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Diary of an Unpublished Author (Nachwort von Dr. Christhardt B. Etzenkirchen)

Prolegomena zu einem künftigen Tagebuchband, der als Literatur wird auftreten können

Als mich Herr Schwertgen gebeten hat das Nachwort zur Kritischen Ausgabe des ersten Bandes »Diary of an Unpublished Author« zu schreiben war ich zunächst geneigt abzulehnen. Mir waren die stark biografisch geprägten literarischen Versuche von Herrn Schwertgen noch aus meinem Seminar »Erzählprosa in abgehacktem Nominalstil« in Erinnerung.
Nun ist es aber an der Universität der Künste gute Tradition, dass die Meister ihre Schüler noch einige Zeit bei ihrem beruflichen Werdegang kritisch begleiten.

Mir ist bewusst, dass die ersten Schritte von jungen AutorInnen in dem dichten Gespinst aus Lügen, Filz, Feuilleton, schlechter Ernährung, diabolischer LektorInnen und publikationsunwilliger Verlage schwer genug sind.

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Diary of an Unpublished Author 10 (Kritische Ausgabe)

… und weiter geht es im ersten Akt von »Die Maßnahme«:

Angela: (verbindlich eröffnend) »Jaaa, ich denke wir fangen dann mal an. (Kunstpause) Ich möchte mich zunächst noch einmal vorstellen. (deutet in Richtung Thorsten, der zuckt leicht mit den Achseln) Mein Name ist Angela Pfeiffer. Ich bin 38 Jahre jung und studierte Diplom-Psychologin. Nach meinem Studium habe ich eine Weile in der Erwachsenenbildung und später dann in einem Assessment-Center gearbeitet, für die Firma PriceWaterhouseCoopers.«
(legt die Fingerspitzen Joachim Bublath-mäßig zusammen)
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Diary of an Unpublished Author 9 (Kritische Ausgabe)

Gerade habe ich Pulsarnacht von Dietmar Dath fertiggelesen. Ein Dath-Roman, der – wie so oft – soviel will und soviel andeutet und dabei um ein Haar den Fokus der Erzählung, das »Eigentliche«, aus den Augen verliert. Ein atemloses Erzählen, das David Foster Wallace besser beherrscht, einfach deshalb, weil er restlos in seine Figuren eintaucht und nicht durch ein voraussetzungsreiches Vokabular, das im Glossar noch voraussetzungsreicher erklärt wird, die Geschichte verdeckt. Die Sprache von Wallace ist kompliziert, aber so redundant, dass durch jede Pore das durchsickert, was er sagen will. Die Geschichte schwitzt das Gemeinte, das Unsagbare aus. Soweit ist Dietmar Dath noch nicht. Aber einige Passagen sind wunderschön. Einige der Breven (kleine eingeschobene Gesänge) am Schluss treffen den Kern der Sache, wirken wie Geschichten aus Tausendundeiner Nacht, wenn sie nicht sogar von dort entlehnt wurden.
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Diary of an Unpublished Author 8 (Kritische Ausgabe)

Immer noch erkältet. Mein Kopf dröhnt wie eine gute Drone-Platte. Trotzdem befreit mich das selbstverständlich nicht von der Verantwortung ein paar Zeilen zu schreiben. Ich möchte ein paar Notizen hier abspeichern, die ich mir aus dem Buch »Darwin im Reich der Maschinen« von George B. Dyson gemacht habe. Sie werden wichtig sein für die Binnenwelt von »Das Turing Continuum«.
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Diary of an Unpublished Author 7 (Kritische Ausgabe)

Habe dann trotzdem angefangen die Novelle vom »Dorfimbiß« (der Duden kennt die Schreibweise mit »ß« ignoranterweise nicht) zu schreiben:

Am Eingang des Dorfes machte die Bundesstrasse eine Kurve, die Absicht des Erbauers sein musste. Nicht nur war es unmöglich die Kurve mit mehr als 30 km/h zu nehmen ohne aus selbiger hinausgetragen zu werden. Nein, es säumten auch gleich zwei Dorfschenken den Weg, die eine großspurig als »Landgasthof Schmitz« ausgeschildert, die andere erratisch mit »Bei Knipping« betitelt.
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Diary of an Unpublished Author 6 (Kritische Ausgabe)

Heute im Halbschlaf kam mir eine Romanidee in den Kopf, die sich aus drei zufälligen Beobachtungen/Erinnerungen/Geschehnissen zusammensetzte:

    1. Frank Bölter, ein Protagonist der arte-Serie Kunst fürs Dorf – Dörfer für Kunst, hat sich in einer Szene gegenüber seiner Frau darüber amüsiert, dass der Dorfgrill in Sachsenberg – dem Kaff in dem er seine Residenz hatte – nie aufhabe. Das erinnerte mich daran, dass es mir immer Spaß gemacht hat irgendwelche Theorien und Privatmythen aufzustellen, über Orte an denen ich temporär oder längerfristig gewohnt habe. Ob es der kaum frequentierte Chinese in der Gladbacher Straße war oder die komische Kneipe in der es »Eitergeschwür« oder »Goldschnaps« gab.
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Diary of an Unpublished Author 5 (Kritische Ausgabe)

Heute nacht hatte ich einen echt dystopischen Traum. Ich wurde mit einer Menge Leute in eine jugendherbergsähnliche Einrichtung untergebracht, mit Duschen wie es sie in meiner Kindheit an der Werner-von-Siemens-Schule gab. In meinem Zimmer waren die Betten in zwei Teile geteilt und jeweils zwei von uns mussten sich eine Decke teilen. Ich war ausgerechnet mit ein paar Rockern – die stark an Böhse-Onkelz-Fan gemahnten – in einem Zimmer untergebracht und es schien ausgemacht, dass zwischen uns keine Sympathien erblühen würden. Trotzdem entschied ich mich fürs Erste für Freundlichkeit.

Der Sinn der Unterbringung war eine soziale Simulation, etwas das im Traum den penetranten und wenig originellen Namen »1984« trug. Jedem von uns wurde eine bestimmte Rolle zugewiesen und unserem Zimmer wurde die Rolle des Polizisten zugeordnet.

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Diary of an Unpublished Author 4 (Kritische Ausgabe)

Vor drei Jahren habe ich ein Theaterstück geschrieben. »Die Maßnahme«. Es beruht lose auf den Erfahrungen von A. und N. in einer Hartz IV-Maßnahme im berüchtigten Jobcenter Pankow. So geht es los:

Ein leerer Raum, eine Schiefertafel auf der linken Bühnenseite, daneben ein Overheadprojektor, ein schwarzer Plastikpapierkorb und ein ein typischer Schulzubehör-CD-Player. Vier in Zweierpaaren aufgestellte Schultische und Stühle, ein Dozententisch. An der Hinterwand befindet sich ein Fenster mit runtergelassenen Jalousien. Tageslicht scheint durch. Die Tür befindet sich am rechten Bühnenrand. Man hört sanfte, meditative Panflötenmusik. Eine männliche Person in den mittleren Vierzigern (Thorsten) in speckiger Jeans und »schickem« C&A-Hemd tritt auf. Er trägt einen billligen, schwarzen Lederaktenkoffer in dem die Stullendose klappert. Thorsten sieht sich genervt um, wählt dann den Platz rechts-hinten. Er legt den Aktenkoffer auf den Tisch, setzt sich umständlich, öffnet den Aktenkoffer und entnimmt ihm eine Stullendose und eine 0,5l-Kaffekanne. Er gießt sich einen Deckel voll Kaffee ein und öffnet die Stullendose. Linkisch fingert er eine Graubrotstulle mit Cervelatwurst aus der Dose und mampft los. Eine weibliche Person Ende Dreißig (Angela), attraktiv, stilbewusst, mit Jeans und Blazer, aber sehr fraulich, militant-offene Mimik und Gestik, tritt auf. Sie sieht Thorsten und grüßt freundlich.
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Diary of an Unpublished Author 3 (Kritische Ausgabe)

Zu meinem Manuskript »Das Turing Continuum« ist mir eingefallen, dass ich die Geschichte so strukturieren könnte, dass die Sprache, in den Passagen in denen die künstliche Intelligenz (NHC) eingesperrt ist, immer detailarmer, kürzer und direkter wird, während die Welt die ich vorher schildere sehr detailreich und »voll« ist.

Das wäre ein tolles strukturelles Mittel, mit dem ich auch wieder meiner alten Leidenschaft treu bleibe. Der Leidenschaft aus Form und Inhalt eine (aargh) synergetische Symbiose zu erschaffen. Die Form reflektiert den Inhalt und der Inhalt gewinnt aus der Form. Solche Spielereien finde ich toll, wenn sie gut gemacht sind.

Als ich gestern zur VHS Mitte gefahren bin, war ich etwas zu früh da und bin die Linienstraße hinuntergelaufen. Es dämmerte gerade und die Flutlichtanlange eines kleinen Fußballstadions war bereits eingeschaltet. Die Kleine Hamburger Straße endet direkt vor dem Absperrgitter. Dahinter war ein hell erleuchteter, größtenteils leerer Sportplatz zu sehen. Im Hintergrund leuchtete der Alex in der Dämmerung und ein Schwarm schwarzer Vögel flog hinter dem Turm vorbei. Ich dachte in dem Augenblick, das Schönheit alles überstrahlen kann. In dem Augenblick in dem wir Schönheit wahrnehmen können, übersteigt unser Geist Grenzen und ist Teil einer großen, ewigen Idee von Schönheit. Ich hatte einen Augenblick keine Angst mehr und fühlte mich frei. Dann dachte ich daran, wie ich den Ausblick fotografieren würde und fiel zurück in meine Körpergrenzen. Aber mir wurde klar, dass das schon ein Ziel an sich ist, wenn man schreibt oder filmt. Wenn es einem gelingt einen Augenblick vollkommener ästhetischer Harmonie zu erschaffen, dann macht man anderen Menschen ein Geschenk, welches einen Wert an sich darstellt. Egal ob jemand die Botschaft des Kunstwerks versteht oder die Welt besser wird.
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Diary of an Unpublished Author 2 (Kritische Ausgabe)

Worum geht es in dem Manuskript »Das Turing Continuum«? Es fehlt eine grobe Outline und das obwohl ich schon seit einem Jahr daran schreibe. Nun denn:

Der Computertechniker Paul Madorn arbeitet als Hilfskraft in einem sektenähnlichen Unternehmen, das an ein Non-Human Consciousness (NHC) glaubt, beziehungsweise eines erschaffen will. Paul leidet an verschiedenen psychischen Störungen, die er von einem Psychiater namens Dr. Donato Jobson behandeln lässt. Unter anderem wird er katatonisch, wenn er mehrere Entscheidungen gleichzeitig zu treffen hat. Kurz nachdem wir Paul kennengelernt haben, erfahren wir, dass im Internet ein Computercode aufgetaucht ist, der das Erwachen eines nicht-humanen Bewusstseins impliziert. Paul hält dies jedoch für einen Ente, bis er auf seine Ex-Freundin Alisa Gross trifft, die fest davon überzeugt ist, dass der Code echt und sein Inhalt ernstzunehmen ist.
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