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Von Köln nach Merzouga (und zurück) – Tag 1 bis 4

Reiseroute:

Köln
– Port-la-Nouvelle – Granada – Tanger – Martil – Et-Tleta-de-Oued-Laou – Chefchaouen – Ain-Dorij – Fès – Ifrane – Azrou – Errachidia – Meski – Erfoud – Rissani – Merzouga – Tinherhir – Ait-Hani – Boulmane-de-Dades – El-Kelâa-M’Gouna – Ouarzazate – Tifnite – Sidi Ifni – Guelmim – Bou Jerif – Plage Blanche – Tiznit – Marrakesch – Tanger – Alicante – Barcelona – Köln

Soundtrack:

Bloc Party – Silent Alarm Remixes
Superpitcher – Today
Solid Steel Sessions – Mr. Scruff
Swayzak – Route De La Slack
Justus Koehncke – Was Ist Musik?
Erobique Live in Hamburg 2004
Jack Johnson – In Between Dreams

Tag 1

Der erste Tag der Marokko-Tour stand ganz unter dem Motto „Mensch gegen Maschine“, was dem neuen elektronischen Spielzeug von Stefan geschuldet war, welches mit einer sexy Frauenstimme den Weg ansagen kann. Zunächst erlebten wir aber das seltene Vergnügen den Anfang eines Autobahnstaus mitzuerleben, denn zumindest ich hatte mich immer gefragt wie es eigentlich am Anfang eines Staus aussieht. Jetzt weiß ich es: Ein Caminganhänger gerät ins Taumeln, dreht sich um 180 Grad und bleibt dann halb schräg auf der Autobahn stehen. Fünf nette Franzosen springen aus ihren Autos und versuchen das Ding schnell von der Autobahn zu schieben. Ihre Autos blockieren die herbeieilenden Sapeur-Pompiers und während diese zu dritt das blutende Knie eines Kindes versorgen, bremsen die restlichen Schaulustigen den Verkehr ab.

Unseren Navi lies das kalt. SIE bereitete ihren ersten diabolische Schachzug in Lyon vor. Und zwar entschied das Ding, das wir keinesfalls nach Orange-Marseille weiterwollen, sondern in das Zentrum von Lyon.

Ich kannte die Strecke jedoch sehr gut und musste gegen die beiden Technokraten Guido und Stefan anschreien, die unbedingt ins Stadtzentrum wollten, weil ein Navi immer recht hat. Das Ergebnis: Wir nahmen direkt Kurs auf die Leitplanke in der Mitte der Strassenbiegung und im letzten Moment riss Guido das Steuer in Richtung Orange-Marseille. Eine halbstündige Diskussion über ausgerechnet meine krankhafte Technikfeindlichkeit entbrannte. Die Strecke Lyon-Nimes verlief relativ ereignislos und kurz vor Perpignan entschieden wir in Port-la-Nouvelle zu übernachten. Von dem sanften Tuckern eines Dieselmotors – der wohl die Stadionflutlichtbeleuchtung die auf unseren Bus strahlte mit Strom versorgte -, „gelegentlich“ vorbeipötternden Mopeds und öligem Miesmuschelgeruch wurden wir in den Schlaf „gewiegt“.

Tag 2

Schnell weiter nach Granada. Dachten wir … Allerdings stellten wir kurz hinter Perpignan fest, dass unsere Wasserpumpe gar nicht funktionierte, als wir den vermeintlich leeren Tank befüllen wollten und plötzlich eine Wasserlache in den Bus sickerte. Irgendwelche Schläuche lagen frei im Bus herum. Stefan und Guido fummelten fachmännisch daran herum, während ich nach jungen Französinnen Ausschau hielt. Bei der Reparatur gingen zwei Schlauchschellen – oder wie das Zeug heisst – kaputt und ich rettet meinen Ruf indem ich kurzerhand eine Schelle an der Luftdruckprüfstation der Tankstelle abmontierte und so die Pumpenreparatur zum Abschluss brachte.

Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen „Affen“ bekam, wollte ich die Beruhigungsmittel, die mit Frau K. vor der Abfahrt zusteckte – und die eigentlich für Flugreisen gedacht waren- , mal ausprobieren …

Unter 1 1/2 von den Dingern tat sich nix, außer dass mir der Verlauf der Reise bis Valencia unter dem diesigen Himmel Ostspaniens erstaunlich egal war. Kurz vor Lorca besann ich mich dann doch nochmal auf meine Kerntugend, kaufte zwei Heineken und übereredete unsere Navi-Zicke uns an einen Stausee in der Nähe von Baza zu bringen, an dem wir dann auf einer stockdunklen Schotterpiste mit Blick auf ein beschauliches Umspannwerk unser Lager aufschlugen.

Tag 3 und 4

Kurzfristig haben wir uns entschlossen in Granada die Alhambra oder – wie ich es nannte – das „Ford Granada“ anzuschauen. Leider nahmen uns die tausende Oma-Touristenbusse schnell die Lust. Ein kurzer Stadtbummel und dann weiter nach Algeciras zu der Fähre die uns auf den afrikanischen Kontinent bringen soll. Entlang der spanischen Küstenstrasse gibt es zahlreiche Tankstellen an denen die Fährgesellschaften Tickets nach Tanger und Ceuta verkaufen. Es lohnt sich hier mal nach Promotionaktionen der Gesellschaften zu schauen. Wir zahlten fast 100 Euro weniger als gedacht. Algeciras-Tanger hin und zurück 265 Euro für drei Personen und einen Campingbus. Die Nacht auf einem sauteuren spanischen Campingplatz ist nicht weiter erwähnenswert, wohl aber der morgendliche Dialog mit deutschen Touristen, die mich wiederholt fragten ob wir „koa Wind“ dabei hätten und es nicht fassen konnten das wir „ohne Wind nach Marokko“ fahren. Später fand ich heraus, dass sie Surfbretter meinten …

Die Fähre nach Tanger ist in der Regel unpünktlicher als die nach Ceuta, braucht laut Fahrplan 2 1/2 Stunden und in Wahrheit knapp 3 1/2, ist aber deutlich billiger. Nach drei Stunden Fahrt sahen wir Tanger am Horizont: Der afrikanische Kontinent, wir hatten ihn erreicht. Ein Lärm von Tröten und Sirenen drang auf uns ein, die Sonne stand schon tief und ein Gewusel von Leuten war erkennbar.

Ich war mehrmals vor Tanger; den Einreiseformalitäten und den sogenannten Guides gewarnt worden, von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie William S. Burroughs in „Naked Lunch“ und Daniel C., einem Marokkokenner, der noch heute Bauchschmerzen bekommt, wenn er an Tanger denkt.

Es war jedoch halb so schlimm: Die Fährgesellschaft hatte uns schon Einreiseformulare gegeben die wir ausgefüllt hatten. Diese gibt man zusammen mit den Reisepässen dem putzig uniformierten Grenzbeamten und man bekommt einen Einreisestempel. Danach wird eine Fahrzeugeinfuhrgenehmigung ausgefüllt „La carte vert“ die man sehr oft braucht. Ein netter kleiner Beamter brachte uns zur Polizei, die registrierte unser Fahrzeug und dann mussten wir fuer 870 Dirham ~ ca. 76 Euro eine Marokkofahrzeughaftpflicht abschliessen. Nach der läppischen Frage nach zu verzollenden Sachen „Vous avez pistolas?“ gefolgt von einem Lachen, durften wir weiter.

Für einen der Europa noch nie verlassen hat ist Tanger ein Schock. Hunderte von Menschen rennen ohne zu gucken über die Straße, schreien in ihr Handy, diskutieren laut mit der Polizei oder wuseln in Cafés rum. Aufgehetzt vom unserem Buchreiseführer machten wir, dass wir aus Tanger wegkamen, auf nach Tetouan und zu einem Campingplatz in Martil, wo wir freundlich empfangen wurden.

Mustafa, der Wächter der Strandpforte und Fan von Pierre Littbarski, wurde schnell mein Kumpel und wir debattierten auf Französich über mauretanische Flüchtlinge, Marokko an sich und die Weiber.

Dabei hielt er mich wohl für ein bischen doof, da er mir mehrmals erklaerte wo Nordafrika und Europa liegen, unbeachtet der Tatsache, dass wir es ja auch ohne ihn nach Marokko geschafft hatten. Die philosophische Einsicht, die er mir am Strand mit auf den Weg gab war folgende: Eine Frau und Kinder, dass wäre was Feines, aber irgendwie auch ein Kreuz, wobei er sehnsüchtig auf den Horizont schaute und Fortuna rauchte …

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