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Ein sophistischer Lehrsatz

Ein sophistischer Lehrsatz besagt, dass, wenn alle Menschen das zusammentragen was sie nicht mögen oder gar hassen und auf einen Haufen werfen und anschliessend jeder das mitnimmt was er mag, nichts liegenbleibt. Wenn es einen solchen Ort gäbe, dann müsste man dort die tollsten Sachen finden. Zum Beispiel bei der Heilsarmee. Stattdessen sammeln sich dort hässliche Klamotten, hässliches Geschirr, Gesellschaftspiele ohne Würfel und verstaubte Bücher. Irgendetwas ist also nicht in Ordnung mit diesem Lehrsatz.

Da wir in einer Gesellschaft mit einer endlichen, ja abzählbar endlichen, Anzahl von Individuen leben, kommt der sophistische Lehrsatz niemals zur Anwendung. Stattdessen können sich die „Marktteilnehmer“ erstaunlich gut darauf einigen was sie als wertvoll empfinden und was nicht.

Der sophistische Lehrsatz ist allerdings nicht per se falsch, sondern nur unter Idealbedingungen anwendbar. Was ihn von potentiell erreichbaren Denkmodellen wie etwa dem Sozialismus jedoch unterscheidet, ist, dass er nichtmal unter günstigsten Bedingungen denkbar ist. Denn es wird sich niemals eine unendliche Anzahl Menschen an einem definierten Ort zu einem definierten Zeitpunkt einfinden. Höchstens da wo sich zwei Parallelen treffen: Im Unendlichen.

Ist also eine potentiell erreichbares Denkmodell einem definitiv unerreichbaren Lehrsatz vorzuziehen? Der Sophismus wurde ja zu seiner Zeit als Begründung für einen Moral- und Ethikrelativismus verwendet und war somit nie als Realzustand intendiert. Genau so wenig übrigens wie Schrödingers Katze, halb tot und halb lebendig, bis einer den Kasten aufmacht und nachsieht. Dieses (meta)physikalische Denkmodell erinnert ja auch frappierend an Berkeley:

Wenn niemand beobachtete wie die Sophisten in dem Lehrsatz alle Dinge auf einen Haufen werfen, gibt es diesen Zustand auch nicht, sondern er zerfällt in eine Wahrscheinlichkeitsfunktion. Wenn aber ein einziger Mensch das Zusammentreffen der Sophisten denkt, so ist er gleichzeitig alle Sophisten und jedes der auf dem Haufen liegenden – geliebten und verabscheuten – Gegenstände.

Folglich liebt/verabscheut dieser Denker auch alles zur selben Zeit. „Ordinary physical objects are composed solely of ideas“, schrieb Berkely. Naja, da ist ja mal etwas zurecht auf den Haufen der Philosophiegeschichte geworfen worden.

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