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Barcelona 2006 – The Influencers

Anlässlich des Culture Jamming-Festivals The Influencers habe ich mich mit dem Kameramann Daniel nach Barcelona begeben um einige Künstler und Aktivisten wie z.B. die italienischen Videospiel-Subversiven Molleindustria zu treffen.

Nachdem wir unser Zimmer in einem extrem asigen Viertel von Barcelona – Hostal „San Ramon“ mit üppigem Angebot an Prostituierten jeglicher Provenienz – bezogen hatten, ging es zum Strand. Kurz chillen, dann arbeiten und zwar filmen im CCCB – Centre de Cultura Contemporània de Barcelona. Das italienische Programmierkollektiv „Molleindustria“ entpuppte sich als eine einzige, extrem schüchterne Person mit dem Namen Paolo. Wir vereinbaren einen Interviewtermin am nächsten Tag. Der Auftritt eines Mitglieds der slowenischen Kuenstlergruppe NSK forcierte den Abend in eine extrem übereizte Diskussion über die ontologische Boshaftigkeit von Italien, Deutschland, Frankreich und Spanien, wobei wir eindeutig verloren haben und nun sehen werden, inwieweit wir morgen noch herzlich empfangen werden auf diesem nun doch sehr essentiellem Ereignis in Barcelona …



Das Hostelpersonal hasste uns. Jeden abend entschieden wir uns zwischen 23 und 2 Uhr, dass wir doch ein Hostel brauchen und bescherten ihnen einen elendigen Papierkram … Beim Frühstück lernten wir Guy und Eden kennen, zwei Israelis, die beide in der Armee waren. Ein wenig empfindlich war Guy schon. Als ich Eden fragte ob sie beim Militär sei – meine Assoziation war eher so „Chicks With Guns“ – erklärt Guy sofort, dass Israel keine Besatzungsmacht sei und wollte auch seine Handynummer nicht rausrücken, die Eden uns vorher angeboten hatte. Daniel hatte sich inzwischen schon unsterblich in Eden verliebt und rief jeden Abend „Eeeeeeeeeeden“ aus dem Hostelfenster. Beim spitzeln in der Reservierungsliste fand er allerdings heraus, dass Eden in Wirklichkeit Edith hiess, also nicht ganz so biblisch.

Zwischen zwei Partys gingen wir durch unser Hostel und ich sah in einem William-Gibson-artigen Sargzimmer einen jungen Japaner sitzen, der in seinen Sachen kramte und mich ein wenig an ein bekanntes Computerspiel erinnerte. Als Daniel zu viel Lärm machte, sagte ich zu ihm er solle ja Tekken 3 nicht verärgern. Daniel wurde neugierig und nach kurzer Zeit hatte er sich mit Tekken 3 angefreundet, der eigentlich Shintao hiess und Filmtheorie in Japan studierte. Er lud uns zu einer Party im Guru ein und sponsorte eine Flasche billigen Sekt. Das Guru war der Hammer! Keine drei Minuten nach Ankunft tanzte mich eine junge Spanierin mit sexy kreisenden Hüften an. Das Glück war nur von kurzer Dauer, anscheinend wollte sie jeden einmal Horny machen. Es gab jedoch genug andere Chicas – wenn auch nicht ganz in meiner Altersklasse – und so tanzten wir zu der prinzipiell verhassten R’n’B-Mucke ab. Daniel schleppte um ein Haar eine junge Asiatin ab, musste dann aber vor drei aggressiveren Spaniern passen.

Tekken 3 machte seinem Namen alle Ehre, denn wie ein NPC (ein Non-Player-Character aus Computerspielen der automatisch generierte Antworten gibt) antwortete eher auf alle Ausführungen unsererseits mit: „I love Germany! It’s good there!“ oder „Let’s go to the party“ und das im Random-Modus.

Da Daniel sich über Venedig nach Slowenien absetzen wollte, buchten wir jetzt doch zwei Flüge und trampten nicht wie geplant nach Köln zurück. Kurz vor dem Abflug traf ich noch einen sichtlich wärmeren Guy und eine kühle Eden. Sie wollte von mir wissen ob Deutsche Bier trinken wie andere Menschen Cola, aber mit diesem Klischee sollte sie bei mir nicht durchkommen. „I’m fully aware of drinking alcohol when i’m drinking beer. And alcohol is a dangerous drug which kills about 10k people each year!“ Etwas humorlos vielleicht, aber man tut was man kann gegen solche Klischees. Der Grund für Edens kühle Art sollte mir kurze Zeit später klar werden. Sie hatten ihr Zimmer direkt neben unserem gehabt und vermutlich Daniels nächtliche „Eden!“-Rufe gehört… See you in Tel Aviv!

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