Artikel
2 Kommentare

School of Stylez [Vol.2 – Dub, Grime, Dubstep] – Teil 1

Ein Gespenst geht um in Europa: Dub, Grime, Dubstep. Seit den frühen 90er Jahren mit Techno, Breakbeat und TripHop, so wage ich zu behaupten, hat es keinen derart neuen Sound in der Popmusik gegeben. Was ist Dub? Was ist Grime? Was ist Dubstep?!

Sie mögen sich nun, liebe Leser, zurückgelehnt haben und zu sich selbst sagen: „Törichtes Gedröhne! Muss ich mir das antun? Musik von Underclass-Kids mit mangelhafter Bildung und Migrationshintergrund, aus Großstadtghettos, mit Gewaltpotential … da ist ja nicht mal ne richtige Melodie bei.“ Und Sie mögen damit recht haben. Aber Tatsache ist: Das Zeug rockt wie die Hölle.

Ich werde mich an einer Darstellung der Phänomene Dub, Grime, Dubstep versuchen, die sich an folgenden drei Disziplinen der Musikwissenschaft orientiert: Musikgeschichte, Musiktheorie, Musikethnologie. Welche historischen Wurzeln hat Dub? Lässt sich eine Theorie des Grime formulieren? Wie hat man sich eine Ethnie Dubstep vorzustellen, also einen Stamm, der Dubstep produziert und konsumiert?

Ich suche das Gespräch und fahre mit der Straßenbahn nach Berlin-Friedrichshain. Mein Weg führt mich in die Mainzer Straße zum Plattenladen Tricky Tunes. Sie werden es schon ahnen, liebe Leserinnen und Leser, es handelt sich hier um den wahrscheinlich coolsten Plattenladen der Stadt. „Bassline Provider“ steht auf dem Ladenschild geschrieben, und der Mann, den ich hier treffe, kann mit Fug und Recht „Koryphäe“ genannt werden. Dean Bagar alias Tricky D, seines Zeichens DJ, Besitzer von Tricky Tunes und Owner des gleichnamigen Labels. Seinen Laden betreibt er seit sieben Jahren. Seit Anfang der 90er lebt er in Berlin, davor war er ein paar Jahre in London. Geboren und aufgewachsen ist er im heutigen Kroatien, und gerade kommt er von einer Reihe von Veranstaltungen in europäischen Ländern zurück, bei denen Dean als Tricky D mit seinem Soundsystem mitgewirkt hat.

„Dub entwickelt sich. Es ist wirklich eine sehr, sehr breite musikalische Richtung, wenn es um Dub geht. Die Wurzeln liegen auf jeden Fall im Reggae.“

Zu Beginn der goldenen 70er Jahre wurde in Jamaika eine Musikproduktionstechnik entwickelt, die in den folgenden Jahrzehnten eine ungeahnte Wirkung auf die gesamte Ästhetik der Popmusik haben sollte. Es war eine sanfte Revolution, die hier in den Tonstudios der Karibik ihren Ausgang nahm. Sie bestand im schlichten Weglassen der meisten Tonspuren eines Reggae-Songs, bis nur noch Rhythmus und Basslinie übrig blieben. Aus dieser rhythmisch-harmonischen Verdichtung konnten im zweiten Schritt neue Klangräume erschlossen werden.

Durch Ein- und Ausblenden, Zu- und Wegschalten der Gesangs- und Instrumentalspuren mit reichlich Hall und Echo. Der Akt der Umwälzung vollzog sich also auf medialer Ebene: Das Mischpult im Tonstudio wurde zum Musikinstrument. Von der Dub-Technik zum „Musikant mit Taschenrechner in der Hand“ war es nur noch ein Schritt.

Der Einfluss des Dub, der inzwischen eine eigene musikalische Richtung geworden ist, ist stilübergreifend und international. Seinen Niederschlag fand er zweifelsohne in der neuen Elektronischen Musik der Gruppe Kraftwerk, deren „Trans Europa Express“ wiederum den frühen amerikanischen HipHop geprägt hat, der seinerseits im Funk eines James Brown wurzelt.

So entwickelte sich ein Sound für die Zukunft: Dub-Ästhetik, Mensch-Maschinen, Funkyness und die Power der Deklassierten.

Fortsetzung folgt…

2 Kommentare

  1. Pingback: School of Stylez [Vol.2 - Dub, Grime, Dubstep] - Teil 2

  2. Pingback: » School of Stylez [Vol.2 - Dub, Grime, Dubstep] – Teil 2 realvinylz.net – Urban Electronic Music and Culture

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.