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Platte des Tages: V.A. – The Napoli Connection [Drumcode, DC077]

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Napoli scheint wohl das italienische Stockholm zu sein, zumindest was die Musik angeht. Gleich vier lokal etablierte, die, bis auf Joseph Capriati, vielen außerhalb noch unbekannt sein dürften, finden sich auf dieser EP die arg loopasiert ist. Capriati überzeugt mit Tiefe auf der Kickdrum, einfach durchtanzen.

Und Rino Cerrone hat die Pole Postion gepachtet. Ein mächtiger Schieber bei dem wenig passsiert, aber wenn dann doch, dann knallt es richtig. Wobei knallen eher das Gehirn als die Sounds meint. Einfach enorm hypnotisch.

Sasha Carassi und Luigi Madonna überzeugen leider nicht. Standard-Drumcode-Techno einmal mit mehr Becken und einmal mit mehr Hall. Aber allein wegen Cerrone sollte man diese EP besitzen.

Drumcode

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V.A. – It’s a Family Thing Pt. 2 [Pour le Mérite, PLM009]

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Die zweite Familienangelegenheit des Labels beginnt mit Suedmilch, der die Cosmic Cowboys remixt und sich erstmal schön einschraubt und -filtert, bis eine dezente Fläche am Horizont erscheint und Leadsounds immer weiter modulieren und man bald hinwegschweben. Großartig.

Pin’n’Peedge bearbeiten Less ‚Down‘ in der für sie typischen Art, die mir einfach nicht so richtig reingeht, aber doch gut tanzbar ist auf minimal-housigeren Dancefloors.

Pour le Mérite

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Platte des Tages: Joel Mull – Sensory [Truesoul 004]

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Nun endlich das Album von Joell Mull auf Truesoul. Wobei der Terminus Album trotz Intro- und Outrotrack nicht auf ein ganzes Konzept passt, ist es doch mehr eine Ansammlung von Clubtracks. Techno, nur weniger hart als der Output des Schwesterlabels Drumcode, der auch so gut geht.

Der bereits releasten Orgelkiller ‚Holographic‘ und das topfschlagende ‚Danny Boy‘ sind ebenso drauf, wie das housige mit den unheimlich geilen Vocals bestückte ‚Sunday2Sunday‘, in dem eine Frauenstimme alle Wochentage aufzählt.

Einfach alles gute bis sehr gute Tracks, wobei das Highlight des Albums ein ChillOut-Stück ist. ‚Sensory‘ erinnert an Weltraumabfahrten, Space Nights der 90er und ist der perfekte Ruhepool für Mitten in der Nacht. Killer!

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Platte des Monats (in reverse): James Blake – s/t [Atlas Recordings] revisited

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Es mag übertrieben erscheinen, den sowieso schon zum Bersten überladenen Diskurs um James Blake und sein Debütalbum noch weiter aufzublähen, aber so ist nun mal die Natur von Hypes: Sie polarisieren, erzeugen Reibungen und Diskussionspotential und sind deswegen einfach unverzichtbar, so sehr das oft nervt. Deshalb ein dickes „Danke!“ an BTH für seinen Beitrag, der gerade weil er genauso einseitig, überspitzt und falsch ist wie alle Lobeshymnen, so dringend notwendig gewesen ist.

Jetzt aber zu James Blake: Seine drei EPs im vergangenen Jahr auf Hessle Audio und R&S haben mir durchweg gut gefallen. Wahrscheinlich weil sie gar nicht so bahnbrechend innovativ waren, wie von vielen behauptet wurde. ‚The Bells Sketch‘, ‚CMYK‘ und ‚Klavierwerke‘ sind eine im besten Sinne eigenwillige, aber keinesfalls revolutionäre Collage von Elementen, die Blake mit vielen anderen Vertretern im Postfuturegaragestep-Universum teilt: Den Tritt auf die Bremse mit Mount Kimbie, die hochgepitchten Stimmfragmente mit ebenjenen und Burial, das italomäßige Regenbogenschillern bei Hyetal und den Night Slugs.

Dann kam im Herbst dieses Cover von Feists Limit To Your Love. Eigentlich ein großer Popsong, reduziert auf die pure Essenz der Verbindung von Stimme und Klavier. Aber irgendwie hatte das auch etwas sehr kalkuliertes in seinem unbedingten Willen zur großen Geste, die Selbstinszenierung als „der Dubstep-Produzent, in dem auch ein hochsensibles- und talentiertes Popcrooner-Seelchen schlummert“ schien zu offensichtlich. Auf seinem Album nimmt sich James Blake zum Glück wieder etwas zurück. Songs wie ‚Lindesfarne II‘ oder ‚To Care Like You‘ sind tatsächlich eine pop-kompatible Erweiterung seiner bisherigen Beatscience. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich dieses Feld weiterentwickeln wird, genug schlechte Epigonen scharren sicher schon mit den Soundcloud-Hufen. Vieles ist aber auch einfach belangloses Füllmaterial, da hat BTH mit seinem Macchiato-Lounge-Vorwurf Recht.

Ganz sicher aber haben wir es hier nicht mit dem avantgardistischsten Stück Musik seit Beginn des Jahrtausends zu tun, und die These von der Auflösung bisher für unvereinbar gehaltener Genregrenzen dank totaler digitaler Verfügbarkeit von Musik ist auch schon ziemlich abgedroschen, nachdem Tobias Rapp sie vor drei Jahren in Bezug auf Hot Chip das erste Mal aufgestellt hat.

Hinter irrational ausufernden Hypes wie um James Blake steckt vielmehr ein verdrängter Wunsch: Dass nämlich das neue, große Ding immer noch irgendwo da draußen schlummert und sich uns schon offenbaren wird, wenn wir nur fest daran glauben. ’57 Rock’n’Roll und Soul, ’67 Pop, ’77 Punk, ’87 Rave und Techno. Und ’97 der damals noch beschwerliche und nicht so wirelessflutschige Gang ins Archiv, wie Anton treffend analysiert hat. Und 2007? 2011? Die letzten wirklich großen Poperzählungen sind nun schon älter, als die aktuellen Protagonisten selbst und das scheint für viele immer noch ein größeres Problem, als sie zugeben können. Die Hoffnungen richten sich wie so oft auf das UK und sein Bassmusik-Kontinuum, das zu Beginn des Jahrtausend ja mit Dubstep das letzte im mikrogenrepolitischen Sinn „neue“ Genre hervorgebracht hat. Logisch, dass James Blake eine besonders breite Projektionsfläche für diesen Wunsch abgibt. Erfüllen kann aber auch er ihn nicht.

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Platte des Monats (in reverse): James Blake – s/t [Atlas Recordings]

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James Blake, die eierlegende Wollmilchsau des Dubstep Popstep, Hype des Jahres 2010/2011 und die Gelddruckmaschine von R&S, veröffentlichte sein selbst betiteltes Debutalbum, das wirklich zum Abgewöhnen ist.

Nerviges Rumgejammere in schlechter Nachahmung von Antony and the Johnsons (Hegarty beherrscht dies immerhin richtig) trifft auf Singer-Songwriter-Belanglosigkeiten und ein wenig an Dubstep angelehnte Deepness. Wahrscheinlich ist es aber gerade dieser Mischmasch, aus mittelmäßiger Beherrschung verschiedener Genres, der diesen Hype verursacht hat. Aber es soll ja auch Leute geben, die Dieter Nuhr für intellektuell-anspruchsvoll halten.

Mit diesem Sound könnte man höchstens noch ein paar Latte-Macchiato-Mütter begeistern, die in ihrer Jugend in Lounges zu Buddha-, K&D- und Nouvelle Vague-Compilations abhingen, oder (Ex-)Kiffer die sich für gereift halten. Dass ausgerechnet die ganze Technopresse so dermaßen drauf anspringt, liegt wahrscheinlich daran, dass Singsang nicht allzu oft anzutreffen ist. Schließlich gibt es in jeder der von ihm zusammengepanschten Musikarten tausendmal bessere Leute. Nur muss man diese auch kennen.

Wirklich Gedanken machen, würde ich mir allerdings machen, wenn der Musikexpress auf den Hype-Zug mit aufspringt. Ist diese Zeitschrift doch vor allem dafür bekannt, ihren Lesern permanent die 100 wichtigsten Alben des Rock in zigfachen Variationen aufzudrücken.

Zum Glück gibt es auf R&S auch noch Pariah, dem Sven VT einen sehr netten Artikel widmete und der in den nächsten Tage auch hier noch in Erscheinung treten wird.

Nachtrag: Wie JJ richtig bemerkte ist die Platte nicht bei R&S sondern bei Atlas Recordings erschienen.

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Lavajaz – Debut [Spontan Musik, SMV018]

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Lavajaz aka Tobias Lorsbach aka Keinzweiter veröffentlicht zwei Jahre nach seiner ‚Globus Cassus‘-LP erneut ein Album. Und das Alter lässt seine Ambivalenzen auch nicht weniger werden. Statt Sci-Fi- und Singularitätsattitüde nun der Überfall auf das Binger Jazzfestival. Kein Problem als Altrheinbewohner mit eigenem Boot.

Und so klingt das Album dann auch, als ob er das Festival samplete, die Aufnahmen durch einen Hecksler jagte und anschließend in akribisch-mainzer Microfunk-Manier wieder zusammengeklebt hätte. Bis auf zwei tanzbare Tracks, ist das “Debut” bewusst ruhig gehalten und lässt den Jazz für sich sprechen. Manchmal schon stark mit elektronischen Sounds versetzt, sind es bei den anderen Tracks fast ausschließlich Originalsamples, die neu arrangiert wurden und das Ganze organischer einfärben.

Höhepunkte sicherlich ‚The weird Wire‘, die – und wieder – Orgel bei ‚Flyin‘ und das an französisches Cut-Up erinnernde ‚Missing‘. Mein Album des Monats und trotz des Alters mancher Tracks um vieles frischer als die Konkurrenz.

Spontan Musik

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V.A. – 5th Stimulus Package [My Favorite Robot, MFR031]

Werkschau mit sechs Artists, die allesamt im poppigen Wasser fischen. Michael J. Collins mit – was ich natürlich immer euphorisch begrüße – einem Elektrokarpfen der in slow motion schwimmt, während sich White Lions House-Aal mit Früh-90er-Orgel und 80er-Spitzen eine Schicht tiefer durch-grooved. Der zweite Elektrokarpfen mit breitem Leadsound, schwimmt schneller und hat Detroit-Anleihen von Drumatix Six.

Kenny Glasgow releast, nach seinem 2010er UR-mäßigem Überhit, wieder einen Knaller, in einer Stimmung, die an die Depeche Mode der 80er erinnert. Daze Detens Italo-Ansatz und James Teejs verquerter Dubstep passen weniger. Aber bis auf die beiden eine richtig gute EP, auf einem Label das schon einige Qualitätswechsel hatte und wohl weiterhin haben wird.

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Paul Ritch – Spoke [Drumcode, DC074]

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Schöner schwerer Looptechno. Genau das richtige für diese Jahreszeit. Drückend, angemessen scheppernd und dabei immer mit einem Quentchen Hypnose, das in der Post-Ketamin-Ära einfach dazugehört. ‚Wonderland‘ geht so voll auf, besonders da es ein perfekt-verhalltes Frauensample besitzt, das ganze ohne heteronormativen Charakter auskommt.

Mit mehr Geklöppel und ohne Vocals kommt ‚Blue Light‘ aus, das von untenrum doch mächtig schiebt. Geradezu leicht ist ‚Spoke‘. Fluffiger Housethrill im Fabrikhallengewand, lässt es den ein oder anderen Sonnenstrahl ins Gebäude und ein warmes Lächeln auf die Gesichter. Richtig gute EP.

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Joel Mull – Holographic [True Soul, TR1226]

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Erster Teaser und zugleich auch Output seiner dritten LP ‚Sensory‘ ist diese EP, die zugleich zeigt, dass Mulls Techno im Gegensatz zu den Tracks seiner Kollegen Beyer oder Lekebush beherzt housiger zur Sache geht. So ist die Bassdrum durchsetzungsfähig, doch obenrum passiert tendenziell weniger. ‚Danny Boy‘ ist sphärisch und entwickelt am Ende eine schöne Dynamik wenn das Topfdeckelschlagen mit der 303 gekoppelt wird.

Der ‚Duh Dub‘ kann getrost übersprungen werden, um sich am wirklich dubbigen Orgelcharme des Titeltracks zu efreuen, denn mit einem Sci-Fi-Gewächshaus im Hintergrund ersetzt es die Clubheizung für die sachten Stunden am Anfang.

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JJ’s Platten zum Jahresabschluss

Die ob ihrer Vorhersehbarkeit meist gähnend zur Kenntnis genommen Jahresrückblicke sind fast schon wieder vergessen, es wäre also an der Zeit nach vorne zu blicken. Dabei lohnt es sich trotzdem, noch einen Blick auf 2010 zu werfen, denn fast jedes Mal fallen die Platten, die in den letzten Wochen des Jahres erscheinen, durch das Aufmerksamkeitsloch, das „zwischen den Jahren“ klafft. In diesem Jahr drohen da ein paar ganz besondere Perlen unterzugehen:

Als erstes wäre da Kassem Mosse zu nennen, der sich über zu wenig Aufmerksamkeit derzeit eigentlich nicht beklagen kann. Nicht wenige zählen ihn dank seiner Veröffentlichungen auf Laid und Nonplus sowie diverser Remixe bereits zum Produzenten des Jahres. Für alle die das angesichts seines bisherigen Outputs in 2010 zumindest ein bisschen schmeichelhaft finden, liefert Kassem Mosse mit seiner neusten EP auf dem italienischen Label Kinda Soul Recordings die passende Antwort. Dabei findet sich auf ‚2D‘ eigentlich wieder nur der typische Mosse-Trademarksound. Mal melancholischer, mal dreckiger, aber immer unberirrt treibender Maschinensoul, dabei so unverschämt lässig zur Perfektion gebracht, das ganz Detroit vor Neid erblasst.

Ähnlich vielversprechend wie Kassem Mosse präsentierte sich in diesem Jahr der Mainzer Tim Keiling alias Erdbeerschnitzel. Sein GlitchHop-Projekt Dark Side Of The Meat wurde hier schon gelobt, mindestens genauso beeindruckend war die DeepHouse-Hymne ‚To An End‘ inklusive dem lustigen Frankfurt-Video mit anglo-hessischem Charme.

Der nette Stadtführer würde sich sicherlich freuen, mit seiner Firma kurz vor Ultimo nochmal einen solchen Kracher in der Jahresabschlussbilanz verbuchen zu können, wie Erdbeerschnitzel mit seiner Suave EP auf 4lux. Zum Titeltrack und ‚360‘ tanzen nicht nur tote Bären auf schwebenden Punkten Boogie in vakuumverschlossenen Aquarien und der digitale Bonus ‚In their Eyes‘ ist nochmal lecker-wonkiges Ribsche mit Kraut.

Im UK schießen vielversprechende neue Produzenten und Label noch immer wie Pilze aus dem Boden, aktuell Eliphino und Somethink Sounds mit ihrer Undivided Whole EP. Die A-Seite ist mit samtenen Pads und punktgenau arrangierten Vocals die perfekte wärmende Decke aus der Euphorie-Garage, auf der B-Seite gibts dann den düsteren Ausgleich mit zwei pumpend-bleepigen Housetracks. Eiine rundum gelungene Platte und ein würdiger Schlussakkord unter ein Jahr, das in zehn Jahren wahrscheinlich als einer der Kulminationspunkte in Sachen UK Bass Music angesehen wird. Aber wer weiß, was 2011 noch bringen wird?

Und zum Abschluss sei nochmal auf den etwas untergegangene Jahresmix unseres Autors Subliminal_Kid verwiesen.