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Re: Aw: Re: Sirenen (d.D.f.k.a.: Intrinsisches Entertainment)

@rumpusQ – 27.03.15 – 20:21 Uhr

Hi! und Hmmmm! … Das klingt doch stark nach DQschem Eskapismus – der mir persönlich natürlich sehr sympathisch ist. Bei den meisten Menschen (und bei dir auf jeden Fall) ist Eskapismus ja nur die dialektische Kippfigur von: Ich muss das System/die Menschheit/die Welt retten.
Soll heißen: wenn man so enttäuscht oder genervt von den Umständen (oder den Sirenenservern) ist, dass man nach Island will, dann war einem das Ganze vorher wohl ziemlich wichtig.

Ich denke, dass wir es bei den Sirenenservern mit einem Problem zu tun haben, das überwiegend ökonomischer Natur ist: Wenn es kein Geld (oder keinen geldwerten Informationsvorteil) für Daten gäbe, würde das Datensammeln für viele keinen Sinn ergeben.

Bei den narzisstischen Tendenzen der mitteilungsfreudigen Netzbewohner hingegen handelt es sich um eine Massenpsychose. Und ich kenne keinen psychischen Defekt der dadurch besser wird, dass man ihn durch ein externes Belohnungssystem positiv verstärkt.

Wenn also die Netzbewohner auf Teufel komm raus auf den Sirenenservern teilen, mitteilen und kommentieren müssen, um ihren Teil von Aufmerksamkeitskuchen zu bekommen, dann wäre die Rosskur wohl eine Bestrafung dieser Tätigkeit …
(Als Bestrafung bezeichnet man im Behaviorismus ein Ereignis, bei dem die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens gesenkt wird)
Wenn aber die größten Narzissten das meiste Geld verdienen, dann läuft was falsch.

Und deswegen nochmal zurück zum Odysseus. Für Adorno und Horkheimer war es ja so, dass Odysseus als bedingt »aufgeklärter« Mensch der archaischen Macht der Mythen mit instrumenteller Vernunft (oder technischer Rationalität) beikommen wollte. Anstatt seinem freien Willen zu vertrauen – der ihn schon vor so einem mythischen, vorrationalen Schmuh wie den Sirenen schützen werde.
Das hat nicht viel mit Vernunft zu tun, sondern eher mit Bauernschläue. So wie Mario Barth, der mit den Mitteln der Moderne (tolle Lightshow, HighDefinition und 1A-Tontechnik) Witze aus der Jungsteinzeit erzählt.

Im Klartext: Wir haben die technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts und die neoklassische Ökonomie des 19. Jahrhunderts. Dazu ein neofeudalistisches Gesellschaftsmodell – oder schlimmer. Und verwirrte Netzbürger die sich ohnmächtig auf die Sirenen stürzen. Das Ganze könnte auch anders gehen – wenn wir uns dazu entschließen könnten die Aufklärung auch auf sozialer, humanistischer, soziologischer, intellektueller *whatever* Ebene zu verwirklichen. Aber dazu fehlt die Zeit. Und das Geld. Und der politische Wille. Und daran reibe ich mich auf.
Natürlich gäbe es den individuellen Ausweg, auch für mich – aber um den Preis, dass ich die Klappe halten (oder in der Ortsgruppe diskutieren) müsste.

Und das es auch anders geht, als »Friß-oder-Stirb!« zeigt ja z.B. das Projekt MaidSafe. Nur: Solange es kein echtes Problembewusstsein gibt – und alle auf die »erfolgreichen« Geschäftsstrategien der Silicon-Valley-Kybernetiker starren – wird auch das ein Nischenphänomen bleiben.

Sehen wir uns auf Island?
Sub_Kid

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