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Platte des Tages: Mainframe – MF1 [1993, Mainframe 001]

mf1

Wiener Abfahrt. Zuerst ein sehr unbekanntes Label, das mit den nächsten beiden VÖs Technogeschichte schreiben sollte, als nämlich Ilsa Gold zuerst mit ‚Up!‘ und dann mit ‚Silke‘ die Zipfelmützenfraktion bis zum äußersten schwitzen ließ.

‚Hyperkarma‘ strahlt immer noch sehr viel Deepness im weltaltlichen Sinn aus, während das ‚Antibiotic Prod.‘ auf der A-Seite den perfekt antiseptischen Wavesound durch den Körper jagt. Definitiv ein Zeitdokument, einer Musik die es davor oder danach nicht hätte geben können.

Zum Runterkommen dann später was ruhiges von der Female Netaudiofront.

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Platte des Tages: Emmanuel Top – Acid Phase [1994, Attack Records 94-003]

acidphase

Mit Bruno Sanchioni, einer der Produzenten von Age of Love (jener Track der durch den Jam & Spoons Remix schon seit seiner VÖ absoluten Klassikerstatus genießt), als Mentor, kann wenig schieflaufen. Und so katapultierte sich Emmanuel Top schon mit dem Frühwerk ‚Turkish Bazar‘ an die Spitze der 94er Technocharts. Doch auch wenn dieses Stück den Anfang seiner Karriere markierte, gab es im selben Jahr noch eine ravigere Variante seines Schaffens, die noch viel stärker abgeht.

‚Acid Phase‘ ist sozusagen die geballte Energie von Speed kombiniert mit dem Glücksfluss von Ecstasy, während das andere einen trancigen Meditationsfluss darstellt, wenn der erste Rausch abebbt und die Deepness um sich greift. Und so wundert es auch nicht, dass ‚Acid Phase‘ in fast jedem Set von Mark Spoon zu finden ist. Eine bessere Abfahrt im Gray gab es bis auf die hauseigenen Klassiker wohl kaum. Vom Tempo moderat – und mir damals fast zu langsam – lässt es sich auch heute noch gut einbauen.

Mit Sanchioni sollte Top später wieder zusammenarbeiten und mit ihrem Projekt B.B.E. (Seven Days and one Week) machten sie dann endgültig die Nummer eins der Charts in halb Europa klar. Doch auch dort gab es – zeitimmanent – als Ausgleich das wahnsinnig trancige Fusion.

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Platte des Tages: V.A. – The Napoli Connection [Drumcode, DC077]

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Napoli scheint wohl das italienische Stockholm zu sein, zumindest was die Musik angeht. Gleich vier lokal etablierte, die, bis auf Joseph Capriati, vielen außerhalb noch unbekannt sein dürften, finden sich auf dieser EP die arg loopasiert ist. Capriati überzeugt mit Tiefe auf der Kickdrum, einfach durchtanzen.

Und Rino Cerrone hat die Pole Postion gepachtet. Ein mächtiger Schieber bei dem wenig passsiert, aber wenn dann doch, dann knallt es richtig. Wobei knallen eher das Gehirn als die Sounds meint. Einfach enorm hypnotisch.

Sasha Carassi und Luigi Madonna überzeugen leider nicht. Standard-Drumcode-Techno einmal mit mehr Becken und einmal mit mehr Hall. Aber allein wegen Cerrone sollte man diese EP besitzen.

Drumcode

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Platte des Tages: Joel Mull – Sensory [Truesoul 004]

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Nun endlich das Album von Joell Mull auf Truesoul. Wobei der Terminus Album trotz Intro- und Outrotrack nicht auf ein ganzes Konzept passt, ist es doch mehr eine Ansammlung von Clubtracks. Techno, nur weniger hart als der Output des Schwesterlabels Drumcode, der auch so gut geht.

Der bereits releasten Orgelkiller ‚Holographic‘ und das topfschlagende ‚Danny Boy‘ sind ebenso drauf, wie das housige mit den unheimlich geilen Vocals bestückte ‚Sunday2Sunday‘, in dem eine Frauenstimme alle Wochentage aufzählt.

Einfach alles gute bis sehr gute Tracks, wobei das Highlight des Albums ein ChillOut-Stück ist. ‚Sensory‘ erinnert an Weltraumabfahrten, Space Nights der 90er und ist der perfekte Ruhepool für Mitten in der Nacht. Killer!

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Platte des Tages: Blumfeld – Testament der Angst [EastWest 2001]

testament

Vor zehn Jahren ging’s dann auch grad garnicht mit dem Techno. Frankfurt hatte endgültig dicht gemacht und bis die Neuberliner ihre Keta-Spaßbremsen-Nullersound-Revolution starteten sollte noch ein Jahr vergehen. In Frankfurt (als ob es keine Boshaftigkeit auf dieser Welt gäbe) bretterte man unentschlossen zwischen Schranz und German Hardstyle hin und her. Das gab zumindest dem konventionellen, sich auf Rock beziehenden Pop eine neue Chance in meiner Kiste.

Das die Strokes mit ‚Is this It?‘ endlich wieder die Energie versprühten, die eine Dekade vorher Nirvana zu Weltruhm brachte, war erfreulich, aber auch nur ein Retrophänomen (wurde ja auch symptomatisch für die Nuller). Etwas ganz anderes passierte dann bei meinen damals noch regelmäßigen Besuchen im Plattenladen:

Extrem genervt von dem Einheitsbrei griff ich voller Übermut und zugedröhnt von zuviel Spex-Lektüre zu einem Vinyl (Testament der Angst), das wenige Jahre vorher definitiv niemand auf diesem Medium veröffentlicht hätte. Und dazu noch Hamburger Schule. Aber interessant war’s dann doch. Also das Pendel ganz in die andere Richtung geschleudert, damit es Jahre später mit voller Wucht zurückkommt.

[Video via KFMW]

Ignorant und leicht prollig wie man mit um die 20 eben so ist, konnte man die Band Blumfeld – ohne sie zu kennen – als Pseudo-Germanistikstudenten beschimpfen, um sich bloß nicht verunsichern zu lassen. Oder dann doch über den Schatten springen und den Texten eine Chance geben, sich an die akustische Instrumente gewöhnen. Was sicherlich schwerer war, denn musikalisch ist das Album kein Meisterwerk: relativ seicht und extrem poppig.

Textlich schon anspruchsvoller. Mehr Kritik (allerdings nicht so unvereinnehmbar-intelligent wie bei den Hamburger Kollegen der Goldenen Zitronen) die sich an der Desinteressiertheit des marktförmigen Menschen abarbeitet, allzuoft dran verzweifelt und sein Glück in der zweisamen Liebe sucht. Dabei ist es eine sehr dünne Grenze zwischen Kunst und Kitsch in der sich Jochen Distelmeyer mit seinen Texten bewegt. In welche Richtung die jeweilige Grenze überschritten wird, muss jeder für sich selbst herausfinden.

Vielleicht war es aber auch genau die richtige Reaktion, auf die damals ausgerufene Spaßgesellschaft mit Depression zu reagieren. Und von der Zwischenmenschlichkeit würde heute viel mehr gebraucht werden, da aus der vermeintlichen Spaßgesellschaft eine Hassgesellschaft geworden ist, ohne jetzt in ein verpillt-kitschiges „All you need is Love“ zurückfallen zu wollen.

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Platte des Tages: DNA – La Serenissima

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DNA dürften die meisten durch ihren Remix von Suzanne Vegas Tom’s Diner kennen. Doch der eigentliche Hit ist ihre Single ‚La Serenissima‘, die einige Monate vor eben jener Kollaboration erschien. Noch sehr in der End-80er-Dancemusic verhaftet, schreit auch hier schon alles nach England, dank der Breaks im Hintergrund. Was DNA letztlich auch von den deutschen ZYX-Acts unterscheidet. Dazu ein wenig Balearen Housefeeling druch die warme Bassline und ab gehts oder wie hätte Väth damals geschrien: „R u ready?“.

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Lavajaz – Debut [Spontan Musik, SMV018]

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Lavajaz aka Tobias Lorsbach aka Keinzweiter veröffentlicht zwei Jahre nach seiner ‚Globus Cassus‘-LP erneut ein Album. Und das Alter lässt seine Ambivalenzen auch nicht weniger werden. Statt Sci-Fi- und Singularitätsattitüde nun der Überfall auf das Binger Jazzfestival. Kein Problem als Altrheinbewohner mit eigenem Boot.

Und so klingt das Album dann auch, als ob er das Festival samplete, die Aufnahmen durch einen Hecksler jagte und anschließend in akribisch-mainzer Microfunk-Manier wieder zusammengeklebt hätte. Bis auf zwei tanzbare Tracks, ist das “Debut” bewusst ruhig gehalten und lässt den Jazz für sich sprechen. Manchmal schon stark mit elektronischen Sounds versetzt, sind es bei den anderen Tracks fast ausschließlich Originalsamples, die neu arrangiert wurden und das Ganze organischer einfärben.

Höhepunkte sicherlich ‚The weird Wire‘, die – und wieder – Orgel bei ‚Flyin‘ und das an französisches Cut-Up erinnernde ‚Missing‘. Mein Album des Monats und trotz des Alters mancher Tracks um vieles frischer als die Konkurrenz.

Spontan Musik

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JJ’s Platten zum Jahresabschluss

Die ob ihrer Vorhersehbarkeit meist gähnend zur Kenntnis genommen Jahresrückblicke sind fast schon wieder vergessen, es wäre also an der Zeit nach vorne zu blicken. Dabei lohnt es sich trotzdem, noch einen Blick auf 2010 zu werfen, denn fast jedes Mal fallen die Platten, die in den letzten Wochen des Jahres erscheinen, durch das Aufmerksamkeitsloch, das „zwischen den Jahren“ klafft. In diesem Jahr drohen da ein paar ganz besondere Perlen unterzugehen:

Als erstes wäre da Kassem Mosse zu nennen, der sich über zu wenig Aufmerksamkeit derzeit eigentlich nicht beklagen kann. Nicht wenige zählen ihn dank seiner Veröffentlichungen auf Laid und Nonplus sowie diverser Remixe bereits zum Produzenten des Jahres. Für alle die das angesichts seines bisherigen Outputs in 2010 zumindest ein bisschen schmeichelhaft finden, liefert Kassem Mosse mit seiner neusten EP auf dem italienischen Label Kinda Soul Recordings die passende Antwort. Dabei findet sich auf ‚2D‘ eigentlich wieder nur der typische Mosse-Trademarksound. Mal melancholischer, mal dreckiger, aber immer unberirrt treibender Maschinensoul, dabei so unverschämt lässig zur Perfektion gebracht, das ganz Detroit vor Neid erblasst.

Ähnlich vielversprechend wie Kassem Mosse präsentierte sich in diesem Jahr der Mainzer Tim Keiling alias Erdbeerschnitzel. Sein GlitchHop-Projekt Dark Side Of The Meat wurde hier schon gelobt, mindestens genauso beeindruckend war die DeepHouse-Hymne ‚To An End‘ inklusive dem lustigen Frankfurt-Video mit anglo-hessischem Charme.

Der nette Stadtführer würde sich sicherlich freuen, mit seiner Firma kurz vor Ultimo nochmal einen solchen Kracher in der Jahresabschlussbilanz verbuchen zu können, wie Erdbeerschnitzel mit seiner Suave EP auf 4lux. Zum Titeltrack und ‚360‘ tanzen nicht nur tote Bären auf schwebenden Punkten Boogie in vakuumverschlossenen Aquarien und der digitale Bonus ‚In their Eyes‘ ist nochmal lecker-wonkiges Ribsche mit Kraut.

Im UK schießen vielversprechende neue Produzenten und Label noch immer wie Pilze aus dem Boden, aktuell Eliphino und Somethink Sounds mit ihrer Undivided Whole EP. Die A-Seite ist mit samtenen Pads und punktgenau arrangierten Vocals die perfekte wärmende Decke aus der Euphorie-Garage, auf der B-Seite gibts dann den düsteren Ausgleich mit zwei pumpend-bleepigen Housetracks. Eiine rundum gelungene Platte und ein würdiger Schlussakkord unter ein Jahr, das in zehn Jahren wahrscheinlich als einer der Kulminationspunkte in Sachen UK Bass Music angesehen wird. Aber wer weiß, was 2011 noch bringen wird?

Und zum Abschluss sei nochmal auf den etwas untergegangene Jahresmix unseres Autors Subliminal_Kid verwiesen.

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Platte des Tages: Oktoberfest [1998, Auftrieb 008]

Wolfgang Voigt hätte sich keinen besseren Titel für diesen Track ausdenken können. Denn auch wenn die Quelle des Tracks alles andere als aus Bayern stammt, so deckt er dessen unbewusstes Potential voll auf: als Blaskapellensteilvorlage, dass es – ohne platt zu sein – wunderbar in Techno integriert werden kann. In 98er Techno, wohlgemerkt, als Väth gerade auf dem Heckmann-Trip war – dieser mit seiner Ton, Steine, Scherben-Serie ein mittelgroßes Sägezahnrevival einläutete, das von Berlin (Taksi) bis München (Kurbel) reichte und eben der anderen Rheinstadt Köln zu einem Schatz meiner Plattenkiste verhalf.

Definitiv kein Kanonklassiker, für mich aber immer wieder spielenswert. Sowas konnte man damals noch vor stinknormalen Schülern auf einer Abiparty spielen – neben Rush und den Space DJs – was heute unmöglich wäre, so ein Statement abzulassen, dass auch noch freudig angenommen wird. Aber das nur am Rande als kleine Kulturkritik 😉

Das zünftige Sample stammt übrigens aus dieser Quelle.