Wenn es um die Vorausahnung von musikalischen Trends geht, habe ich mich meist süffisant grinsend zurückgelehnt und dem geharrt, was da wohl kommen werde. Entgegen dieser Gewohnheit wage ich in diesem Post einen hellseherischen Ausblick auf den musikalischen Trend im Frühling/Sommer 2009. Sollten die Vorhersagen nicht eintreffen, werde ich diesen Post selbstreden und stillschweigend löschen und alles gesagte abstreiten, aber es sollte mich doch sehr wundern, wenn wir nicht kurz vor einem Italo Disco-Relaunch stehen.

Kurz zur Begriffsbestimmung: Italo Disco ist ein Subgenre der elektronischen Musik der 80er Jahre und insofern auch ein Subphänomen des 80er-Jahre-Revivals. Zum Einsatz kamen zeitgemäße Instrumente wie Synthesizer, Keyboards und Drumcomputer – in einer vielleicht am ehesten als laff oder lasch zu bezeichenden Spielart.

Aus der Dialektik produktionsökonomischer Notwendigkeit (die Disco-Produktionen der 70er Jahre waren durch die vielen Studiomusiker extrem teuer) und der Experimentier- und Feierwut der Musiker, entstand der hedonistische, leichte, sphärische Sound mit eingängigen, leicht tanzbaren und nicht ins Extreme gehenden Beats.

In den besten Momenten erreichte Italo Disco den Glanz eines Post-Parliament-Funks (mehr Vodka-Red Bull als Ecstasy).

Durch verschwenderischen Einsatz von Popsternchen mit Samantha Fox-Stimme kam zusätzlich eine fast Punk zu nennende materialästhetische Komponente: die von vorne herein mit einer Halbwertszeit von wenigen Wochen kokettierende 12″-Single und die oft von mindertalentierten Comiczeichnern entworfenen Cover, eine Art naiver Generation-Golf-Neo-Impressionismus bzw. Surrealismus.

Anthonys Games – Silent Smiles
Anthonys Games - Silent Smiles

Peter And The Wolf – Dito
Peter And The Wolf

[via webdjsitalodisco.ch]

Der Ur-Sound findet sich auf der laut.fm-Station Italo Disco, eine Flasche Lambrusco sollte bereitstehen:


Was nun Italo Disco 2.0 angeht, dieser Sound formiert sich gerade – in einer zeitgemäßen ’stripped-to-the-bones‘ Variante – im Netz in Form von Mixen und myspace-Releases, wie z.B. der unlängst gepostete mysteriöse Mark E auf Jiscomusic, der grossartige (der Name ist Programm) mit seinen euphorisierenden Dubs und Edits längst vergessener Hits, das Label Glossy Edits und meinetwegen auch die Endorphinmachine Erobique.

Schublade auf, Style rein, viel Spaß beim Feiern!

0 Gedanken zu „Italo Disco 2.0 – Sound Of The Season“
  1. … aber das was du kritisierst, meinte ich eben auch mit „die von vorne herein mit einer Halbwertszeit von wenigen Wochen kokettierende 12″-Single“… Diese Musik ist Wegwerfmusik, für den einmaligen (Wiedererkennungs-)Effekt produziert, für einen euphorischen Abend und gerade daher voller hedonistischem Glanz. Mit Bowie kann und will es diese Musik (hoffentlich) wohl nicht aufnehmen…

  2. Italo is here to stay, durch Nerds wie uns kriegen doch so langsam erst alle mit, wie viel geiles Elektro-Disco Zeug es gab, insbesondere 1983 und 1984, und wie sehr sogar das alte Zeug rockt. Bitte mal Gino Soccio – Remember anhören. DANACH kam erst House. Also bitte, ein wenig mehr RESPEKT! Zur Weiterbildung und zum Feiern: auf unsrem myspace-Blog gibts unsere „musica da batticuore“-Mixe zum Downloaden, nur echte Klassiker, nur von Vinyl, live gemixt. The future is 25 years old.

  3. И как автору не жалко столько времени на написание статей тратить, мы конечно Вам очень благодарны, но вот я на такой альтруизм не способен 🙂

  4. Auch wenn der Thread schon was älter ist:

    Italo-Disco ein neuer Trend?

    Dank den Niederlanden ist Italo-Disco niemals verschwunden.

    Und auch in anderen Ländern ist Italo Disco längst kein Geheimtipp mehr.

    Höchstens möglich, dass auf irgendwelchen 80s-Parties wieder mehr Italo Disco läuft.

    Naja, und vom Style her könnte es eventuell auch den ein oder anderen inspirieren.

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