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Diary of an Unpublished Author 1 (Kritische Ausgabe)

Statt mich heute der Schreiberei zu widmen bin ich ins Kino gegangen und habe mir den Film »Finsterworld« angeguckt, der in einem dystopischen Deutschland spielt. Der Film ist von allerlei verzweifelten Menschen bevölkert: Schnöselige Internatsschüler, Werbefuzzis, einem psychopathischen Fußpfleger und einem Aussteiger, dessen einziger Freund ein Rabe ist. Natürlich darf auch ein KZ nicht fehlen und ein Lehrer, der den genervten Schüler mit Holocaust-Aufarbeitung kommt.

Eine Theorie im Film: Deutschland und vor allem die Nationalflagge ist heute so häßlich, damit keiner mehr auf die Idee kommt die Weltherrschaft anzustreben. Damit keiner sich wohlfühlt und keiner stolz auf sein Land ist.

Mag sein, aber wollten wir nicht gerade deshalb unser Territorium vergrößern? Ist Polen nicht noch viel häßlicher? Oder Weißrussland? Der gesamte Ostblock? Wir haben ja wenigstens Werbeplakate mit aufgepimpten Menschen …

Damit ich mich besser konzentrieren kann, habe ich – und jetzt wird es weird – einen Fernsehkanal und den Liveticker der Berliner Morgenpost aufgerufen, der mir Auskunft über die Wahlbeteiligung und irgendwann auch über das Ergebnis des Berliner Volksentscheids (Berliner Energieversorgung) liefert. Außerdem habe ich mir Zigaretten gekauft, die mir das Gefühl geben ein gestresster Autor zu sein. Ja, genau: Selbstzerstörung um kreativ zu wirken. In »Finsterworld« gab es auch eine Karikatur-Dokumentarfilmerin, die Menschen in Problemgebieten filmen will, sich aber weigert nach Ruanda zu fliegen, weil die Menschen dort vorgeführt werden würden. Ihr Freund ist ein Furry. Ja, sie war ein bißchen wie ich: Ehrgeizig und eager Filme zu drehen, für die sich nur ein kleines Publikum interessiert. (Naja, Culture Jamming haben ca. 10.000 Menschen gesehen, von Szenepublikum kann da keine Rede mehr sein.)
Und trotzdem: Elitarismus ist keine Lösung (will mir ausgerechnet Christian Kracht verklickern).

Der Film ist eine ironische Betrachtung des deutschen Selbsthasses. Allerdings ist er (der Film) in sich auch voller Ekel, Depression und Neurosen. So ein Film macht keinen glücklich.

Und: Es gibt keine Flucht. Nicht der Wald, nicht das SUV, nicht die Schnöseligkeit, am ehesten noch die kranke Obsession kann uns retten. Naja! Bei solchen Filmen ist man ja immer froh, dass man anders ist als die Protagonisten. Nein, ich will nie so werden wie die dargestellten Menschen. Am ehesten noch wie der Junge mit der Brille und den Locken, der in die Natur flüchet und mit den Käfern redet. Ausgerechnet der muss natürlich sterben – durch die Hand des Aussteigers.

Bin ich ein Autor, wenn ich nicht schreibe? Kann ich mich ewig auf einem Roman ausruhen, den ich vor einem Jahr fertiggestellt habe? Ist da etwas interessantes entstanden? Ich finde schon. Ich finde »Quantum Suicide« ist rundum gelungen. Es ist auf keinen Fall trivial, sondern von komplexer Struktur und mit einer ausgefeilten Symbolik, die vielleicht an ein paar Stellen noch »too much« ist. Ich muss einen Verlag finden, das kann nicht so schwierig sein. Und wenn solche narzißstischen Langweiler wie Jan Saxenhofer oder Michael Habenstein meinen sie müssten nicht mal eine Standardabsage schicken, dann bekommen sie an dieser Stelle eine phatten Stinkefinger. In your face!

»Ah, those blood-sucking agents and editors. I’m pretty sure they have meetings in a secret underground lair where they talk about how jealous they are of my writing skills and how they should team up to keep me from being published.«

5 Lies Unpublished Writers Tell Themselves

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