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Betreff: Intrinsisches Entertainment

@subkid – 10.03.15 – 22:45 Uhr

Nabend!
Ich weiss nicht mehr, wie ich da heute morgen beim Duschen genau drauf kam – wahrscheinlich weil ich mich in letzter Zeit generell so an aufmerksamkeitsgeilen Menschen abarbeite – jedenfalls dachte ich heute morgen: Ich will einen Essay machen über den Wandel in der Unterhaltung.

Geschichtlich gesehen heisst es doch: Das abendliche Geschichtenerzählen am Lagerfeuer diente der Erfahrungsvermittlung. News, aber auch Legendenbildung, Sinnstiftung, Zeitvertreib. Schon bald professionalisierte sich das Erzählen. Hofnarren, Jahrmarktsgaukler, Wahrsager boten Unterhaltung und Orientierung. Gegen Geld. Heute werden Theater staatlich finanziert, der Rundfunk auch. Musiker bezahlt man für das Gefühlskino, das sie einem vermitteln, Filme an der Kinokasse.

Wenn das seit Hunderten, wahrscheinlich seit tausend Jahren so ist: Warum soll das Internet/die Digitalisierung jetzt Kulturerzeugnisse »befreien« und »demokratisieren«?

Wie kam es zu diesem Postulat, dass es Pflicht eines jeden Netzbewohners, eines jeden modernen digital natives sei, seine Mitbewohner umsonst zu unterhalten, zu bilden, zu belehren? Wer kam auf die bescheuerte Idee, dies auch noch mit »intrinsischer Motivation« zu begründen?

These: »Der Mensch ist so! Er will sich mitteilen.«

Gegenthese: Dadurch, dass sich jetzt jeder mitteilen MUSS, haben wir das soziale Netzwerk das wir haben:

    Einen Haufen Urlaubsbilder. Der alte Reisebericht, die Odyssee, der Blick über den Horizont reduziert auf »Diese Aussicht ist toll, oder?«

    Einen Haufen Essensbilder. Genuß reduziert auf »Sieht das nicht lecker aus?«

    Einen Haufen Tiervideos. Die große Frage nach der Entstehung/Exklusivität der Menschheit reduziert auf »Ist das nicht süß!?«

    Einen Haufen Pornos. Fortpflanzung reduziert auf »Jetzt hole ich mir einen runter«

    Einen Haufen Kommentare. Journalismus reduziert auf »Diese Meinung ist nicht meine!«

Ist das alles tatsächlich nur mit der Gier nach Aufmerksamkeit zu erklären? Haben das tatsächlich nur Facebook und Konsorten losgetreten, als sie uns aufforderten »Schreib etwas«?

————

Dafür werde ich wohl bald die »Ökonomie der Aufmerksamkeit« lesen müssen …

Soweit meine ersten Gedanken dazu. Vielleicht sollten wir hierüber einen regen Briefwechsel auf deinem Blog starten. Denn wäre dieser Briefwechsel etwas wert, wenn er keine Aufmerksamkeit bekommt? 😉

Und um dir noch einen Brocken/Aufhänger hinzuwerfen: Was hat es eigentlich mit dieser gar nicht neumodischen Formulierung »das verdient Aufmerksamkeit« auf sich? Sollte es eine Zentralbank der Aufmerksamkeit geben?

Q

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