlich: Es ging um sexuellen Missbrauch in der Familie, Machtmissbrauch durch Autoritäten, eine entfremdete Liebesbeziehung, die Probleme eine „Pille danach“ in Ägypten zu bekommen, die emotionale Abhängigkeit einer Frau von einem nicht existenten Mann und die Zufriedenheit von einfachen Ägyptern in dem Dorf Marazik. Mohamed hatte ein Stück Video Art über die Schwarz/Weiss-Berichterstattung im Gaza-Konflikt gemacht. Ausgerüstet mit Katalogen, die ich in einem Kreuzberger-Atelier abgeben soll und einem Kontakt im Gaza-Streifen, machte ich mich auf den Heimweg …

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